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Fast 13 Milliarden für den Ausbau der Bahninfrastruktur, keine doppelte Strafe für Berufsfahrer, Roaminggebühren-Abschaffung wird abgelehnt. Dies und mehr, worüber der Nationalrat heute entschieden hat.
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(sda) Dem Parlament ist die Modernisierung der Bahninfrastruktur mehr wert als dem Bundesrat. Nach dem Ständerat hat am Dienstag der Nationalrat das Budget für den Ausbau des Schienennetzes weiter aufgestockt – auf 12,89 Milliarden Franken. In den Ausbauschritt 2035 aufgenommen werden sollen die Bahnhöfe Winterthur Grüze Nord und Thun Nord. Der Entscheid fiel mit 150 zu 36 Stimmen respektive 152 zu 36 Stimmen. Über die zusätzlichen Ausgaben von 69 Millionen Franken entscheidet als nächstes der Ständerat. Dieser hatte in der ersten Beratungsrunde das Budget für die Bahninfrastruktur bereits um 919 Millionen Franken angehoben. Die vom Ständerat beschlossenen Mehrkosten hiess der Nationalrat vorbehaltlos gut. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage einstimmig an.
Fährt ein Lastwagenchauffeur mit seinem Motorrad zu schnell, wird ihm unter Umständen der Führerausweis entzogen, und zwar auch für den Lastwagen. Der Nationalrat will diese «doppelte Strafe für Berufsfahrer» abschaffen. Die grosse Kammer hat entsprechende Motionen von Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP/TG) und Nationalrat Ulrich Giezendanner (SVP/AG) deutlich angenommen – mit 165 zu 15 Stimmen bei 10 Enthaltungen respektive 131 zu 58 Stimmen bei einer Enthaltung. Ratsmitglieder aus allen grossen Fraktionen stimmten zu. Über die Vorstösse befindet als nächstes der Ständerat. Sagt auch er Ja zu den Vorstössen, soll es künftig möglich sein, den Führerausweis nach Kategorie zu entziehen.
Das Parlament hat im Frühjahr mit der Verabschiedung des teilrevidierten Fernmeldegesetzes fixe Preisobergrenzen für das Roaming festgelegt. Ganz abschaffen möchte der Nationalrat die Gebühren aber nicht. Er hat einen Vorstoss mit diesem Anliegen deutlich abgelehnt. Mit 99 zu 78 Stimmen bei 14 Enthaltungen sagte die grosse Kammer Nein zur Motion von Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL). Der Vorstoss scheiterte am Widerstand der Linken sowie der FDP. Das Geschäft ist damit vom Tisch. Eine Mehrheit folgte der Argumentation des Bundesrats, wonach die teuren Roaming-Preise mit der Revision des Fernmeldegesetzes eingedämmt worden seien – zumindest «so weit, wie es sinnvollerweise umgesetzt werden kann».
Betreiber von kritischen Strominfrastrukturen sollen gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen, um die Folgen eines Cyberangriffs oder einer Naturkatastrophe möglichst kleinzuhalten. Der Nationalrat macht damit Druck auf laufende Arbeiten zu nationalen Strategien. Er hat eine Motion von Edith Graf-Litscher (SP/TG) mit 114 zu 77 Stimmen angenommen. Stimmt auch der Ständerat zu, muss der Bundesrat die gesetzlichen Grundlagen für einen risikobasierten Schutz von kritischen Infrastrukturen erarbeiten. Das Thema wird die Regierung und das Parlament sowieso weiter beschäftigen. Die nationale Strategie zum Schutz kritischer Infrastrukturen und die nationale Cyberstrategie werden laufend weiterentwickelt. Für eine Mehrheit im Nationalrat gehen diese Arbeiten aber zu wenig weit.
Der Parlament verlangt, bei einer allfälligen Öffnung des Marktes für den internationalen Bahnverkehr mitentscheiden zu dürfen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer entsprechenden Motion der Verkehrskommission zugestimmt. Der Entscheid fiel mit 140 zu 35 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit darf der Bundesrat eine allfällige Öffnung des Marktes für den internationalen Schienenpersonenverkehr nicht in eigener Kompetenz beschliessen. Er müsste dem Parlament eine Vorlage unterbreiten. Laut Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga wird das Parlament mitreden dürfen, falls überhaupt ein Entscheid in diese Richtung gefällt wird. Das Anliegen der Motion werde also sicherlich erfüllt.
