Das Weltklima bewegt die Menschen auch hierzulande: Rund 1500 Demonstranten fordern in der Stadt Luzern den Ausruf des Klimanotstandes. Unter den Teilnehmern sind viele Schüler – mögliche unentschuldigte Absenzen sind für sie Nebensache.
Der Greta-Thunberg-Effekt hält an: die 16-jährige Schwedin hat mit ihrem Fernbleiben von der Schule einmal in der Woche ein Zeichen gegen die internationale Klimapolitik gesetzt und weltweit Nachahmer inspiriert. So auch in Luzern, wo am Freitagmittag rund 1500 Menschen auf die Strasse gingen. Die Demonstranten zogen ab 11 Uhr vom Rosengart Platz über den Rathaussteg. Vor dem Luzerner Theater gab es einen Zwischenhalt:
Dann ging es weiter zum Helvetiaplatz, wo zum Abschluss Reden gehalten wurden.
Der Klimastreik wurde im Rahmen einer weltweiten Protestaktion durchgeführt. Unter dem Motto «Wem sini Zuekunft? Eusi Zuekunft!» liefen die Demonstranten durch Luzern. Mit Sprechgesängen wie «System Change statt Climate Change» und «Gopfridstutz – Klimaschutz!» wollen sie Politiker und Verantwortliche wachrütteln.
Die Demonstranten fordern den Ausruf des Klimanotstandes in Luzern. Um dies zu erreichen, wollen sie einen Bevölkerungsantrag bei der Stadt einreichen. An der Kundgebung wurden dafür auch schon fleissig Unterschriften gesammelt. Zudem soll die Schweiz bis 2030 im Inland die Treibhausgasemissionen auf netto null senken.
Man wolle aber auch generell das Umweltbewusstsein schärfen. «Wir als westliche Industrienation müssen Verantwortung für den angerichteten Schaden übernehmen», sagt Urs Joller, Mitkoordinator des Klimastreiks. «Sogenannte Drittweltländer sollten nicht unter unserer Verantwortungslosigkeit leiden.»
Viele Schülerinnen und Schüler lassen für die Demonstration wieder den Unterricht sausen. Das «Streiken» bringt oftmals unentschuldigte Absenzen mit sich. Halb so wild, findet zum Beispiel Lena Schibli: «Die unentschuldigten Absenzen nehmen wir für den guten Zweck gerne in Kauf. Unserer Generation wird immer vorgeworfen, sie sei apolitisch. Aber wir wollen etwas bewegen!» Ihre Freundin Selma Eberli ergänzt: «Wenn so eine Absenz im Zeugnis steht, dann können wir dahinterstehen!»
Manche Schulen verfolgen andere Ansätze. Das Stanser Kollegium St. Fidelis beispielsweise erlaubt seinen Schülern die Teilnahme am Streik, solange diese an einer von der Schule veranstalteten Klimakonferenz teilnehmen. Andere Schulen wissen noch nicht, wie sie vorgehen. «Ich weiss nicht, ob ich eine unentschuldigte Absenz bekomme», erzählt Alejandro Escalera, Mitorganisator des Streiks. «Ich nehme es aber gelassen.» Urs Joller meint, dass die Absenzen-Thematik vom eigentlichen Problem ablenkt. «Das Thema wird in den Schulen sehr pragmatisch gehandhabt. Vorfälle, wo die Absenzen zu einem Problem werden, kenne ich kaum. Zudem: es machen bei weitem nicht nur Schülerinnen und Schüler mit.»
Und tatsächlich: Auch viele Erwachsene haben sich der Kundgebung angeschlossen. «Das Klimaproblem geht uns alle etwas an», findet die 32-jährige Samira. «Deshalb ist es wichtig, dass die Generationen hier zusammenhalten.»
Rund 1500 Menschen haben am Klimastreik teilgenommen – eine eindrückliche Anzahl. Dies, nachdem die Organisatoren zunächst befürchtet hatten, dass das schlechte Wetter viele abschrecken würde. «Die vielen Menschen freuen uns enorm. Das trotz des Regens so viele gekommen sind, zeigt, dass die Leute hinter unserem Anliegen stehen», sagt Joller.
Die Luzerner Polizei bestätigt, dass die Demonstration friedlich verlaufen ist. In anderen Schweizer Städten wurden ebenfalls Demonstrationen veranstaltet, unter anderem in Basel, Bern, St. Gallen, Zug und Zürich. Weltweit wollen Schülerinnen und Schüler in über 100 Ländern streiken.
Schon am 18. Januar schwänzten rund 500 Schülerinnen und Schüler die Schule, um gegen die Luzerner Klimapolitik zu demonstrieren. Sie forderten einen offiziellen Ausruf des Klimanotstandes.
Rund zwei Wochen später, am 2. Februar, kam es wieder zu einer Kundgebung. Diesmal fand sie an einem Samstag statt, und die Luzerner Schüler zeigten, dass sie sich nicht einfach vor der Schule drücken wollten. Auch viele Ältere nahmen Teil. Insgesamt 2000 Menschen konnten die Veranstalter für ihr Anliegen einer nachhaltigeren Klimapolitik mobilisieren.
Die Stadt Luzern hat den gewünschten Notstand allerdings nicht ausgerufen. Also wollen die Organisatoren an den Demonstrationen festhalten. Am Samstag, 6. April, soll die nächste Kundgebung stattfinden. «Es ist offensichtlich, dass das Thema die Massen bewegt. Die Leute haben Angst um unsere Welt», findet Urs Joller. Und er hegt grosse Ambitionen: «Wir erwarten eine der grössten, wenn nicht gar die grösste Demonstration, die Luzern je gesehen hat.»