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Die Salle Modulable ist tot. So zumindest lautet die gängige Einschätzung, nachdem der Luzerner Kantonsrat am letzten Montag den Projektierungskredit versenkt hat. Blicken wir im Drama zurück, gibt es eine Reihe von Versäumnissen und Fehlern, die zum Ende geführt haben.
Die Salle Modulable ist tot. So zumindest lautet die gängige Einschätzung, nachdem der Luzerner Kantonsrat am letzten Montag den Projektierungskredit versenkt hat. 7 Millionen Franken hätte der Kanton Luzern an die Projektierungskosten von 12 Millionen beitragen sollen. Das wäre aber nur der Anfang gewesen – die gesamten Investitionskosten für das neue Musiktheater wurden auf 208 Millionen Franken geschätzt, zu denen der Butterfield Trust, der den Nachlass von Mäzen Christof Engelhorn verwaltet, 80 Millionen beigesteuert hätte. Weil sich auch die Betriebskosten gegenüber dem heutigen Luzerner Theater erhöht hätten, zogen die Kantonsräte nun die Notbremse.
Ist das neue Musiktheater wirklich gestorben? Dessen Tod wurde 2010 schon einmal ausgerufen – es folgte eine wundersame Auferstehung des Projekts, an das längst niemand mehr geglaubt hatte. Gut möglich, dass sich der Faden der Salle Modulable auch diesmal noch weiterspinnen lässt. Was man aber mit Bestimmtheit sagen kann, ist, dass das Projekt in seiner bisher geplanten Form vom Tisch ist. Blicken wir im Drama «Salle Modulable» zurück, gibt es eine Reihe von Versäumnissen und Fehlern, die zum Ende geführt haben.
Fehler Nummer 1 – Kommunikation: Die Stiftung Salle Modulable hat in Sachen Kommunikation alles andere als brilliert. Als Stiftungspräsident Hubert Achermann Mitte 2014 erhobenen Hauptes aus dem Gerichtssaal in Bermuda treten durfte, hatte Luzern noch alle Trümpfe in der Hand. Doch die darauffolgenden Monate waren geprägt von Funkstille. Niemand hatte die geringste Ahnung, was sich hinter den Kulissen abspielte. Das gab ersten Unkenrufen Auftrieb, die dem Ganzen grundsätzlich misstrauten und fanden, man solle die Finger lassen von den dubiosen Bermuda-Millionen. Dass die Salle weitgehend hinter verschlossenen Türen weitergeplant wurde, war für viele der Beweis, dass es sich um ein abgekartetes Spiel handelte, bei dem die Luzerner nichts zu sagen hätten.
Auch die Stiftung selber war am Gängelband des Bermuda-Trusts, dessen wirkliche Pläne nie transparent wurden. Klar schien einzig, dass die Nachlassverwalter von Mäzen Christof Engelhorn alles versuchten, um den Theaterneubau in Luzern zu verhindern. Hubert Achermann hatte die delikate Aufgabe, zwischen den bewussten Störmanövern des Trusts und einer misstrauischen Öffentlichkeit zu vermitteln und gleichzeitig das Grossprojekt voranzutreiben. Dass er bisweilen lieber schwieg, ist nachvollziehbar. Doch so fehlte dem Projekt eine Integrationsfigur.
Als sich in den vergangenen Wochen die politische Schlinge immer mehr zuzog, startete man in letzter Minute eine öffentliche Charmeoffensive. So war von mysteriösen Mäzenen die Rede, die angeblich bereit seien, Millionen lockerzumachen – vorausgesetzt, die Politiker stimmten dem Projekt zu. Doch anders als beim KKL, als im entscheidenden Moment Leute wie etwa die Mäzenin Alice Bucher öffentlich mit ihrem Namen hinstanden und ihre millionenschwere Unterstützung demonstrierten, blieb dieses Mal alles nebulös. Wer garantierte, dass es die Sponsoren tatsächlich ernst meinten und nicht am Ende die Öffentlichkeit auf den Kosten sitzen bliebe? Bis zuletzt gab es auf solche zentralen Fragen keine Antwort. Dass man am Schluss ausgewählten Politikern unter dem Siegel der Verschwiegenheit Einsicht in eine Zusammenfassung der Vereinbarung zwischen Stiftung und Trust gewährte, änderte wenig am allgemeinen Misstrauen. Ebenso wenig das Einschiessen weiterer 2 Millionen an privaten Geldern für die Projektierung in letzter Minute.
Fehler Nummer 2 – blindes Vertrauen: Auch die Politiker von Stadt und Kanton liessen sich von der Stiftung und den Geldgebern gängeln. Ganz offen wurde die Haltung vertreten, «einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul». Stadt- und Regierungsrat wussten ganz genau, dass eine Überbauung des Inselis bei der Bevölkerung auf heftigsten Widerstand stossen würde. Doch da die Standortstudie das Inseli favorisierte, hat sich auch die Politik darauf eingeschworen. Bedenken wischte man mit dem arroganten Hinweis weg, dass ausschliesslich das Inseli die Kriterien der Geldgeber erfülle. Einen zweifelhaften Gegenpart hatten bei diesem Spiel die linken Politiker, die mit populistischen Argumenten Stimmung machten gegen das «elitäre Projekt», von dem das gemeine Volk nicht profitiere.
Fehler Nummer 3 – zu hoch gepokert: Die Verknüpfung von Luzerner Theater und Salle Modulable erschien zunächst als ein taktisch kluger Schachzug. Wäre er gelungen, hätten die Politiker der grossen Schweizer Städte einmal mehr neidisch nach Luzern geblickt: Nur hier war man gewieft genug, das schönste und modernste Stadttheater der Schweiz zu bauen und es von Sponsoren zahlen zu lassen. Doch mit diesem Vorhaben pokerten die Luzerner Politiker hoch – und haben alles verloren. Das Projekt Theatererneuerung muss nun völlig neu aufgegleist werden. Es gibt keinerlei Pläne, wie es mit dem veralteten Luzerner Theaterhaus langfristig weitergeht.
Hoch gepokert hat aber auch das Theater selber – und dies völlig unnötig in der kritischen Endphase des politischen Entscheidungsprozesses. Birgit Aufterbeck Sieber, Präsidentin der Stiftung Luzerner Theater, sagte im Juli, dass man das Projekt Salle Modulable in der aktuellen Form nicht befürworten könne. Grund: Die Bedürfnisse des Luzerner Theaters seien nicht genügend abgedeckt. Das Theater setzte damit auf alles oder nichts: Entweder die Salle wird genau nach unseren Wünschen gebaut, oder wir lassen es ganz bleiben. Nun ist Letzteres eingetroffen.
Man hat den Eindruck, dass dies dem Luzerner Theater gar nicht ungelegen kommt. Denn der Spagat zwischen internationalem Kulturtempel und Stadttheater wäre nicht ohne Risiko gewesen. Zumindest inhaltlich weiss das Luzerner Theater nun wieder klarer, was seine künftige Rolle sein wird. Und dass man auch mit den bestehenden Mitteln «modulabel» sein kann, beweist das Haus an der Reuss sinnigerweise mit seiner aktuellen Produktion «Prometeo»: Wenn die Besucher per Holztreppe durchs Fenster hineinkommen und sich Bühne und Zuschauerraum völlig vermischen, zeigt sich, dass der 177-jährige Theaterbau mitnichten «unflexibel» und «zu klein» ist. Es braucht nur zündende Ideen.
Robert Knobel, Leiter Ressort Stadt/Region
robert.knobel@luzernerzeitung.ch