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«Landfrauenköchin» Astrid Murpf und ihr Ehemann Stefan aus Hasle haben Mut und Glaube nicht verloren – trotz harter Tiefschläge.
Ein zügiger Wind, begleitet von Schneegestöber, fegt an diesem Nachmittag über den Hof Aeschitannen oberhalb von Hasle, auf 1200 Metern. Ab und zu erscheint der Schimbrig aus den Nebelschwaden und deutet an, wie ansprechend diese Szenerie bei schönem Wetter sein muss.
Drinnen im warmen Wohnzimmer sitzt Astrid Murpf (41) an einem grossen Tisch und geniesst einige ruhige Momente. Die Entlebucher Bäuerin ist eine von sieben Kandidatinnen der Staffel «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche», die momentan ausgestrahlt wird. Noch kennt sie das Ergebnis nicht. Es wird an der Finalsendung am 28. Dezember bekannt. Doch die Reaktionen auf den Beitrag seien gewaltig und sehr berührend gewesen, betont sie.
Doch das Resultat ist für Astrid Murpf nicht das Entscheidende. «Ich koche sehr gerne und die Woche, als das SRF mich porträtierte, war ein riesiges Erlebnis.» Und während sie nicht frei von Emotionen spricht, erkennt man schnell: Bei der Mutter von zwei Buben und zwei Mädchen haben diese Momente bleibende Eindrücke hinterlassen.
Angemeldet für die Sendung hatte sie ihr Ehemann Stefan (41). Wirklich daran glauben, dass sie ausgewählt worden sei, mochte sie jedoch lange nicht. Erst als Astrid Murpf für Mitte August zu einem Kennenlerntag nach Zürich aufgeboten wurde, «befiel mich eine gewisse Nervosität». Und so durfte sie schliesslich ihre sechs Mitstreiterinnen auf dem Hof Aeschitannen unter anderem mit einer Randensuppe mit Roastbeef, einem Rindsrollbraten und einer gebrannte Crème bewirten. Nicht gefehlt hat natürlich Luzerner Lebkuchen. Den Beitrag finden Sie hier.
Astrid Murpf sagt: «Kochen ist eine grosse Leidenschaft von mir.» Dabei ist sie stets offen für neue Herausforderungen, beschäftigt sich in ruhigeren Stunden gerne mit gesammelten Rezepten – und verwendet möglichst oft Zutaten aus dem eigenen Garten. «Ich koche vor allem bodenständige Gerichte.»
Auf den eigenen Beinen stehen und sich dabei zu behaupten wissen hat bei Murpfs – speziell in den letzten Jahren – zusehends an Bedeutung gewonnen. Neben dem 17-jährigen Fabian, der in Schüpfheim eine Lehre als Zimmermann absolviert, und Robin (7) – er geht in Hasle zur Schule – machen Melanie (16) und Ilona (13) die sechsköpfige Familie komplett. Die beiden Mädchen leiden seit Geburt am Sanfilippo-Syndrom, an einer seltenen Stoffwechselkrankheit, für die es weder Behandlungsmethoden noch Heilungschancen gibt. Die Krankheit wurde allerdings erst später festgestellt.
Bis zum 10. Altersjahr konnten sie sich noch bewegen oder selber essen, mittlerweile sitzen sie im Rollstuhl und können nicht mehr sprechen. Und der Körper funktioniert stets weniger. Das seien mitunter schwierige Zeiten, sagt auch Stefan Murpf. Er ist mittlerweile ebenfalls im Wohnzimmer eingetroffen. «Wir müssen uns den veränderten Situationen immer wieder anpassen und akzeptieren, dass wir daran nichts ändern können», betont Ehefrau Astrid. Das sei schon hart, erklärt sie, um dann für einen Moment zu schweigen.
Doch Murpfs nehmen es, wie es kommt. Hadern ist nicht ihr Ding. Wobei Stefan Murpf erklärt:
«Dann und wann finden wir schon: Es reicht nun.»
