Drei Monate konnte Nelly Hunziker (88) nicht in ihre Wohnung. Mit Schulungen und Behörden- Gipfeltreffen will die Stadt solche Fälle künftig verhindern.
«Klar ist, dass so etwas nicht wieder passieren darf. Ich werde mit allen Beteiligten eine Aussprache organisieren.» Das sagte der Stadtluzerner Sozialdirektor Martin Merki (FDP) zum Fall Nelly Hunziker (Ausgabe vom 31. Juli) und erklärte somit die Angelegenheit zur Chefsache.Was war passiert? Nelly Hunziker, wohnhaft im Betagtenzentrum Rosenberg, konnte drei Monate lang nicht in ihre eigene Wohnung und zu ihren persönlichen Gegenständen. Die Behörden, darunter die Kindes- und Erwachsenschutzbehörde (Kesb), schoben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Unsere Zeitung machte den Fall publik, noch am gleichen Tag erhielt Nelly Hunziker den Schlüssel von der Behörde und konnte wieder in ihre Wohnung. Jetzt, eineinhalb Monate später, hat unsere Zeitung bei Stadtrat Martin Merki nachgefragt, was sich in der Zwischenzeit getan hat. Er sagt: «Der Fall wurde in mehreren Sitzungen mit allen Verantwortlichen aufgearbeitet. Das Problem ist erkannt und gelöst. Und ich kann sagen: Frau Nelly Hunziker geht es bestens.» Seine Analyse kam zum Schluss, dass die Kommunikation nicht gut genug funktioniert hat und dass der Fall deshalb nicht schnell genug gelöst werden konnte. Zu den konkreten Abläufen äussert sich Merki mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz nicht.
Tatsächlich ist es in der Kommunikation zu Fehlern gekommen. So haben zwei Bekannte von Nelly Hunziker über zehn Mal bei der Kesb angerufen, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Die Kesb war involviert, da Nelly Hunziker einen Beistand erhalten hatte. Der Schlüssel blieb aber beim Teilungsamt blockiert, das zuständig für Erbschaften ist. Kurz nach Hunzikers Einzug ins Betagtenzentrum ist ihr Sohn verstorben, dem sie den einzigen Wohnungsschlüssel anvertraut hatte.
Nachdem der Fall gelöst war, fand ein Treffen zwischen den verantwortlichen Behörden und Nelly Hunziker statt. Dabei habe man sich für die Fehler entschuldigt und geklärt, ob das Problem nun gelöst sei, sagt Martin Merki. Für ihn ist klar: «Der Fall ist abgeschlossen.» Er selber war am Treffen nicht anwesend.
Merki betont: «Sowohl die Kesb als auch das Teilungsamt haben ihre gesetzliche Aufgabe jederzeit wahrgenommen.» Zu konkreten Massnahmen, die einen solchen Fall künftig vermeiden sollen, will sich Merki nicht äussern. Er verweist darauf, dass Stadträte zu laufenden Vorstössen in der Regel keine Auskunft geben: Zurzeit ist eine Interpellation von SVP-Grossstadträtin Lisa Zanolla-Kronenberg hängig. In dieser fragt sie unter anderem nach konkreten Massnahmen. Merki sagt einzig: «Welche konkreten Massnahmen getroffen werden, wird der Stadtrat im Rahmen der Beantwortung der Interpellation entscheiden.»
Wie Recherchen unserer Zeitung ergaben, hat die Stadt durchaus konkrete Massnahmen im Visier. So soll die Sozialdirektion neu regelmässige Sitzungen des oberen Kaders der verschiedenen Behörden planen. Geleitet werden sollen diese von Martin Merki persönlich. Geplant ist, dass pro Halbjahr eine Sitzung stattfindet. Zudem sollen interne Schulungen für die Angestellten der Stadt betreffend Kindes- und Erwachsenenschutz organisiert werden. Zur fehlerhaften Kommunikation zwischen den Behörden sagt Merki: «Mein Ziel ist es, dass sich die Verantwortlichen kennen und sich dann einfacher über solche Fälle austauschen können.» Kann der Stadtrat versichern, dass es zu keiner Wiederholung dieses Falles kommt? «Ja», so Martin Merki, «alle Beteiligten sind sich bewusst, was es braucht, damit so etwas nicht mehr vorkommt.»
Raphael Gutzwiller