In der Liegenschaft Auf Musegg 1 kehrt Ruhe ein: Die Aktivisten haben die besetze Remise verlassen. Und: Ihre Aktion war erfolgreich – der Luzerner Stadtrat will den Besetzern die geforderten Räume zur Verfügung stellen.
Kilian Küttel
kilian.kuettel@luzernerzeitung.ch
Das Ende gleicht dem Anfang, der Abgang dem Auftritt: In der Nacht auf Montag hat die Aktivistengruppe «Pulpa» die Remise an der Museggmauer verlassen. 30 Tage lang hielt sie diese besetzt: Am 8. April waren die Aktivisten ins Gebäude eingebrochen, ebenfalls zu nachtschlafender Stunde. Dabei schlugen sie eine Fensterscheibe ein. Auch die darauffolgende Besetzung war illegal. Nichtsdestotrotz droht den Aktivisten kein rechtliches Nachspiel. Im Gegenteil: Sie bekommen ihren Willen. «Ziel ist es, der Gruppe zu ermöglichen, ihre Ideen in einem legalen Rahmen zu verwirklichen. Die Stadt prüft deshalb zurzeit verschiedene Optionen, um der Gruppe andere geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen», schreibt die städtische Baudirektion in einer Mitteilung vom Montagvormittag.
Auf Anfrage unserer Zeitung sagt Baudirektorin Manuela Jost: «Die Gespräche mit den Aktivisten waren sehr konstruktiv, zielführend und zu jeder Zeit von Anstand und Respekt geprägt.» Die Stadt Luzern pflege eine Kultur des offenen Dialogs, weshalb man sich für einen einvernehmlichen Weg entschieden und von einer Strafanzeige abgesehen habe. Die Bedingung war jedoch, dass die Aktivisten die Remise freizugeben haben. Was bekanntermassen geschah.
Im Gegenzug sucht die Stadt nun also nach Räumen, in denen Pulpa ihr gefordertes Begegnungszentrum schaffen kann. Wo das sein wird, wollte Jost am Montag nicht bekanntgeben. Klar aber ist, dass die Remise nicht als Treffpunkt dienen wird. Der oberste Stock, welche die Besetzer in Beschlag genommen hatten, ist mit Schimmel überzogen. Nun will die Stadt die Remise vom Schimmel befreien und ein Gesamtkonzept für die ganze Liegenschaft erstellen. «Möglich wäre, dass bei einer vorgezogenen Teilsanierung der Remise, diese für eine Zwischennutzung vermietet werden könne», erklärt Jost. Weiter ins Detail konnte Jost am Montag nicht gehen. Punkte wie Zeitplan und Kosten seien noch nicht klar und würden momentan diskutiert.
Was sagen die Besetzer zu ihrem Erfolg? Gar nichts. Anfragen unserer Zeitung führen ins Leere, E-Mails bleiben unbeantwortet, die Telefonnummer, von der aus die Besetzer in Kontakt mit der Öffentlichkeit traten, ist nicht mehr aktiv. Eine Einschätzung wäre zweifelsohne interessant gewesen – besonders vor dem Hintergrund, dass die illegale Aktion mit einem Erfolg belohnt wurde. Denn in der Stadtluzerner Politlandschaft sorgte die Besetzung für Diskussionen, bot Gesprächsstoff für die Parteistuben und löste Vorstösse von verschiedenen Seiten aus. So erntete der Stadtrat sowohl Zuspruch als auch Kritik, als er weiterhin nicht eingriff, obwohl die Besetzer ein Ultimatum zur Räumung verstrichen liessen. Wie zum Beispiel von der Stadtluzerner SP: «Wir unterstützen das Vorgehen des Stadtrats und sind froh, dass er einen ersten Entscheid – also das Ultimatum – noch einmal überdacht hat», sagte so SP-Präsident Claudio Soldati. Demgegenüber empörten sich bürgerliche Politiker. Man untergrabe den Rechtsstaat, toleriere illegales Verhalten, so der Vorwurf. Der Stadtluzerner SVP-Präsident Dieter Haller bezeichnete das Bild, welches der Stadtrat abgäbe, gar als «erbärmlich».
Am Schluss bleibt eine weitere Frage: Öffnet der Stadtrat mit seinem Verhalten nicht Tür und Tor für Nachahmer, wenn er eine illegale Aktion mit einem Erfolg belohnt? Manuela Jost bestätigt, dass das Verhalten illegal und somit nicht tolerierbar war. Auf die Frage nach der Präzedenzwirkung sagt sie trotzdem: «Erstens kann man nichts verallgemeinern und muss von Fall zu Fall beurteilen. Und zweitens bin ich der festen Überzeugung, dass der Weg des Dialogs der erfolgversprechendste ist.»