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Luzern
Der Lenker eines Sattelschleppers ist zu Unrecht wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Dies hat das Bundesgericht in Lausanne entschieden. Der Chauffeur hatte 2012 bei einem Abbiegemanöver einen Velofahrer überrollt.
Urs-Peter Inderbitzin
Der schwere Unfall hatte sich am 29. Juni 2012 zugetragen. Der Chauffeur eines Sattelschleppers mit Sattelanhänger fuhr damals auf der Luzernerstrasse in Root in Richtung Dierikon. Hinter ihm war auf gleicher Strecke ein Velofahrer unterwegs. Als der Chauffeur nach rechts in die Neue Perlenstrasse abbog, überrollte er den Radfahrer, welcher den Sattelschlepper rechts überholen wollte. Der Radfahrer erlag seinen schweren Verletzungen kurz nach dem Unfall.
Das Bezirksgericht Hochdorf erklärte den Chauffeur vor zwei Jahren der fahrlässigen Tötung schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 140 Franken sowie zu einer Busse von 3300 Franken. Das Luzerner Kantonsgericht bestätigte daraufhin diesen Entscheid.
Das Gericht räumte zwar ein, dass der Chauffeur den Blinker rechtzeitig – das heisst mindestens 20 bis 40 Meter vor der Kreuzung – gestellt hatte. Es warf ihm aber vor, rechtsseitig derart viel Raum gelassen zu haben, dass der von hinten kommende Velofahrer rechts habe vorbeifahren können. Der Chauffeur habe damit gegen das Strassenverkehrsgesetz (SVG) verstossen, so das Luzerner Kantonsgericht.
Das Bundesgericht konnte diesen Überlegungen des Kantonsgerichts nicht zustimmen. Einerseits hätte der Radfahrer nicht mehr am Lastwagen vorbeifahren dürfen, weil der Chauffeur den Blinker rechtzeitig – zwischen 20 und 40 Meter vor der Kreuzung – gestellt hatte.
Ab diesem Zeitpunkt war es für den Velofahrer nicht mehr möglich, den abbiegenden Lastwagen zu passieren, ohne dessen Weg schneiden zu müssen. Andererseits steht aufgrund der Akten und einer Rekonstruktion an Ort und Stelle fest, dass der LKW-Chauffeur korrekt eingespurt hatte.
Zwar bestimmt Artikel 36 SVG, dass rechts einzuspuren ist, um ein Rechtsvorbeifahren von Radfahrern und deren Gefährdung zu verhindern. Das Gesetz verlangt umgekehrt aber nicht, dass der rechtsabbiegende Lenker derart rechts fährt, dass ein Vorbeikommen an der rechten Seite unmöglich ist. «Es genügt, wenn der Abstand derart ist, dass vernünftigerweise nicht mehr damit gerechnet werden muss», meint das Bundesgericht. Dies war im konkreten Fall bei einem Abstand von 39 Zentimetern zwischen dem Lastwagen und dem Trottoir der Fall.
Der Chauffeur des Sattelschleppers durfte, dies das Fazit des Bundesgerichts in Lausanne, darauf vertrauen, beim Abbiegen nicht rechts überholt zu werden. Er hat seine Sorgfaltspflichten nicht verletzt und sich deshalb nicht fahrlässiger Tötung schuldig gemacht.
Hinweis
Urteil 6B_164/2016