Die bürgerliche Männerregierung hinterlässt in der ersten Hälfte der Legislatur einen zwiespältigen Eindruck. Kann sie sich bis zu den Wahlen 2019 fangen? Eine Analyse.
Lukas Nussbaumer
lukas.nussbaumer@luzernerzeitung.ch
Im Frühling 2019 wird die erste Runde der Regierungsratswahlen Geschichte sein. Und die Regierung in ihrer aktuellen Zusammensetzung auch. Robert Küng, der 61-jährige FDP-Politiker, dürfte ebenso wenig noch einmal antreten wie der parteilose Marcel Schwerzmann, das mit zehn Dienstjahren amtsälteste Regierungsmitglied. Und Guido Graf, der 58-jährige CVP-Mann, aspiriert wohl auf einen Sitz im Stöckli (siehe Kasten).
Rückblende: Am frühen Nachmittag des 10. Mai 2015 strahlen fünf bürgerliche Männer um die Wette. Eben wurde bekannt, dass die SP nach 56 Jahren aus der Regierung geflogen ist. Dafür schaffte die SVP mit Paul Winiker nach acht Jahren das Comeback. Der Gewerbeverband, die FDP und die SVP übertrafen sich im Verteilen von Vorschusslorbeeren. Ab jetzt, mit fünf gestandenen Bürgerlichen, erst noch allesamt Offiziere, werde im Kanton Luzern alles besser.
Haben sich die hohen Erwartungen bis jetzt, zur Halbzeit der Legislatur, erfüllt? Nein. Schon im Juli 2016 herrschte beim Gewerbeverband und bei der SVP Katzenjammer. Die Gewerbler kündeten genervt an, ein eigenes Gremium zu installieren, das nach Sparpotenzial Ausschau hält – ein deutliches Misstrauensvotum an die Regierung, deren Sparwille dem mächtigen Gewerbeverband zu wenig ausgeprägt erschien. Auch SVP-Präsident Franz Grüter warf der Exekutive in unserer Zeitung vor, schmerzhafte Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Grüter vermisste Sparmassnahmen, die eine Steuererhöhung überflüssig gemacht hätten. Dank dem Referendum seiner Partei kann das Stimmvolk am 21. Mai kundtun, ob es einen höheren Steuerfuss schlucken oder ein weiteres Sparpaket fordern will.
Sparen. Diese sechs Buchstaben prägen denn auch das bisherige Schaffen der bürgerlichen Regierung. Überraschend ist das nicht. Auch die alte Regierung kämpfte mit roten Zahlen und redete dennoch und dauernd der Tiefsteuerstrategie das Wort – obwohl die Erträge der Firmen Jahr für Jahr hinter den Erwartungen zurückblieben. Überraschend ist aber die Grösse des Lochs in der Kantonskasse. Bereits im September 2015, also kurz nach Legislaturstart, musste die Gesamtregierung bei der Präsentation ihrer Kantonsstrategie kleinlaut einräumen, dass Luzern vor dem grössten Sparpaket aller Zeiten stehe. Der damalige Regierungspräsident Reto Wyss umschrieb die düsteren Aussichten so: «Wenn wir ein attraktiver Kanton bleiben wollen, müssen und wollen wir neue Chancen bieten – aber wir haben dazu schlicht zu wenig Einnahmen.»
Wyss wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ein halbes Jahr später die Einnahmen aus dem Neuen Finanzausgleich (NFA) einbrechen würden und das Sparpaket mit dem sperrigen Namen «Konsolidierungsprogramm 17» plötzlich 520 Millionen Franken schwer werden sollte. Hätte der frühere Gemeindepräsident von Rothenburg vom NFA-Ausfall Kenntnis gehabt, wären seine Worte, die er im November 2015 in Sursee an 950 Lehrer richtete, vielleicht weniger ruppig ausgefallen. Wyss forderte nämlich, der Kanton Luzern müsse wegkommen von einer excelbasierten Buchhaltermentalität – und griff damit Kollege Schwerzmann frontal an.
Gut in dieses Bild passte die lausige Kommunikation von Sparmassnahmen, die gleichzeitig wie Wyss’ Attacke auf Schwerzmann für rote Köpfe sorgte. Die Regierung entschied, Informationen über die Abbaupakete erteile ausschliesslich der Finanzdirektor. Dass Schwerzmann unmöglich über jede Massnahme in den anderen vier Departementen Bescheid wissen konnte und so nach aussen alles andere als Kompetenz ausstrahlte, war die Folge. Vielleicht sogar eine gewünschte: Womöglich waren Reto Wyss, Guido Graf, Robert Küng und Paul Winiker ganz froh darüber, dass der parteilose Finanzdirektor in der Öffentlichkeit die Rolle des Sparbösewichts einnahm und bis heute einnimmt. Den Eindruck, die Regierung stehe wie ein Mann hinter den Abbauplänen, konnten die fünf Männer damit jedenfalls nicht vermitteln.
Doch muss ein Regierungskollegium überhaupt besonders harmonisch zusammenarbeiten? Nein. Aber das Gremium müsste zumindest jene Erwartung erfüllen, die der Gewerbeverband im Mai 2015 aussprach: Bereit zu sein, an einem Strick in die gleiche Richtung zu ziehen. Ob diese Bereitschaft in der zweiten Legislaturhälfte zu- oder abnimmt, ist schwierig abzuschätzen. Bei gemeinsamen Auftritten, etwa der im September 2016 erfolgten Ankündigung, die Steuern zu erhöhen, entsteht eher das Bild von fünf Einzelkämpfern. Die Auftritte im Kantonsrat vermögen diese Wahrnehmung nicht zu korrigieren. So vermittelt das bürgerliche Männerquintett einen seltsam diffusen Eindruck. Nicht nur in der Öffentlichkeit, auch gegenüber den Kantonsratsfraktionen.
Muss sich das Luzerner Volk also auf zwei weitere Jahre einstellen, in denen mit Haken und Ösen um ein paar Millionen hier und um ein paar hunderttausend Franken dort gestritten wird? Auf zwei Jahre auch, in denen Kommunikationspannen zum Alltag gehören? Nicht unbedingt. So legt die Regierung dem Parlament im Juni ein Finanzleitbild vor. Erzielen die fünf Regierungs- und die Mehrheit der 120 Kantonsräte dann einen Konsens über die künftige Ausrichtung der Finanzpolitik, entstünde Raum für anderes. Vielleicht für neue Ideen, wie der öffentliche Verkehr ausgebaut werden kann. Oder es wird wieder über Projekte geredet wie ein neues Theater. Luzern, der Kulturkanton, hat mehr verdient als eine etwas besser als auch schon gewordene Gesprächskultur über Finanzen. Die Stärken fördern statt bloss die Löcher in der Kasse zu verwalten: Diese Erkenntnis muss in den Köpfen der Regierungsräte noch wachsen. Zumal sie ja auch immer wieder betonen, der Kanton pfeife trotz Geldproblemen nicht aus dem letzten Loch.