Ein gutes Gefühl gibt ihnen die Gewissheit, «dass wir als Team gut funktionieren». Die Situation bestimmt den Tagesablauf. Dieser beginnt für sie bereits um fünf Uhr morgens – und ohne viele Worte. «Wir arbeiten Hand in Hand – funktionieren.» Dazu gehört auch die Versorgung der beiden Mädchen, welche während der Woche in einer Wohngruppe betreut werden. Die Nahrung bekommen sie in flüssiger Form mittels Magensonde zugeführt.
Durch dieses Schicksal rücke man näher zusammen, sagt Stefan Murpf, den seine Frau «als ruhenden Pol» bezeichnet. Die Pflege der beiden Mädchen übernehmen sie gerne und ist ebenfalls Bestandteil des morgendlichen Rituals. «Das gehört zu unserem Familienleben», erklärt Astrid Murpf. Mehr Mühe bekunden die beiden jedoch, wenn sie an die bürokratischen Abläufe im Zusammenhang mit der Krankheit ihrer Töchter denken.
«Wie lange es beispielsweise ging, bis dem Gesuch für einen neuen Rollstuhl entsprochen wurde, rief in uns schon ein gewisses Unverständnis hervor.»
Gerne reiten die Mädchen auf Woljna. Es sei ein grosser Glücksfall gewesen, dass sie das Pferd fanden, betonen die Eltern. Melanie ritt bereits während ihrer Schulzeit, als ihr dies noch möglich war. «Und Ilona geht das Herz auf, wenn sie auf dem Pferd sitzt», sagt Astrid Murpf. Für beide sind die Spaziergänge zugleich eine Therapieform. Kommuniziert wird über den Gesichtsausdruck und mit «der Art und Weise wie sie weinen», verrät ihre Mutter. Melanie drücke sich auch über die Atmung aus.
«Wir nehmen Tag für Tag», so Stefan Murpf. Und versuchen den Dingen des Lebens mittlerweile mit gewisser Gelassenheit zu begegnen. Kraft holen sie bei Kirchbesuchen in Heiligkreuz, wo sie vor 18 Jahren heirateten. Zwar kennen sie sich von der Schulzeit, gefunkt habe es aber erst später, schmunzelt Astrid Murpf. Halt geben auch der Glaube und das Vertrauen an eine höhere Macht. Hierfür ab und zu eine Kerze anzünden, gehört auch zu den Ritualen. Sei es daheim, in Heiligkreuz oder in der Grotte zu Marbach.
Energie holt sich die 41-Jährige bei den Kastelruther Spatzen. «Ich war schon ein grosser Fan, als es von ihnen noch Musikkassetten gab.» Ihre Lieder hätten «viel Tiefgang». Sie hat schon Konzerte besucht und vermag den Gedanken fast nicht auszusprechen. «Ich würde mich so gerne mal mit Norbert Rier, dem Chef der Gruppe, treffen.»
Zusammen bewirtschaften Astrid und Stefan Murpf 36 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche und 12 Hektaren Sömmerungsweide. Dazu kommen 20 Hektaren Wald. Vor zehn Jahren waren sie schweizweit die Ersten, die Tux-Zillertaler-Rinder importierten. Und der Landwirt spricht von einem Traumberuf in einer «paradiesischen Gegend». Auf Aeschitannen fühlen sie sich extrem wohl. Zur Abwechslung geht Astrid Murpf einmal pro Woche ins Pilates nach Hasle. Einmal monatlich besucht sie als Mitglied des dorfeigenen Samaritervereins auch deren Übungslektionen.
Die nahen Weihnachtstage wollen Murpfs einfach «geniessen und traditionell im Kreise der Familie feiern». Dazu gehöre auch ein feines Essen, so Astrid Murpf. Das wiederum dürfte ihr Metier sein. «Wir werden auch ein gutes Glas Wein trinken – doch das machen wir nicht nur an Weihnachten.» Für das nächste Jahr haben Murpfs keine grossen Wünsche. Gesund bleiben, zufrieden sein, in Harmonie leben dürfen und jeden Tag ihre «Sach» machen können, habe absolute Priorität.