Blitzmerker oder trübe Tasse? Der kanadische Forscher Stanley Coren untersuchte, welche Hunderasse die intelligenteste ist. Er kam zum Schluss, dass der Border Collie diesen Titel verdient hat. Wir haben an der Luzerner Seepromenade bei drei Hundehalterinnen nachgefragt – und erfahren, dass das nicht stimmen kann.
Was haben ein Border Collie, ein Pudel, ein Labrador und ein Rottweiler gemeinsam? Klar - vier Beine, eine feuchte Schnauze und einen Schwanz zum Wedeln. Doch nicht nur das: Sie alle gelten als intelligente Hunde, die dazu neigen, einen neuen Befehl innert kürzester Zeit zu erlernen. Das jedenfalls geht aus einer Studie hervor, die der kanadische Psychologe Stanley Coren 1995 veröffentlicht hatte. Am anderen Ende der 141 Rassen umfassenden Rangliste findet man die Bulldogge, den Basenji und den Afghanischen Windhund – Vierbeiner, die am wenigsten effektiv arbeiten und mehr als 100 Wiederholungen brauchen, um einen neuen Trick zu lernen. Corens Resultate basierten auf Aussagen von Ausbildnern in über 1000 Nordamerikanischen Hundeklubs. Auch unsere Zeitung wollte wissen, wie die Zentralschweizer ihre vierbeinigen Freunde einschätzen, wenn es ums Thema Intelligenz geht.
An einem sonnigen Nachmittag treffen wir Angela Ulrich aus Rotkreuz an der Promenade vor dem Verkehrshaus. Doch nicht nur sie, sondern auch Henry. Henry ist vier Jahre alt, klein und von gedrängter Statur – Kunststück, denn bei Henry handelt es sich um einen Mops. Obwohl Möpse gemäss Coren auf dem 110. Platz rangieren, bis zu 80 Wiederholungen brauchen, um ein neues Kunststück zu lernen, ist sich die 27-Jährige sicher: «Henry ist ein intelligenter Hund.» Wie sie darauf kommt? «Er kann sich alles merken, weiss, wann es zu essen gibt und wo sein Zuhause ist.» Und mit einem Lachen fügt sie an: «Ich glaube, er hat mehr im Kopf als viele Menschen.»
Auch Luisa Conte aus Sempach flaniert an diesem Nachmittag dem Luzerner Seeufer entlang – zusammen mit dem einjährigen Coker Spaniel Tobia. «Ich gehe viel mit ihm raus, spiele viel mit ihm. Er gehört zu mir», so die 50-Jährige. Danach gefragt, ob sie ihren Tobia als schlau bezeichnen würde, entgegnet sie: «Er ist sehr intelligent. Er lernt neue Dinge sehr schnell. Innert kürzester Zeit konnte ich ihm beibringen, wann er sitzen und wann er die Pfote geben muss.» Contes Urteil deckt sich mit den Erkenntnissen von Psychologe Coren. Dieser verortete Coker Spaniel auf dem 24. Platz der Rangliste und klassifizierte diese Kategorie als «exzellent arbeitende Hunde.»
Ungleich schwieriger einzuteilen ist wohl der zweieinhalbjährige Tasi, der gerade einem Ball hinterherjagt, als wir ihn und sein Frauchen Christine Boss vor dem Verkehrshaus treffen. Obwohl Frauchen genau genommen nicht ganz zutreffend ist, denn Tasi gehört Boss’ Partner, die 44-jährige Zürcherin hütet Tasi nur: «Das aber schon regelmässig», meint sie. Weshalb man Tasi schlecht in die corensche Rangliste einteilen kann, zeigt sich beim Gespräch mit Boss: «Er ist ein Mischling aus verschiedenen Rassen wie dem Belgischen Schäfer, Rottweiler und dem Appenzeller Sennenhund.» Das tut der Tatsache laut Boss aber keinen Abbruch, dass es sich bei Tasi um einen smarten Zeitgenossen handelt: «Auch wenn er manchmal seine rebellischen Phasen hat, gehorcht er sehr, sehr gut. Deshalb glaube ich schon, dass Tasi ein intelligenter Hund ist.» Interessant - und wohl Wasser auf die Mühlen von Hundeforscher Coren: Sowohl der Rottweiler (Platz 9), der Belgische Schäferhund (Platz 15) und der Berner Sennenhund (Platz 27) rangieren verhältnismässig weit vorne in der Rangliste.
Dass Tasi eher Blitzmerker als Dumpfbacke ist, beweist er unmittelbar nach unserem Gespräch mit Christine Boss. Artig macht er Platz, noch viel artiger hastet er einem Tennisball hinterher, den Boss wirft. Wer dieses Bild betrachtet, dürfte unweigerlich zum Schluss kommen: Egal, wo ein Hund auf der Intelligenz-Liste rangiert – ist ein Ball im Spiel, sind sie doch alle gleich.