SPARPAKET: Komitee will Abbau bei der Bildung verhindern

Die Sparmassnahmen der Stadt Luzern treffen die Schule besonders stark. Jetzt machen Eltern, Lehrer und Politiker mobil gegen diese Kürzungen.

Raphael Gutzwiller
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«Es ist kurzsichtig, bei den Kindern und somit bei der Zukunft zu sparen», Marco Müller, Grüne. (Bild: Neue LZ)

«Es ist kurzsichtig, bei den Kindern und somit bei der Zukunft zu sparen», Marco Müller, Grüne. (Bild: Neue LZ)

Die Stadt Luzern will 14 Millionen Franken sparen. Davon rund 2,5 Millionen Franken in der Bildung (Ausgabe vom 4. September). Grösstes Sparpotenzial sieht der Stadtrat bei der Kürzung der Integrativen Förderung (IF) und von Deutsch als Zweitsprache (DaZ).

Gegen diese Pläne formiert sich nun Widerstand. Ein neu gegründetes Komitee mit dem Namen «Hände weg – kein Sparen auf Kosten unserer Kinder» will diese Sparmassnahmen verhindern. Zudem spricht sich das Komitee auch gegen die geplanten Kürzungen bei der Quartierarbeit aus, welche rund 180 000 Franken sparen soll.

200 Unterschriften bis am Montag

Das Komitee setzt sich aus zehn Personen zusammen. Darunter Marco Müller, Präsident der städtischen Grünen. Weiter sind Lehrpersonen, Eltern sowie Vertreter der Quartiervereine und der Jugendarbeit vertreten. «Das Komitee besteht bewusst nur aus einem Politiker, die andern neun Personen sind Direktbetroffene von der Basis», sagt Marco Müller. Als nächsten Schritt will man nun einen dringlichen Bevölkerungsantrag lancieren. Ein Bevölkerungsantrag wird vom Grossen Stadtrat wie ein Postulat oder eine Motion behandelt. Dazu werden bis am Montag 200 Unterschriften benötigt. Ziel der Initianten ist es, dass das Parlament im Oktober, wenn das Sparpaket behandelt wird, auch über den Bevölkerungsantrag entscheidet.

Marco Müller sagt: «DaZ und IF sind zentrale Elemente in der Integration. Es ist kurzsichtig und falsch, wenn bei den Kindern und somit bei der Zukunft gespart wird. So ist wahrscheinlicher, dass Kinder mit Migrationshintergrund keine Lehrstelle finden und vom Sozialamt leben müssen.»

Lieber im Baubereich sparen

Luzia Bachmann, Kindergärtnerin und Mitglied des Elternrats der Schule Wartegg, gehört ebenfalls dem Komitee an. «Einerseits besteht der Anspruch, verschiedene Kinder in eine Klasse zu integrieren, andererseits erwarten alle Eltern eine optimale Förderung ihrer Sprösslinge», sagt sie. «Diese Anforderungen lassen sich nicht mit Pensenkürzungen der zuständigen Lehrpersonen vereinbaren.» Bachmann spricht davon, dass die Stadt ihre Strategie immer wieder wechsle. «Man hat sich für die integrative Förderung entschieden. Dies jetzt einfach zu kürzen macht wenig Sinn.» Bachmann schlägt statt Sparmassnahmen in der Bildung solche im Baubereich vor. «Dort scheint der Anspruch einiges höher zu sein als im Bildungsbereich. Das ist fragwürdig.»

Primarlehrer Jeremias Duss sagt: «Wenn man die integrative Förderung macht, dann richtig. Durch diese Kürzungen wird man den Bedürfnissen der Kinder nicht mehr gerecht.» IF-Lehrpersonen kümmern sich insbesondere um lernschwache sowie äusserst begabte Kinder. Doch auch der Durchschnitt leide unter den Sparmassnahmen, glaubt Duss. «Klassenlehrer werden künftig mehr Zeit für die Lernschwachen aufwenden müssen, dadurch kommen die anderen Kinder zu kurz.» Duss kritisiert auch die Sparmassnahmen bei Deutsch als Zweitsprache: «Es hängt viel von Sprachkenntnissen ab. Wenn Kinder mit Migrationshintergrund die Sprachen weniger gut lernen, steigt das Risiko, dass sie dem Staat künftig auf den Schultern sitzen.»

Das Komitee erhält von der SP Zuspruch. Sie hatte sich bereits zuvor in einer Medienmitteilung negativ zu Sparmassnahmen im Bildungsbereich geäussert. So sagt René Meier, SP-Mitglied in der Bildungs­kommission des Grossen Stadtrats: «Ein Pensenabbau in der integrativen Förderung ist ein No-Go.» Ebenfalls unterstützt die SP die Absicht, die Kürzungen bei der Quartierarbeit und bei Deutsch als Zweitsprache zu verhindern. «Für Integration ist das äusserst wichtig», sagt Meier.

Bürgerliche halten am Sparen fest

Anders klingt es bei den übrigen Parteien, die am Sparpaket festhalten möchten. GLP-Fraktionschef Andràs Özvegyi sagt: «Natürlich hat jeder seine persönlichen Interessen, ein Auseinanderreissen des Pakets erachte ich aber als schwierig.» Die CVP unterstützt das Sparpaket des Stadtrats ebenfalls. Mirjam Fries, Mitglied in der Bildungskommission, sagt: «Die Sparmassnahmen sind verantwortbar. Die kantonalen Vorgaben werden in Bezug auf IF und DaZ immer noch mehr als erfüllt.» Sie gehe davon aus, dass der Bildungsauftrag noch immer mit hoher Qualität erfüllt werden könne.

SVP will Quartierarbeit abschaffen

Sandra Felder-Estermann, die für die FDP in der Bildungskommission sitzt, sagt: «Die integrative Förderung wurde neu eingeführt. Nun ist man geübter, Vergleichszahlen vom Kanton liegen vor. Eine Anpassung ist angebracht und legitim.» SVP-Fraktionschef Marcel Lingg sieht das ähnlich: «Die Stadt liegt auch dann noch über dem kantonalen Durchschnitt, wir unterstützen die Massnahmen vollumfänglich.» Mehr noch: Im Bereich der Quartierarbeit möchte die SVP eine stärkere Kürzung. «Die Quartierarbeit braucht es überhaupt nicht, wir möchten sie abschaffen», sagt Marcel Lingg.

Raphael Gutzwiller