Mit einem Kunstprojekt feiert die Reformierte Kirche Luzern das Jubiläum der Reformation. Das Element Luft schafft dabei Verbindungen auf verschiedenen Ebenen.
Weshalb hängt man an einen Kirchenturm Bälle? Diese Frage stellte sich, wer dieser Tage bei der Lukaskirche in der Stadt Luzern oder zuvor bei der Kirche Gerliswil in Emmenbrücke seinen Blick himmelwärts Richtung Glockenturm schweifen liess. Und des Rätsels Lösung: Es handelt sich um das Kunstprojekt «Atemwolke» anlässlich des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation. Die rund 1400 «Atembälle» sollen sinnbildlich darstellen, dass Christen die Gnade Gottes benötigen wie die Luft zum Leben. Zudem sollen sie dazu inspirieren, die Welt mit jedem Atemzug aktiv mitzugestalten – dafür wurden die vielen, leicht durchsichtigen und schimmernden Bälle mit der Atemluft von Kirchenmitgliedern sowie Menschen, die der reformierten Kirche nahe stehen, gefüllt. Das Thema des Projekts lautet denn auch: «Du sendest deinen Atem aus und erneuerst das Angesicht der Erde» (Psalm 104, 30).
Das Projekt, das vom Beinwiler Künstler Micha Aregger (41) stammt, wird bis zum 22. November an verschiedenen Luzerner Kirchen installiert. Gestartet hat es in der Kirche Gerliswil am 4. Juni. Am jeweiligen Ausstellungsort wird während der Predigt ein Bezug zum Projekt geschaffen. In der Lukaskirche, dem zweiten Standort, fand dies bereits statt: Am Mittwochmorgen wurde die Wanderinstallation abgebaut. Die über tausend Bälle glitten vom Glockenturm hinunter und wurden von Helfern aufgefangen, damit sie mit dem Lastwagen zur nächsten Station transportiert werden können: der Kirche in Weggis.
«Die besondere Herausforderung des Projekts ist, dass die Bälle bei jeder Kirche den Gegebenheiten entsprechend wirkungsvoll installiert werden», erklärt Künstler Micha Aregger. Dabei müsste auch das Wetter berücksichtigt werden. Die Form des Gebildes könne sich während der Ausstellung sonst durchaus auch verändern.
Bis Mitte November «fliegt» das luftige Denkmal noch folgende Destinationen an: Matthäuskirche Luzern, Hofkirche Luzern, Horw, Ebikon, Sursee, Buchrain-Root, Kriens und Malters. Besonders hervorzuheben ist dabei die Hofkirche, die als katholische Kirche mitwirkt. «So wird die Atemwolke zum ökumenischen Element. Wir alle teilen dieselbe Luft – und das verbindet über alle Konfessionen hinweg», freut sich Aregger, der nach eigenen Angaben konfessionslos, aber gläubig ist. Genau dieser Glaube, den er stets in seine Arbeiten einfliessen lässt, führte zur Verbindung mit dem reformierten Pfarrer Marcel Köppli, der deswegen auf Aregger aufmerksam wurde. Köppli war mitverantwortlich für die Organisation der «Wolke». Finanziert wurde das Kunstprojekt von der Reformierten Kirche Luzern sowie den mitwirkenden Pfarreien.
Was mit den Bällen nach Ablauf des Projekts geschieht, ist noch nicht klar. Fortwerfen wolle man sie auf keinen Fall, sagt Aregger. Möglich wäre, sie während einer Messe zu verschenken. «Somit würde der Atem weiter ins Leben getragen.»
Isabelle Jost