Im Theater Pavillon Luzern treffen Darsteller mit und ohne Behinderung aufeinander

Das Vollgastheater zeigt «Momo» und beweist, dass es im Theater keine Rolle spielt, wenn man mit einer Beeinträchtigung auf die Bühne geht. Im Zentrum stehen bei den Spielern und bei den Zuschauern die Emotionen.

Yvonne Imbach
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Die Kinder geben auch bei den Proben fürs Vollgastheater alles. (Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 02.12.2018)).

Die Kinder geben auch bei den Proben fürs Vollgastheater alles. (Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 02.12.2018)).

Wenn am Samstag das Premierenpublikum im Theater Pavillon Luzern in die Geschichte von «Momo» eintaucht, ist die Kernaussage des berühmten Jugendbuchklassikers von Michael Ende allgegenwärtig: Momo ruft dazu auf, die Würde der Menschen zu achten. Jeder Einzelne der Gesellschaft soll ernst genommen werden und verdient unser Zuhören.

Besser könnte man die Motivation des Vollgastheaters nicht umschreiben. Im Freizeitprojekt von Insieme Luzern spielen 22 Menschen mit und ohne geistige Beeinträchtigung zusammen. Insieme ist ein Verein, der sich für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige einsetzt. Die Jüngste im Ensemble ist acht Jahre alt, der Älteste Mitte sechzig. Je rund zur Hälfte setzt sich das Spielerteam aus behinderten und nicht behinderten Menschen zusammen.

Regie führt Raschid Kayrooz, der auf gut 15 Jahre Erfahrung mit Behinderten zurückblickt. «Im Vollgastheater wird soziale Inklusion wirklich gelebt. Die Freude am Theater verbindet uns und rückt die Unterschiede in den Hintergrund.» Geprobt wurde rund ein Jahr lang einmal wöchentlich. «Zu Beginn der Probezeit lerne ich die Spieler in Workshops kennen und mache mir ein Bild, wie belastbar jeder ist.

Gerade im Theater kann man für Schwächen und Stärken offen sein.»
Einblick in die Proben zu «Momo». (Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 02.12.2018))

Einblick in die Proben zu «Momo». (Bild: Jakob Ineichen (Luzern, 02.12.2018))

Der Grossteil des Spielens gehe über die Körpersprache, Szenen ohne Text funktionierten oft besser. «Unser Ensemble macht wie selbstverständlich das, was andere Laienspieler erst lernen müssen. Sie warten nicht auf Stichworte der anderen, sondern sind emotional in ihrer Rolle drin und reagieren situativ.»

Spektakuläres Bühnenbild

Dass dieses Eintauchen in die Welt von Momo den Zuschauern ebenso emotional gelingt wie den Darstellern, dafür sorgt auch das spektakuläre Bühnenbild. Momo lebt in der Ruine einer alten Zementfabrik. Diese wurde mit sehr viel Aufwand gebaut. Die Geschichte spielt in den 50er Jahren in einer italienischen Kleinstadt – Kostüme und Maske machen die Zeitreise authentisch. Die vierköpfige Vollgasband schliesslich sorgt für den passenden musikalischen Teppich. Wer ein offenes Herz für ein ganz besonderes Theater hat, ist hier richtig.

Remo Coray (39) spielt seit 15 Jahren im Vollgastheater mit. Der Luzerner erzählt von seiner leichten Lernbehinderung und, dass er zum Textlernen leider keinen Trick habe. «Die Proben sind für mich streng und nach einer Aufführung bin ich ganz schön erledigt. Aber ich finde Theaterspielen total schön und auch spannend. Ich frage mich: Wie wirkt die Rolle auf mich und wie wirke ich auf das Publikum?» Er habe schon viele Rollen gehabt, zum Beispiel die eines Piloten und eines Polizisten. Dieses Jahr mimt er den Strassenkehrer Beppo. Hat er grosses Lampenfieber? «Gar nicht. Ich brauche aber vor der Aufführung ein paar Minuten Ruhe nur für mich, das ist mein Ritual.»

Premiere 8. Dezember, 19.30 Uhr. Weitere Aufführungen bis am 22. Dezember im Theater Pavillon Luzern. Tickets unter 041 429 31 62 und www.vollgasspieltmomo.ch.

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