Während vieler Jahre leistete der «Agglo-Fahrplan Luzern» den ÖV-Kunden treue Dienste. Doch jetzt wird die gedruckte Ausgabe eingestellt. Betagte Passagiere ärgern sich.
Wie jedes Jahr im Dezember ging Hanny Bühler (73) aus Kriens am Montagnachmittag zum VBL-Schalter im Bahnhof Luzern. Dort wollte sie sich den neuen Agglo-Fahrplan besorgen – eine 4 Franken teure Broschüre, welche die ÖV-Fahrpläne für die ganze Agglomeration Luzern enthält (siehe Bild). «Am Schalter erfuhr ich dann, dass die Broschüre nicht mehr produziert werde», sagt sie. Man habe ihr erklärt, dass der Agglo-Fahrplan «nicht mehr rentiere». Dies habe nicht nur bei ihr, sondern auch bei den rund zehn anderen wartenden Kunden für «Verwirrung» und «Kopfschütteln» gesorgt.
Auch ein Leser unserer Zeitung, der uns auf die Einstellung des gedruckten Fahrplans hingewiesen hat, bedauert, «dass nicht mal mehr für den Agglo-Fahrplan Geld übrig bleibt», wie er schreibt.
Christoph Zurflüh, Sprecher des Verkehrsverbunds Luzern (VVL), bestätigt die Massnahme. «Das Interesse am Agglo-Fahrplan nahm in den letzten fünf Jahren rapide ab», erklärt er. Letztes Jahr sei von 6000 gedruckten Exemplaren gerade mal ein Drittel verkauft worden. Die Produktion des rund 400 Seiten dicken Büchleins kostete jährlich rund 30 000 Franken – den Personalaufwand nicht mit einberechnet. Dieser sei wegen der jährlich erforderlichen Datenaufbereitung «sehr hoch». «Um die Kosten einigermassen zu decken, hätte der Preis um ein Vielfaches erhöht werden müssen», sagt Zurflüh. Komme hinzu, dass das ÖV-Angebot stetig erweitert werde. Heute könnten kaum mehr sämtliche 60 Bus- und Bahnlinien der Agglomeration in einem handlichen Buch abgebildet werden, so Christoph Zurflüh. Man setze vielmehr auf die Taschenfahrpläne, die weiterhin von den Verkehrsbetrieben Luzern (VBL) für jede Buslinie separat angefertigt und gratis abgegeben würden.
Auch die Postauto AG, die Auto AG Rothenburg und die SBB würden weiterhin gedruckte Gratis-Fahrpläne anbieten. «Wir stellen sicher, dass jeder ÖV-Anbieter Fahrpläne in gedruckter Form kostenlos zur Verfügung stellt», betont Zurflüh. Wer aber sämtliche Fahrpläne der Region zur Hand haben will, der muss sich von nun an mit Dutzenden Taschenfahrplänen eindecken oder aber mit dem Internet oder dem Smartphone vorliebnehmen. Dafür gibt es beispielsweise die App ÖV-Live, welche die Fahrpläne für die gewünschte Verbindung jeweils aktuell anzeigt.
Jürg Lauber, Sprecher von Pro Senectute Kanton Luzern, meint dazu: «Für Betagte ab 80 Jahren ist die Umstellung aufs Internet alles andere als selbstverständlich.» Er sehe ein, dass der Agglo-Fahrplan im elektronischen Zeitalter zunehmend überflüssig werde. Aber der Zeitpunkt für eine vollständige Einstellung kommt seines Erachtens zu früh. «Mit der jetzigen Einstellung des Fahrplans wird die älteste Generation von einer Dienstleistung ausgeschlossen.»
Dabei war der Agglo-Fahrplan längst nicht nur bei Betagten beliebt. Karin Blättler (52), die als Präsidentin von Pro Bahn Zentralschweiz die Interessen von ÖV-Kunden vertritt, meint: «Ich besass bisher zu Hause immer einen Agglo-Fahrplan und war stets froh drum.» Der Griff zum Buch habe ihr oft nähergelegen, als den Computer oder das Handy zu konsultieren. «Der Agglo-Fahrplan gehörte seit vielen Jahren selbstverständlich zum ÖV-Angebot in der Region dazu», meint sie.
Von der Einstellung zeigt auch sie sich überrascht. Üblicherweise werde Pro Bahn vom Verkehrsverbund bei wichtigen Entscheidungen informiert. Das sei beim Agglo-Fahrplan aber nicht der Fall gewesen. Nun würden alle ÖV-Benutzer vor vollendete Tatsachen gestellt. Pro Bahn Zentralschweiz werde allfällige Reaktionen von Passagieren abwarten und wenn nötig beim Verkehrsverbund vorstellig werden.
Simon Bordier