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Die Technoparty im «Zöpfli» wird es 2019 nicht mehr geben. Grund sind die ständigen Reklamationen von Anwohnern und Fasnachtsgruppen. Künftig soll der Platz für Kleinformationen und Theatergruppen reserviert sein.
Sie gilt an der Fasnacht als Hot-Spot unter jungen Leuten. Zumindest unter jenen, die der elektronischen Musik zugetan sind. Die Rede ist von der Openair-Party, die seit fünf Jahren während der Fasnacht im Zöpfli am Rande der Luzerner Altstadt stattfindet. Zwei bis drei Hundert drängen sich zu Spitzenzeiten auf dem kleinen Platz an der Reuss, der offiziell Josi-J.-Meier-Platz heisst und tanzen zu wummernden Bässen. Als DJ-Kanzel und Bar dient jeweils ein Campingbus. Doch zuletzt häuften sich Reklamationen von Fasnachtsbesuchern und Anwohnern bei der Stadt und der Polizei.
«Die Situation war seit längerer Zeit unbefriedigend», sagt Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen bei der Stadt Luzern. Für Unmut gesorgt hätten insbesondere die «Vereinnahmung des Platzes mit lautstarker Technomusik», Verunreinigungen bis hin zu «handfesten Sachbeschädigungen» und ausserdem Sicherheitsbedenken. Beim letzten Runden Tisch zur Fasnacht im vergangenen März kam es deshalb zu einer Auslegeordnung. Dabei zeigte sich, dass gerade Kleinformationen in der Altstadt zunehmend Mühe haben, überhaupt noch Auftrittsorte zu finden. Um quasi zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, wurde gemäss Lütolf ein Appell an die Fasnächtlerinnen und Fasnächtler formuliert, sich mit Gestaltungsvorschlägen bei der Stadt oder den Fasnachtsinstitutionen zu melden.
Inzwischen steht das neue Konzept fürs Zöpfli. Demnach stellen die «Vereinigten» dort eine öffentliche Bühne für Kleinformationen und Theatergruppen zur Verfügung. Zudem wird ein Fasnachtswagen Platz finden – und zwar von den «Alkademikern», einer noch jungen Fasnachtsgruppe. «Ihre Idee, das Zöpfli zusammen mit Gleichgesinnten wieder zu einem Platz für Kleinformationen zu machen, auf dem sich Jung und Alt wohlfühlen, hat überzeugt», sagt Lütolf. «Wir freuen uns darauf, dem Experiment eine Chance zu geben.» Die Alkademiker sind seit 2015 an der Fasnacht unterwegs. Letzten März wurde der gleichnamige Verein gegründet. Er zählt aktuell 14 Mitglieder, mehrheitlich Studenten. «Als wir erfahren haben, dass man mit der Entwicklung im Zöpfli nicht mehr zufrieden ist, haben wir ganz unverbindlich bei der Stadt angeklopft», sagt Dario Reinhard von den Alkademikern. Man sei dann mit der Stadt und den «Vereinigten» zusammengesessen und habe Ideen ausgetauscht. «Es freut uns sehr, dass wir das Experiment wagen dürfen», sagt Reinhard und betont, dass sie niemanden vertreiben wollen.
Wie das Zöpfli aussehen soll, will Reinhard noch nicht verraten. Nur soviel: «Wir arbeiten mit Hochdruck an diversen Dingen, beispielsweise sind wir bereits mit diversen Kleinformationen in Kontakt und stellen das Bühnenprogramm zusammen.» Trotzdem wird man bei den Alkademikern auch nicht immer nur Live-Musik hören: «Nur wird sie im Gegensatz zu vielen anderen Wagen unserem Motto entsprechen und in einer Lautstärke gespielt, dass man sich nebenbei unterhalten kann.»
Das ist ganz im Sinne der «Vereinigten»: Denn ihr sind die vielen Wagen mit Konservenmusik schon länger ein Dorn im Auge, wie Präsident Linus Jäck sagt: «Viele sind zu laut und haben weder einen Bezug zur Fasnacht noch zu ihrem Sujet.» Er macht ein Beispiel: Hat jemand aus seinem Wagen eine Alphütte gebastelt und lässt Ländlermusik laufen, dann macht dies Sinn. Doch oft laufe einfach Techno- oder Ballermann-Sound und das vor allem nonstop. «Viele dieser Wagen nehmen keine Rücksicht auf vorbeiziehende Musigen und nehmen kleinen Formationen den Platz weg», sagt Jäck. Grundsätzlich habe es in Luzern Platz für jede Art von Fasnacht und Regeln wolle man bewusst keine. «Nur leider übertreiben es manche dieser Wagen masslos.» Deshalb unterstütze man die Neubespielung des Zöpfli auf der ganzen Linie. Jäck sagt: «Nur so erhalten Kleinformationen und Theatergruppen wieder eine Chance, dort aufzutreten.»
Enttäuscht über die Veränderung im Zöpfli ist man erwartungsgemäss bei den Organisatoren der bisherigen Party. «Weder die Stadt noch die Fasnachtsverantwortlichen haben jemals das Gespräch mit uns gesucht», sagt Shivan El-Barazangi. «Schade, dass man uns nun vor vollendete Tatsachen stellt.» Sie hätten sich vor fünf Jahren bewusst als DJs vom Rolls Reuss unter der Egg verabschiedet und mit einer eigenen Party ins Zöpfli gewechselt, «um die Musigen nicht zu stören», sagt El-Barazangi, der früher selber in einer Guuggenmusig spielte. Tagsüber sei das Zöpfli weiterhin von der Crazy Musig Lozärn bespielt worden, abends hätten sie übernommen. «Das funktionierte super.» Auch seien sie bestimmt nicht die Einzigen, die an der Fasnacht für Reklamationen sorgen würden. «Es ist aber schon so, dass die Polizei bei uns quasi dauerpräsent war, dabei habe ich in den fünf Jahren bei uns gerade mal eine Schlägerei erlebt», so El-Barazangi weiter.
Er habe den Eindruck, dass man allgemein etwas gegen elektronische Musik an der Fasnacht habe, obschon diese seit über 20 Jahren da und dort dazugehöre. «Wir haben uns stets auf den Platz gefreut, und mit uns viele Fasnächtler.» Sie würden sich deswegen aber nicht entmutigen lassen: «Künftig werden wir einfach woanders feiern – wo ist noch offen.» Den Vorwurf, man habe nie das Gespräch mit den Partyorganisatoren gesucht, lässt Mario Lütolf von der Stadt nicht gelten: «Es sind immer wieder Interventionen von allen Seiten erfolgt. Sie blieben leider ungehört.»