Der Nationalrat will keine landesweit geltenden Tarife für den öffentlichen Verkehr durchsetzen. Er hat eine Motion des Walliser FDP-Nationalrats Philippe Nantermod abgelehnt - mit 120 zu 64 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Nur die Linken und vereinzelte FDP-Mitglieder stimmten dem Vorstoss zu. Mit dem Nein ist das Geschäft vom Tisch. Die Tarifhoheit bleibt damit bei den Unternehmen. Die Branche arbeitet seit längerem an zwei Projekten im Tarif- und Distributionsbereich. "Wir werden den Druck aufrechterhalten, damit es zu einer Lösung kommt", sagte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga.
Der Nationalrat lehnt Umweltzonen zum Schutz vor gesundheitsgefährdender Luftverunreinigung ab. Er hat eine Motion der ehemaligen Berner SP-Nationalrätin Evi Allemann mit 129 zu 62 Stimmen abgelehnt. Nur die Linke stimmte dem Vorstoss zu. Dieser ist damit vom Tisch. Kantone und Gemeinden erhalten damit keine Möglichkeit, den Betrieb von Fahrzeugen mit hohem Schadstoffausstoss innerhalb bestimmter Zonen entweder ständig oder in Zeiten hoher Luftbelastung zu verbieten. Die Mehrheit folgte der Argumentation von Umweltministerin Simonetta Sommaruga, wonach der Bundesrat vor einem Jahr die Anforderungen der Luftreinhalteverordnung verschärft habe. Spezielle Umweltzonen hingegen seien vor wenigen Jahren in einer Vernehmlassung auf grossen Widerstand gestossen.
Der Nationalrat will die unterschiedlichen Betreibungsregister in der Schweiz zusammenführen. Er hat einer parlamentarischen Initiative von Erich Hess (SVP/BE) knapp mit 89 zu 80 Stimmen bei zwei Enthaltungen zugestimmt. Dass die Betreibungsregister regional geführt würden, ermögliche es, dass man sich eine saubere Weste organisieren könne, auch «wenn man über beide Ohren verschuldet» sei, sagte Hess. Man müsse dazu einfach den Wohnort verlassen, in welchem die Betreibungen registriert seien. Ein Teil der Kommission war der Ansicht, dass die Initiative nicht zweckmässig sei. Es gebe andere Wege, so etwa einen Abgleich der Gläubigerdaten mit den Einwohnerdaten. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
Der Nationalrat wollte am Dienstag entscheiden, ob Waldeigentümer und Sägereien Rundholz künftig im Wald lagern dürfen oder nicht. Eric Nussbaumer (SP/BL) beantragte jedoch, das Geschäft von der Tagesordnung zu streichen. Dies, weil in der Zwischenzeit eine Studie publiziert worden sei, wonach bei solchen Lagern ein höherer Einsatz von Insektiziden nötig sei, wie er erläuterte. Die Kommission habe diesen Umstand nicht berücksichtigen können. Daher solle das Geschäft nochmals beraten werden. Der Rat folgte dem Antrag von Nussbaumer.
Der Bund muss aufzeigen, mit welchen Massnahmen Programmvereinbarungen etwa im Umweltbereich zwischen Bund und Kantonen vereinfacht werden können. Dabei soll auch ersichtlich werden, welches Synergiepotenzial für Bund und Kantone erzielt werden kann. In einem Bericht des Bundesrates sei bestätigt worden, dass der administrative Aufwand sowohl für Verbund und für Kantone hoch sei, sagte Kommissionssprecherin Ursula Schneider Schüttel (SP/FR). Der Rat nahm mit 183 zu 2 Stimmen ein Postulat an, mit welchem der Bundesrat nun darlegen muss, ob und wie solche Programmvereinbarungen vereinfacht werden können.