Sie ist die erste Frau an der Spitze der Luzerner Franziskanerkirche

Gudrun Dötsch übernimmt die Leitung der Pfarrei St. Maria zu Franziskanern in der Stadt Luzern. Die 55-Jährige kämpft für eine menschenfreundlichere Kirche.

Natalie Ehrenzweig
Drucken
Gudrun Dötsch im Pfarrhausgarten Eich, wo sie momentan noch tätig ist.

Gudrun Dötsch im Pfarrhausgarten Eich, wo sie momentan noch tätig ist.

Bild: Manuela Jans-Koch (Eich, 22. November 2019)

«Ich freue mich auf die sehr lebendige Pfarrei. Nach 22 Jahren in Eich ist es schön, noch einmal etwas Neues anzupacken.» Das sagt Gudrun Dötsch, langjährige Gemeindeleiterin der Pfarrei Eich und Leiterin des Pastoralraums Oberer Sempachersee. Im nächsten Sommer wird sie mitten ins Luzerner Stadtzentrum wechseln und als erste Frau die Leitung der Pfarrei St. Maria zu Franziskanern übernehmen. Die 55-jährige Theologin wurde Mitte Dezember vom Grossen Kirchenrat der Kirchgemeinde Luzern gewählt und tritt die Nachfolge von Cornel Baumgartner an, der pensioniert wird.

«Ich wusste schon früh, dass ich mit Menschen arbeiten will. Und wir hatten am Gymnasium einen sehr guten Schulseelsorger. Von 120 Schülerinnen und Schülern haben ganze acht später Theologie studiert», erinnert sich Gudrun Dötsch an ihre Schulzeit in Deutschland. In Freiburg i. Br. schloss sie nach dem Theologiestudium noch ein Studium der christlichen Sozialarbeit an. «Der Bischof von Basel bat dann den Bischof von Freiburg, ihm doch seine Studierenden zu schicken, er könne sie brauchen», meint die Theologin lachend. So hätten sie und ihr Mann, ebenfalls Theologe, sich beworben und seien in Emmenbrücke gelandet. 1998 kamen sie dann nach Eich.

Der Schritt in die Stadt Luzern musste wiederum gut überlegt sein. «Unsere Söhne waren zu Beginn nicht so begeistert davon, diesen schönen Ort zu verlassen», erzählt Gudrun Dötsch. Doch mittlerweile sei auch ihr Mann froh, in Zukunft nicht mehr ganz so viel Arbeit mit dem Kirchengarten zu haben. «In der neuen Wohnung haben wir nicht einmal einen Balkon.»

Die grosse Herausforderung in der Franziskaner-Pfarrei sei nicht anders als in anderen Pfarreien: Wie kann den vielen Kirchenaustritten entgegengewirkt werden? Die Kirche müsse sich wieder mehr den Menschen und ihrem Alltag öffnen, so lautet Gudrun Dötschs Rezept.

«Wir alle sind normale Menschen. Die Kirche legt die Latte, wie wir unser Leben gestalten sollen, sehr hoch.»

Was die Sexualmoral oder auch die Stellung der Frau betrifft, nimmt die Theologin eine gewisse Ungeduld und Resignation bei Gläubigen wahr. «Da muss und wird sich etwas ändern», ist sie überzeugt.

«Ich vermute im Anderen immer Christus»

Entscheidend sei die Haltung, mit der die Kirche und deren Verteter den Menschen gegenübertreten. «Ich vermute im Anderen immer Christus. Werte wie Respekt sind mir wichtig. In diesem Beruf muss man die Menschen gerne haben», betont Gudrun Dötsch. Ihr eigener Glaube und ihr eigenes Vertrauen sei über die Jahre gewachsen. «Das entwickelte sich so durch viel Übung und Erfahrung», erzählt die Kirchenfrau. Die neue Gemeindeleiterin möchte den Menschen in der Pfarrei Bindung anbieten. Sie dort abholen, wo sie sich in ihrem Glauben gerade befinden. «Und die Kirche muss sich als Institution auch fragen: Wie werden wir – wieder – attraktiv? Wie können wir zu einem besseren Zusammenleben beitragen?». Am wichtigsten aber sei, dass sich alle willkommen fühlen.

Das Engagement und die Leidenschaft, mit der Gudrun Dötsch ihren Beruf ausübt, wird in ihren wohlüberlegten und pointierten Ausführungen deutlich. Ein Ausdruck davon ist ihre Tätigkeit als Religionslehrerin. «Ich habe die Kinder immer sehr gerne begleitet, mit ihnen über ihre einfachen, aber doch so schwierigen Fragen geredet. Das ist jeweils die erste Möglichkeit, Kinder eine positive Erfahrung mit der Kirche zu verschaffen.»

Sie freut sich auf Kirchenmusik und Velofahren

Zu ihren Aufgaben als Pfarreileiterin gehört die Organisation des ganzen Kirchenbetriebs. Als Nicht-Priesterin darf Gudrun Dötsch nur ausgewählte Sakramente mittels einer Ausnahmebewilligung spenden. Ihr zur Seite steht der Leitende Priester Hansruedi Kleiber, der diese Aufgabe bereits seit längerem in der Franziskanerkirche ausübt. «Es ist schön, nicht mehr nur Einzelkämpferin zu sein wie in Eich, sondern mit mehr Menschen zusammenzuarbeiten», betont Dötsch.

Noch bis im Sommer werden die Kinder des Pastoralraums Oberer Sempachersee in den Genuss von Gudrun Dötsch kommen. «Dann freue ich mich auf einen neuen Anfang.» Als Musikliebhaberin freue sie sich zudem speziell auf das reiche Kulturangebot der Stadt und die bekannte Kirchenmusik der Franziskanerkirche. «Ausserdem kann ich dann mit dem Velo unterwegs sein», meint sie lachend. Das sei im weitläufigen Pastoralraum am Sempachersee doch nicht so einfach gewesen.