Trotz seiner Kündigung wird der bisherige Luzerner Datenschützer Reto Fanger bis Ende November für den Kanton Luzern arbeiten. Allerdings nur in einem 10-Prozent-Pensum. Wann sein Nachfolger beginnen wird, ist immer noch offen.
Seit Ende August hat der Kanton Luzern keinen eigentlichen Datenschützer mehr. Der bisherige Stelleninhaber, Reto Fanger, hatte im Juni auf dieses Datum hin gekündigt. Und trotzdem arbeitet er weiter für den Kanton – weil dieser noch keinen Nachfolger gefunden hat. Nun ist klar: Fanger wird den «Notfalldienst» bis Ende November verlängern, wie Staatsschreiber Lukas Gresch auf Anfrage unserer Zeitung bekannt gibt. Sein Pensum betrage zirka 10 Prozent, bestätigt Reto Fanger: «Das Ziel ist, in dieser Übergangsphase wenigstens die dringlichsten Geschäfte – soweit zeitlich machbar – einigermassen abdecken zu können.»
Ein lückenloser Übergang von Fanger zu seinem Nachfolger scheint indes unrealistisch. Denn das Rekrutierungsverfahren ist noch im Gang. Ist die passende Person gefunden, muss diese vom Regierungsrat gewählt und die Wahl vom Kantonsrat genehmigt werden. «Mein Ziel ist es, dass die regierungsrätliche Wahl vom Kantonsrat an dessen Session vom 3./4. Dezember genehmigt werden kann», teil Gresch mit. Ob der neue Datenschutzbeauftragte in der Lage ist, die Tätigkeit umgehend aufzunehmen, ist fraglich. «Wie eine allfällige Vakanz überbrückt wird, hängt vom weiteren Verlauf des Rekrutierungsprozesses ab», so Gresch.
«Die Rückstellung weniger dringlicher Aufgaben ist einfach noch grösser als bereits bisher.»
Reto Fanger, Datenschutzbeauftragter
Laut dem Staatsschreiber werden laufende Projekte oder Gesetzgebungsprojekte nicht beeinträchtigt, obwohl Fanger nur noch in einem reduzierten Pensum arbeitet. Anfallende Aufgaben und Anfragen würden aber priorisiert. Dieses Problem sei nicht neu, sagt Reto Fanger, der in seiner Amtszeit jeweils darauf hingewiesen hatte, dass die 90 Stellenprozent für den Datenschutz nicht ausreichen. «Die Rückstellung weniger dringlicher Aufgaben ist einfach noch grösser als bereits bisher», erklärt Fanger. Er schliesst im Gegensatz zu Staatsschreiber Gresch nicht aus, dass laufende Projekte beeinträchtigt oder verzögert werden. Genau beurteilen könne er dies aber nicht, «da wir in der Regel nicht den Projektlead haben».
Fest steht für Fanger hingegen, dass es weitreichende Konsequenzen hätte, wenn die Stelle noch längere Zeit nicht besetzt wird und der Notfalldienst andauert. Der Kanton sei verpflichtet, eine funktionsfähige verwaltungsunabhängige Datenschutzstelle zu bestellen. Fanger listet auf: «Nicht eingehalten werden das kantonale Datenschutzgesetz, die Bundesverfassung, die Europaratskonvention sowie das Schengen-Abkommen.» Fraglich sei etwa, ob die EU der Schweiz attestiert, dass sie ein angemessenes Datenschutzniveau hat. In diese Beurteilung würden auch die Kantone einbezogen. Ein negativer Entscheid könnte Unternehmen den Austausch von Personendaten in den EU- und EWR-Raum «massgeblich erschweren».
Für die Stelle des Datenschutzbeauftragten haben sich 20 Personen beworben (Ausgabe vom 18. August). Diese Anzahl sei «angesichts des hoch spezialisierten Profils der Stelle zufriedenstellend», erklärt Lukas Gresch. Bei der letzten Ausschreibung 2011 hätten sich nur gut halb so viele Personen beworben. Trotz knapper Ressourcen sei die Stelle für Bewerber interessant, findet der Staatsschreiber. «Die Stelle und überhaupt der Datenschutz gewinnen zunehmend an Attraktivität, zumal im Jahr 2020 eine Erhöhung des Stellenetats geplant ist.» Vorgesehen ist eine Aufstockung um 100 auf 190 Stellenprozent.
Ursprünglich hatte die Regierung eine Pensenerhöhung auf total 400 Prozent ab 2020 geplant. Der Vorschlag fiel aber bei den Parteien durch. Sie kritisierten nicht nur den deutlichen Ausbau der Stelle, sondern vor allem die geplante Kostenbeteiligung der Gemeinden (Ausgabe vom 5. Mai). Die Regierung hatte vorgesehen, dass die Gemeinden die Stelle zu 50 Prozent mitfinanzieren. Trotz der Kritik in der Vernehmlassung ist der Kanton von dieser Idee noch nicht abgekommen. Gresch: «Die Aufteilung der Ressourcen für den Datenschutz zwischen Kanton und Gemeinden wäre sachgerecht. Deshalb sucht der Regierungsrat das Gespräch mit den Gemeinden.»
«An unserer Haltung hat sich nichts geändert. Der Vorschlag der Regierung ist nicht sachgerecht.»
Rolf Born, Präsident Verband Luzerner Gemeinden
Dort wird er allerdings auf taube Ohren stossen, wie Rolf Born, Präsident des Verbands Luzerner Gemeinden (VLG), sagt. «Die Aufsicht über den Datenschutz ist klar Sache des Kantons.» Entsprechend habe auch dieser die Kosten zu tragen, so wie dies etwa in den Bereichen Zivilstandswesen oder Sondersteuern der Fall sei. Born verweist darauf, dass auch der VLG die Kostenteilung zwischen Kanton und Gemeinden in der Vernehmlassung abgelehnt hat. «An unserer Haltung hat sich nichts geändert. Der Vorschlag der Regierung ist nicht sachgerecht.»