Startseite
Zentralschweiz
Luzern
Die Messe Luzern wurde als Standort für die eidgenössische Juni-Session angefragt. Der Geschäftsführer ist optimistisch.
Luzern als politisches Zentrum der Schweiz: Das ist zumindest für drei Wochen im Juni möglich. Wie unsere Zeitung weiss, haben die eidgenössischen Parlamentsdienste die Messe Luzern AG um eine Offerte gebeten. Hintergrund: Wegen der Coronakrise ist das Social Distancing in den eigentlichen Berner Ratssälen nicht möglich. National- und Ständerat wollen ihre Rechte trotzdem wahrnehmen. Darum findet im Mai eine ausserordentliche Sondersession in den Berner Messehallen statt. Und darum sind die Parlamentsdienste für die ordentliche Junisession auf Standortsuche. Die Session wird vom 2. bis am 19. Juni stattfinden. Eingabeschluss für Offerten ist der kommende Montag.
Markus Lauber, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Messe Luzern, bestätigt gegenüber unserer Zeitung die Anfrage des Bundes: «Wir werden die Offerte am Montag einreichen.» Der Anforderungskatalog sei umfangreich, «aber wir können alle Anforderungen erfüllen», sagt Lauber. Allein Platz ist genügend vorhanden. Die Hallen 1 und 2 haben je eine Fläche von 5000 Quadratmetern. Hier sollen die provisorischen Ratssäle unterkommen. Das 1180 Quadratmeter grosse Foyer kann laut Lauber als Interviewzone dienen. Für Kommissions- und Fraktionssitzungen bieten sich Halle 3 und Räume in der Swissporarena gleich daneben an. Der FC Luzern ist also auch involviert, verweist aber auf Anfrage für weitere Informationen an die Messe Luzern AG als möglichen Veranstalter.
Über den offerierten Preis gibt Messegeschäftsführer Lauber keine Auskunft. Es handle sich um einen marktgerechten Preis für die dreiwöchige Miete der Hallen und Räume inklusive Planung, Bauten, Technik und aller Infrastruktur. «Wichtiger ist, zu einem politischen Betrieb beizutragen, bei dem auch Personen aus der Risikogruppe teilnehmen können.»
Natürlich wäre das Beherbergen der eidgenössischen Räte auch für die Messe Luzern von Vorteil – nicht nur wegen der fehlenden Einnahmen der abgesagten Frühlingsmesse Luga: «Seit fünf Wochen steht unser Betrieb still. Daran hängen direkte und indirekte Arbeitsplätze, etwa durch Zulieferer. Und niemand weiss, wann wir wieder einen regulären Betrieb haben werden.» Darum würden auch andere Messeveranstalter in Lausanne, Basel oder Zürich die Junisession beherbergen wollen.
Von den Parlamentsdiensten war gestern zu erfahren, dass insgesamt nur zwei oder drei Standorte angefragt wurden, darunter auch Genf. Für die Planung und Durchführung der einwöchigen Sondersession in der Messe Bern rechnen die Parlamentsdienste mit 1,5 Millionen Franken. Gerüchten zufolge soll sich für die Maisession auch Luzern beworben und 3,5 Millionen Franken verlangt haben. «Als Ständerat Damian Müller die Idee vorbrachte, die Sondersession in Luzern durchzuführen, fertigten wir rasch eine Skizze an. Die Kosten waren aber kein Thema», stellt Lauber klar. Bekanntlich entschieden sich die Ratsvorsitzenden innerhalb einer Woche für Bern.
Markus Lauber hofft, dass nun auch andere Regionen berücksichtigt werden – in erster Linie die Zentralschweiz: «Das wäre ein starkes Zeichen.» Unterstützt wird die «Luzerner Kandidatur» laut Lauber auch von der Stadt und vom Kanton. Schliesslich ist die Organisation und Durchführung einer Session mit 200 National- und 46 Ständeräten mit viel Aufwand verbunden.
Ein paar Beispiele, was die Infrastruktur betrifft: Die Nationalräte brauchen Platzmikrofone, die Ständeräte ein Rednerpult mit Mikrofon, im Halbkreis sitzen neben den Ratspräsidenten und -vizepräsidenten auch Bundesräte, Sekretäre und Stimmenzähler. Für die Debatten im Nationalrat braucht es zusätzlich noch Dolmetscherkabinen. Die SRG stellt separate Anforderungen; zum Beispiel Platz für Lastwagen, Kameras, Stromkanäle und unterschiedliche Stromanschlüsse.
Dass die eidgenössischen Räte ausserhalb des Bundeshauses tagen, kommt selten vor. 1993 haben National- und Ständerat in Genf politisiert, 2001 in Lugano und 2006 in Flims – jeweils wegen Sanierungsarbeiten in Bundesbern. Eine ordentliche Juni-Session wäre eine kleine Entschädigung für den 28.November 1848. Damals entschieden sich National- und Ständerat weder für Zürich noch für Luzern als Bundesstadt, sondern für Bern.
Ausserdem wartet die Zentralschweiz als Region am längsten auf eine Vertretung im Bundesrat. Der Standortentscheid für die Austragung der Juni-Session dürfte spätestens übernächste Woche fallen.