Luzerner Kantonsrat schnürt engen Zeitplan für 200-Millionen-Reform

Das Volk kann am 19. Mai über die Aufgaben- und Finanzreform abstimmen. Der Kantonsrat hat der Vorlage am Dienstagmorgen in erster Beratung zugestimmt. Dies zum Leidwesen der Linken – und einigen Bürgerlichen.

Niels Jost
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Der Luzerner Kantonsrat an seiner Januar-Sitzung. (Bild: Nadia Schärli (Luzern, 28. Januar 2019))

Der Luzerner Kantonsrat an seiner Januar-Sitzung. (Bild: Nadia Schärli (Luzern, 28. Januar 2019))

Viel Zeit brauchten die 120 Parlamentarier am Dienstagmorgen nicht, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Gleich zu Beginn des zweiten Sessionstages gingen 15 teils harsche Voten aus allen Fraktionen zu einer dringlichen Anfrage von Irene Keller (FDP, Vitznau) ein. Sie stellte 17 Fragen zur Aufgaben- und Finanzreform (AFR) 2018, mit der Aufgaben von rund 200 Millionen Franken zwischen Kanton und Gemeinden umverteilt werden sollen.

So viel vorweg: Die Kritik von SP, Grünen und GLP – sowie von einzelnen Gemeindevertretern aus bürgerlichen Reihen – prallte an der Mehrheit von CVP, FDP und SVP ab. Die «Jahrhundertreform» wurde in erster Beratung mit 67 zu 37 Stimmen gutgeheissen.

Abstimmungszeitpunkt sorgt für Kritik

Die Schlussabstimmung findet an der Sondersession vom 18. Februar statt. Die Urnenabstimmung soll dann am 19. Mai folgen – gleichzeitig mit der Steuervorlage des Bundes, welche Auswirkungen auf die AFR haben wird.

Dieser enge Zeitplan war einer der Hauptkritikpunkte in der gestrigen Debatte. «Es kann nicht sein, dass der Zeitdruck dieses gewichtige Geschäft bestimmt», sagte die Grepper CVP-Kantonsrätin und Gemeindepräsidentin Claudia Bernasconi. Und der Adligenswiler SP-Kantonsrat Jörg Meyer sagte: «Der Inhalt der AFR mag durchaus korrekt sein, aber der weitere Prozess ist für ein Vorhaben dieser Bedeutung unhaltbar.»

Sogar zuständige Kommission kritisiert Zeitplan

Wie stark der Zeitplan umstritten war, zeigte die Haltung der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK), welche die Reform mitausgearbeitet hatte. Die WAK stellte den Antrag, die Botschaft zurückzuweisen. Dies haben deren Mitglieder mit 8 zu 5 Stimmen entschieden. Bei der bürgerlichen Mehrheit im Kantonsrat stiess dies nicht auf offene Ohren: Der Antrag wurde mit 77 zu 24 Stimmen abgelehnt.

Zweite Vernehmlassung gefordert

Zu reden gab ebenso, wie die vorliegende Version der AFR ausgearbeitet wurde. Anfrage-Stellerin Irene Keller – ehemals Gemeindeammann von Vitznau – verlangte zum Beispiel eine zweite Vernehmlassung für die 200-Millionen-Reform.

Gleiches wollte GLP-Kantonsrat Urs Brücker, Gemeindepräsident von Meggen. Ihm zufolge seien die Gemeinden zu wenig in die Ausarbeitung der Vorlage einbezogen worden. «Die letzte Sitzung mit unserem Gemeinderat fand vor einem Jahr, im Januar 2018, statt.» Vitznau und Meggen gehören zu den 15 Gemeinden, welche durch die Reform benachteiligt würden.

Bürgerliche halten zusammen

Doch selbst die kritischen Voten aus den bürgerlichen Reihen konnten das Geschäft nicht gefährden. Zu stark hielt die Mehrheit von CVP, FDP und SVP zusammen. Ihr Hauptargument fasste Armin Hartmann passend zusammen: Würde man die einzelnen Punkte der AFR separat umsetzen wollen, hätten diese weder im Parlament noch vor dem Volk eine Chance, sagte der SVP-Kantonsrat, welcher gleichzeitig Gemeindeammann von Schlierbach und Finanzexperte beim Verband der Luzerner Gemeinden ist. Damit könne man den seit Jahren geforderten und grösstenteils unbestrittenen neuen Kostenteiler bei der Volksschule sowie die Massnahmen beim Wasserbau vergessen, so Hartmann weiter.

Ins selbe Horn blies auch der parteilose Finanzdirektor Marcel Schwerzmann. Es sei nicht möglich, Aufgaben im Umfang 200 Millionen Franken zwischen Kanton und Gemeinden zu verschieben, ohne dass gewisse Kommunen benachteiligt würden. «Ich kann Ihnen versichern, wir haben Ihnen die optimalste Variante vorgelegt.»

Bis zur zweiten Beratung im Februar wird die AFR noch in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben feinjustiert. Die grossen Pflöcke sind mit dem gestrigen Entscheid jedoch eingeschlagen.