SPARPAKET: Gemeinden proben den Aufstand

Romoos und Flühli leiden am meisten unter dem Sparplan des Kantons. Auch Agglodörfer sind überdurchschnittlich stark betroffen. Das wollen die Gemeinden nicht akzeptieren.

Lukas Nussbaumer
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10er- bis 1000er-Note: Das Bundesgesetz soll soweit angepasst werden, dass die bestehende Stückelung der Schweizer Banknoten ins Bundesgesetz verankert wird. (Bild: Keystone)

10er- bis 1000er-Note: Das Bundesgesetz soll soweit angepasst werden, dass die bestehende Stückelung der Schweizer Banknoten ins Bundesgesetz verankert wird. (Bild: Keystone)

Lukas Nussbaumer

Die 83 Luzerner Gemeinden sollen während der nächsten vier Jahre netto mit jährlich durchschnittlich 20 Millionen Franken mehr belastet werden. So schlägt es die Regierung im 520 Millionen Franken schweren Sparpaket vor, das im November und Dezember vom Kantonsrat beraten wird. Wie vom Parlament in der Juni-Session verlangt, hat die Regierung erstmals in einem kantonalen Sparpaket aufgelistet, in welchem Mass die einzelnen Gemeinden künftig zusätzlich zur Kasse gebeten werden, aufgeschlüsselt nach Aufgabenbereichen.

In absoluten Zahlen am stärksten betroffen ist die Stadt Luzern: Sie muss mit jährlich rund 4 Millionen Franken Mehrausgaben rechnen. Dahinter folgen Emmen und Kriens (siehe Grafik). Bezogen auf die Zusatzbelastung pro Einwohner, sind jedoch die Entlebucher Gemeinden Romoos und Flühli die grössten Verlierer. Die Zusatzbelastung pro Einwohner beläuft sich auf 158 beziehungsweise 154 Franken – das ist drei Mal mehr als der Durchschnitt aller Gemeinden. Wie in Escholzmatt-Marbach, Schüpfheim und Entlebuch liegt der Grund vor allem bei einer Massnahme: Der Kanton will seinen Anteil an den Unterhalt der Strassen streichen.

Grosse Sorgen in grösster Gemeinde

Dass der Kanton die Gemeinden ausgerechnet in diesem Punkt mehr belasten möchte, bereitet Sabine Wermelinger, Gemeindepräsidentin von Flühli, Sorgen. «Wird diese Sparmassnahme umgesetzt, wäre das negativ für die Weiterentwicklung unserer Gemeinde», sagt Wermelinger. Die flächenmässig grösste Luzerner Gemeinde hat ein entsprechend grosses Strassennetz, auf dessen Unterhalt nicht verzichtet werden könne.

Wie Flühli die Zusatzbelastung von jährlich fast 300 000 Franken – rund 2,5 Prozent des Gemeindebudgets – bewältigen will, werde im Gemeinderat derzeit besprochen. «Wir stehen vor einer grossen Herausforderung. Wahrscheinlich müssen wir Investitionen zurückstellen», sagt Wermelinger. Weil nicht nur Flühli betroffen ist, würden die Entlebucher Gemeinden den Sparplan der Regierung gemeinsam thematisieren.

Finanzausgleich sorgt für Minus

Es gibt auch Gemeinden, die wegen des Verzichts auf die Revision des innerkantonalen Finanzausgleichs bluten müssen: so Ballwil, Sempach sowie die Agglogemeinden Root und Rothenburg. Benno Büeler, Gemeindepräsident von Ballwil, muss jährlich rund 390 000 Franken kompensieren. Das sind mehr als 3 Prozent der letztjährigen Ausgaben der Gemeinde. «Diesen Betrag einzusparen, wird sehr schwierig. Wir werden wohl mit höheren Defiziten rechnen», sagt Büeler.

Die im Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) organisierten Kommunen wollen das kantonale Sparpaket jedoch nicht einfach hinnehmen. Immerhin handelt es sich um die grösste je vom Kanton vorgeschlagene Belastung für die Gemeinden. Der VLG hat deshalb für den 19. Oktober eine ausserordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Und dannzumal könnte Historisches passieren: Erstmals könnte das in der Kantonsverfassung vorgesehene Gemeindereferendum angewendet werden (siehe Kasten).

Gemeinden reden von «Affront»

Armin Hartmann, SVP-Kantonsrat, Gemeindeammann von Schlierbach und beim VLG für das Ressort Finanzen zuständig, sagt: «Ich schliesse nicht aus, dass dieses starke Instrument zur Anwendung kommt.» Möglich sei, dass gleich mehrere von der Regierung vorgesehene Sparmassnahmen bekämpft würden. Das kantonale Sparpaket wird vom VLG als «Affront» gegenüber den Gemeinden bezeichnet.

Der VLG beurteilt vor allem zwei Elemente des Sparprogramms als besonders schwer wiegend: die erwähnte Streichung an den Unterhalt der Gemeindestrassen sowie der Verzicht des Kantons auf Beiträge an die Ergänzungsleistungen zur AHV. Mit der ersten Massnahme fallen für die Gemeinden jährliche Mehrkosten von 10,5 Millionen Franken an, durch die alleinige Zuständigkeit für die Ergänzungsleistungen bis zu drei Mal mehr. Für Hartmann ist klar: «Weil die Gemeinden bei den Ergänzungsleistungen keine Möglichkeiten haben, die Ausgaben zu reduzieren, werden sie letztlich zu Zahlern ohne Kompetenzen abgestempelt.»

Die detaillierte Botschaft der Regierung zum Sparpaket Konsolidierungsprogramm KP 17 finden Sie unter www.luzernerzeitung.ch/bonus

Bild: Quelle: Finanzdepartement des Kantons Luzern / Grafik: Oliver Marx

Bild: Quelle: Finanzdepartement des Kantons Luzern / Grafik: Oliver Marx