Zwischennutzung: Der Seetalplatz wird zum Kulturschauplatz

Dereinst wird am Seetalplatz das zentrale Verwaltungsgebäude des Kantons Luzern entstehen. Bis dahin wurde es zur Zwischennutzung freigegeben. Gestern nahm es die Bevölkerung in Beschlag.

Manuel Burkhard
Drucken
Autor Max Christian Graeff hielt die Platzrede zur Eröffnung des NF49. (Bild: Jakob Ineichen, Emmen, 15. September 2018)

Autor Max Christian Graeff hielt die Platzrede zur Eröffnung des NF49. (Bild: Jakob Ineichen, Emmen, 15. September 2018)

Ein helles Klackern erfüllte die Luft: das Geräusch Hunderter kleiner Steine, welche die Besucher rhythmisch gegeneinanderschlugen. Sie übertönten den Strassenlärm des Seetalplatzes, vermochten gar das Quietschen vom nahen Bahntrassee zu dämpfen. Um Punkt 15 Uhr strömten die Menschen durch das Tor auf das Baufeld A1, das nun, gemäss einer alten Schweizerkarte, Nivellement Fédéral 49 heisst. An diesem Ort, den die meisten nur vom Vorbeifahren kennen, entstand in den vergangenen Wochen ein urbanes Idyll des 21. Jahrhunderts: Container, Sonnensegel, roher Beton, Gemüsebeete, Raum für Kreative. Ein Ort, an dem der Hamburger ziemlich teuer, aber dafür regional und bio ist. Ein Ort, an dem Festbankgarnituren stehen dürfen, ohne volkstümlich zu wirken.

Die Bevölkerung hat diesen Platz in Beschlag genommen. Wobei der Begriff der Beschlagnahme trügt. Am Seetalplatz wurde weder beschlagnahmt noch besetzt. Der subversivste Akt des Tages war die Eröffnungsrede des Krienser Autors Max Christian Graeff, der einen Nebensatz der Nationalismus- und Kapitalismuskritik widmete. Nein, hier fand eine ordentliche Übergabe statt. Die Gemeinde Emmen und der Kanton Luzern hatten die Zwischennutzung angeregt, als «lokaler Begegnungsort» und «Impuls für die kommende bauliche und sozialräumliche Entwicklung», wie der Kanton in einer Medienmitteilung schrieb.

Bereits 2016 wurde dazu ein Ideenwettbewerb durchgeführt. Im vergangenen Herbst kontaktierte dann der Kanton die beiden Sieger des Ideenwettbewerbs, den Verein B-Sides und Eichenberger Szenografie. «Gemeinsam gründeten wir den Verein Platzhalter, der nun die Zwischennutzung koordiniert,» sagte Catherine Huth, Mitarbeiterin von Eichenberger Szenografie und Mitglied des Vereins. Was steckt also hinter NF49, dieser Bezeichnung, die auch den Einheimischen nicht geläufig ist? Wie kann man auf einem Baufeld Impulse für die sozialräumliche Entwicklung geben?

Eröffnungsfest zeigte Potenzial auf

Einerseits hat die Zwischennutzung zum Ziel, dem Areal an zentraler Lage Leben einzuhauchen. Das Eröffnungsfest zeigte die verschiedenen Möglichkeiten gleich selbst auf: Die Besucher vergnügten sich beim Boule-Turnier und an der Graffitiwand, genossen den warmen Spätsommertag im Bistro und lauschten den Bands, die auf der kleinen Bühne auftraten. Das Ambiente fand bei den Anwesenden durchaus Zuspruch. «Es ist ein interessantes neues Angebot in der Gemeinde», urteilte Dominik Marti. Für Beat Niederberger passt das Konzept: «Es wirkt kulturell-industriell, wie die Gemeinde Emmen selbst.» Lediglich die Bezeichnung Luzern Nord stiess auf wenig Gegenliebe.

Neben diesem offenen Platz bietet NF49 Ateliers und Arbeitsräume in vom Kanton zur Verfügung gestellten Baucontainern. Der erste Mieter war der Luzerner Theaterschaffende Patric Gehrig – doch sein Container ist zurzeit verschlossen. Erst im kommenden April, wenn er für vier Monate nach Chicago zieht, erhält das Publikum Zutritt. Gehrig: «Es wird eine begehbare theatrale Installation sein, mit Verbindung zu meiner Tätigkeit in Chicago.» Gewissermassen also transkontinentale Kultur am Seetalplatz.

Die Bevölkerung von Emmen wurde von den Betreibern zudem bereits vor der Eröffnung eingeladen, ihre Vorschläge anzubringen. Die Ideen, aufgelistet auf einem Plakat in einem der Container, reichen von Skatepark über Minigolfanlage bis zu einem Ententeich. Ein etwas kryptischer Wunsch lautet schlicht «Hühner» – in welcher Form wird nicht näher ausgeführt. Catherine Huth: «Es ist ein Experimentierfeld: Wie soll der Seetalplatz künftig aussehen?»

Drei Jahre lang hat die Bevölkerung nun Zeit, ihre Vision des Seetalplatzes zu leben. Dann kommen die Bauarbeiter.

Die Zwischennutzung "Platzhalter" am Seetalplatz öffnete am Samstag seine Tore. In den nächsten drei Jahren soll "NF 49" ein Treffpunkt für die Bevölkerung werden. (Bilder: Jakob Ineichen, Emmen, 15.September 2018).
9 Bilder
Zur Eröffnung wurde wortwörtlich dick aufgetragen.
Farbenfroh soll es beim Seetalplatz werden.
Eine oder zwei Kugeln?
Autor Max Christian Graeff hielt zur Eröffnung eine Platzrede.
 Komponist Dozent Urban Mäder animierte zum rhythmischen Steine-klopfen.
Max Christian Graeff während seiner Platzrede.
Keine Eröffnung ohne Häppchen.
Steine - zum klopfen.

Die Zwischennutzung "Platzhalter" am Seetalplatz öffnete am Samstag seine Tore. In den nächsten drei Jahren soll "NF 49" ein Treffpunkt für die Bevölkerung werden. (Bilder: Jakob Ineichen, Emmen, 15.September 2018).