LUZERN: Ueli Maurer plädiert für weniger Unbehagen

Bundespräsident Ueli Maurer sieht in der Schweiz ein kleines Land, das grosse Leistungen erbringt. Zu diesem Fazit kam er in seiner Rede am Montagabend anlässlich des 25. Europa-Forums in Luzern. Vorgegebener Redetitel: «Wie die Schweiz sich sieht.»

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Zu Gast bei der Eröffnung des Europa-Forums: der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Bundespräsident Ueli Maurer, Regierungsratspräsident Guido Graf und Stadtpräsident Stefan Roth. (Bild: Keystone)

Zu Gast bei der Eröffnung des Europa-Forums: der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Bundespräsident Ueli Maurer, Regierungsratspräsident Guido Graf und Stadtpräsident Stefan Roth. (Bild: Keystone)

Als Urdemokraten, als überzeugte Föderalisten und Individualisten sähen wir Schweizer die Schweiz alle ein wenig anders, so Maurer. Doch gerade diese Vielfalt mache am Ende die Schweiz aus - die lebendige direkte Demokratie, mit Bürgern, die sich nicht gerne dreinreden liessen und die als Souverän selbst bestimmen wollten.

Die Freiheit als Staatszweck finde sich schon in den Ursprüngen der Schweiz. Im Laufe der Zeit habe sich der alte Freiheitsgedanke dann zu den liberalen Bürger- und Freiheitsrechten entwickelt. Gerade jetzt als Bundespräsident habe er viele internationale Kontakte und merke dabei, wie stark sich «unsere freiheitliche Ordnung und die starke Stellung der Bürger von anderen Ländern unterscheidet.»

Ohne Glanz und Grösse

Daneben gebe es aber noch ein anderes Schweiz-Bild. Die Schweiz als Kleinstaat, ohne Glauben an eine weltgeschichtliche Mission, ohne nationalen Glanz und Grösse. Das sei nicht für alle leicht zu ertragen. Auch das «Unbehagen im Kleinstaat», sei Teil unserer Geschichte, sagte Maurer mit Verweis auf das gleichnamige Buch des Literaturprofessors Karl Schmid.

Eine Folge dieses Unbehagens sei die schnelle Übernahme und Verinnerlichung ausländischer Vorwürfe und Anklagen. Der populärste Selbstanklagepunkt sei jener der Rosinenpickerei. Man dürfe aber ruhig selbstbewusst widersprechen, sagte Maurer und erinnerte daran, wo und wie andere von der Schweiz profitieren.

Die Schweizer Wirtschaft investiere über 1000 Milliarden Franken im Ausland, Schweizer Unternehmen schafften weltweit gegen drei Millionen Arbeitsplätze ausserhalb der Schweiz. Zudem beteilige sich die Schweiz mit riesigen Summen am Internationalen Währungsfonds und baue mit der NEAT für über 20 Milliarden Franken eine neu Nordsüdachse für den alpenquerenden Schienenverkehr in Europa.

Es gebe wirklich keinen Grund zur Selbstanklage, folgerte Maurer in seiner Rede. Es sei ein grosser Fehler, aus einem Unbehagen im Kleinstaat heraus das Erfolgsmodell Schweiz in Frage zu stellen.

Offene Worte von Nachbar Schüssel

Das diesjährige Europa-Forum in Luzern widmet sich dem Thema «Swiss Images - Blicke auf die Schweiz». Für den Blick von aussen auf die Schweiz trat der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ans Rednerpult.

Als Nachbar wolle er ein offenes Wort mit der Schweiz reden. Er sei ja schliesslich als Privatperson eingeladen und brauche keine Rücksicht zu nehmen, sagte Schüssel zu Beginn seines Vortrags. Und Nachbarn, das sei bekannt, seien mühsam. «Sie sind hautnah dabei, hören alles, sehen viel - der Saxofonspieler im oberen Stockwerk, die Lufthansa in der Zürcher Anflugschneise», so Schüssel.

Die Geschichte habe gezeigt, dass es immer die Nachbarn seien, die Probleme machen, zwischen Deutschen und Franzosen, Israeli und Palästinensern. Gerade darum müsse man die Nachbarschaft gut pflegen. Und wenn die EU zu irgendetwas gut sei, dann dazu, dass es seit ihrer Gründung keinen Krieg mehr zwischen Nachbarn gegeben habe. «Da nehme ich Diskussionen über wassersparende Duschköpfe in Kauf», so Schüssel.

Für die Schweiz hatte Nachbar Schüssel einige Ratschläge mit dabei. Zum Beispiel: «Redet von euren Stärken und stärkt sie noch. Über die Schwächen reden sowieso die anderen schon.»

Er mache sich als Aussenstehender Sorgen, dass in der Schweiz die Grossbanken und grosse Konzerne in Grund und Boden diskutiert würden. Diese seien wichtige Aushängeschilder, von denen die Schweiz profitiere.

Auch vor einer Annahme der 1:12-Initiative warnt Schüssel. Dies hätte Auswirkungen auf ganz Europa. «Es wäre ein fataler Fehler, die Verantwortung für die Lohnverteilung dem Gesetzgeber zu übergeben.»

Die Schweiz sei jenes Land, welches noch am stärksten für Werte wie Marktwirtschaft und individuelle Freiheit einstehe. Dies solle man nicht gefährden, auch wenn die Wut über gewisse Lohnexzesse verständlich sei.

Die Rede von Ueli Maurer am Europa-Forum Luzern vom 11. November 2013

sda