NEUENKIRCH: Hunderte Palmbaum-Blätter gehen pro Stunde durch ihre Hände

Mit dem Palmsonntag wird die Karwoche eingeläutet. Das Gestalten von Palmbäumen hat dabei vielerorts eine lange Tradition. In Neuenkirch geriet sie fast in Vergessenheit.

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Die Fünftklässler Vinzenz (von links), Sebastian, Sara und Janina gestalten einen Palmbaum. (Bild: Corinne Glanzmann (Neuenkirch, 22. März 2018))

Die Fünftklässler Vinzenz (von links), Sebastian, Sara und Janina gestalten einen Palmbaum. (Bild: Corinne Glanzmann (Neuenkirch, 22. März 2018))

Josef Stadelmann sonnt sich mit weiteren Helfern draussen unterhalb des alten Pfarrhauses in Neuenkirch. Der Pensionär, der auch im Pfarreirat der Pfarrei St. Ulrich in Neuenkirch ist, befreit Stechpalmen von ihren Blättern. Noch ist es ruhig.

Schon kurze Zeit später ist die 5. Klasse der Schule Neuenkirch damit beschäftigt, Blätter an einen Draht zu stecken, der an einer Stange angebracht ist. Die Kinder gestalten Palmbäume für Palmsonntag. Sie sind mit Handschuhen ausgerüstet, dennoch werden sie immer mal wieder von den Stacheln der Blätter gezwickt. «Es braucht viel Konzentration, damit es nicht wehtut», sagt Flavia (10). Sie gestaltet mit vier Kolleginnen einen Baum. Silvan (11) hält eine andere Palmenstange, während seine Kollegen die Ringe verzieren. «Ich finde es toll, dass wir heute Nachmittag nicht im Schulzimmer sitzen, sondern zusammen draussen sind.» Motiviert ist auch Sara (11), findet aber, dass es Geduld brauche, bis ein Palmbaum fertig ist – pro Ring werden schon ein paar Hundert Blätter benötigt. Josef Stadelmann rechnet dafür mit rund zwei Stunden.

Schüler ziehen mit Bäumen in Kirch ein

Veneranda Qerimi ist in Neuenkirch als Religionslehrerin tätig. «Wir haben den Feiertag im Unterricht behandelt. Es ist schön, dass wir diese Tradition nun direkt erleben können. Die Stimmung ist hier ganz anders als im Schulzimmer», erzählt sie. Die Schüler werden am Sonntag mit ihren kunstvollen Gebilden in die Kirche einziehen. Die Bäume werden dann gesegnet. Danach werden sie verteilt und schmücken die Gärten verschiedener Familien. «Mit den Bäumen gedenken wir an Palmsonntag dem Einzug Jesu in Jerusalem», erklärt Josef Stadelmann. Der Tag wird jeweils eine Woche vor Ostern gefeiert. Josef Stadelmann organisiert das Palmbinden seit rund zehn Jahren. Gebastelt wird jeweils an drei Nachmittagen. Vor allem Schulklassen und Pensionierte helfen mit. «Die Palmbäume sind schön zum Anschauen. Freude macht aber auch das Gestalten, weil man sich dabei austauschen kann.» Die Tradition geht weit zurück. Dennoch sagt Stadelmann: «Der Brauch war in Neuenkirch fast verloren gegangen, ist dann aber vor einigen Jahren mit einem neuen Pfarrer wieder aufgelebt.»

Heuer werden in Neuenkirch rund zwanzig Palmstangen geschmückt. Zu jedem Gebilde gehören verschiedene Grünpflanzen, darunter Stechpalmen, Wacholder, Thuja, Sefi, Hasel, Tannenzweige, Föhre und Buchs. «Bei gewissen Pflanzen wie Hasel ist es immer schwierig, diese in genügender Menge aufzutreiben», sagt Stadelmann. Er ist mit weiteren Helfern jeweils in den Wäldern unterwegs oder erhält Grünzeug von Privaten. In einem Palmbaum steckt viel Symbolik. Die Ringe etwa stehen für die Ewigkeit und Verbundenheit. Die Äpfel symbolisieren den Verlust aus dem Paradies, bedeuten aber auch neues Leben.

Roseline Troxler

roseline.troxler@luzernerzeitung.ch