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Der Kanton Luzern hat ein Gebiet beim ehemaligen Pilatussee als Naturwaldreservat definiert. Um die Vorgaben des Bundes zu erfüllen, muss er aber noch viel Überzeugungsarbeit leisten.
Martina Odermatt
martina.odermatt@luzernerzeitung.ch
Wenn im Gebiet Oberalp–Bründle–Hörnli beim ehemaligen Pilatussee künftig ein Baum von Böen entwurzelt wird, bleibt dieser einfach liegen. Denn der Kanton Luzern hat in diesem Gebiet – unterhalb des Widderfelds und des Mittaggüpfis – in Zusammenarbeit mit der Korporation Alpnach und der ewl Wasser AG auf 54,3 Hektaren ein Naturwaldreservat ausgeschieden. Davon befinden sich 40 Hektaren auf Luzerner Boden, die restliche Fläche liegt in der Gemeinde Hergiswil im Kanton Nidwalden.
Die Idee dahinter: Die Natur soll sich hier künftig ohne menschliches Einwirken entfalten und entwickeln können. Das Reservat bietet Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere. Im Torfmoos-Bergföhrenwald etwa sind Pflanzen wie der Sonnentau und das Wollgras zu finden, und auch das Auer- oder Birkhuhn fühlen sich hier wohl.
Im Reservat laufen natürliche Prozesse uneingeschränkt ab, denn auch auf eine forstliche Nutzung des Gebiets wird künftig verzichtet. Da auf der Oberalp viele Kühe übersömmern, wurden viele grössere Wald- und Moorflächen mittels Zäunen geschützt. In Ausnahmefällen können zudem Massnahmen zur Förderung bestimmter Arten oder Lebensräume nötig sein. Konkret bedeutet das: «Bei Moorflächen in schlechtem Zustand braucht es möglicherweise Massnahmen wie das Zurückschneiden von einwachsenden Bäumen oder das Aufstauen von Entwässerungsgräben, um den natürlichen Zustand wieder herzustellen», sagt Rico Hergert, Fachbearbeiter Waldbiodiversität der Dienststelle für Landwirtschaft und Wald. Dies, weil in den vergangenen Jahrhunderten die Moore entwässert und beispielsweise für die Nutzung als Weidefläche degradiert wurden.
Bereits 2014 und 2016 wurde durch solche Massnahmen das Hochmoor beim ehemaligen Pilatussee aufgewertet. «Ein intaktes Hochmoor in stabilen Umweltbedingungen ist ein in sich selbst erhaltendes System», sagt Hergert. Dass der Kanton Luzern dieses Gebiet ausgeschieden hat, hat mehrere Gründe. Einerseits ist der Wald recht abgelegen, wird darum nur spärlich genutzt und ist deshalb noch sehr naturnah. Andererseits ist dies Teil der Waldpolitik 2020. Deren Ziel: bis 2030 zehn Prozent des Schweizer Waldes als Naturwaldreservate auszuweisen. Mit der Ausscheidung des Gebiets am Pilatus erreicht der Kanton Luzern deren fünf Prozent. Zum Vergleich: In Obwalden, wo im Mai zusammen mit dem Kanton Luzern am Glaubenberg ein Gebiet in der Grösse des Sarnersees zum Naturwaldreservat erklärt wurde, liegt bei neun Prozent. Der Kanton Nidwalden kommt auf sieben Prozent Wald.
Jedoch gestaltet sich das Unterfangen für den Kanton Luzern etwas schwieriger. Der Grund: 40 000 Hektaren Wald gehören in Luzern gesamthaft 12 000 privaten Eigentümern – pro Besitzer ergibt das ungefähr 3 Hektaren Land. Zum Vergleich: In Obwalden gehören knapp 87 Prozent des Waldes öffentlich-rechtlichen Körperschaften, was die Verhandlungen vereinfacht. «Bei den vielen kleinen Parzellen mit verschiedenen Eigentümern braucht es viel Überzeugungsarbeit, um grössere Flächen als Reservate überführen zu können», sagt Hergert. Trotzdem habe man diesen Herbst im Moretalerwald und im Herlisbergerwald in Neudorf ein Sonderwaldreservat ausscheiden können. «Wir kommen dem Reservatsziel von zehn Prozent in kleinen Schritten näher.»
Wanderer, die im Reservat die Natur geniessen möchten, müssen sich derweil keine Sorgen machen: Das Gebiet bleibt weiterhin frei zugänglich. Das bestehende Wegnetz bleibt erhalten auch der Unterhalt wird in gleicher Weise fortgesetzt.