Stadt Luzern
«Die Schwelle für ein Demoverbot ist extrem hoch»: Adrian Borgula verteidigt Vorgehen der Stadt nach Coronademo

Luzerns bisher grösste Coronademo sorgt für kritische Fragen im Stadtparlament.

Robert Knobel
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Freiheitstrychler ziehen über den Mühlenplatz: Bild von der Demo vom 31. Juli.

Freiheitstrychler ziehen über den Mühlenplatz: Bild von der Demo vom 31. Juli.

Keystone

Am 31. Juli 2021 kam es in der Stadt Luzern zu einer Grossdemo. Dem Aufruf des «Aktionsbündnisses Urkantone» folgten etwa 5000 Personen. Sie protestierten gegen die Coronamassnahmen. Gleichzeitig gab es aus linken Kreisen eine Gegendemo mit etwa 100 Teilnehmenden. Beim Inseli kam es zu einem Angriff auf einen Polizisten, der verletzt wurde. Zwei Personen aus dem Umfeld des «Aktionsbündnisses Urkantone» wurden festgenommen.

«Der ganzen Stadt auf der Nase herumgetanzt»

Die SP der Stadt Luzern wollte vom Stadtrat wissen, weshalb die Demo des Aktionsbündnisses überhaupt bewilligt wurde – zumal auch Rechtsextreme an der Kundgebung mitgemischt hätten. Zudem sollen Äusserungen gefallen sein, die den Holocaust verharmlosen – unter anderem sollen Bildnisse von Anne Frank gezeigt worden sein. «Diese Leute sind der Stadt und der ganzen Bevölkerung auf der Nase herumgetanzt», ärgert sich Claudio Soldati (SP).

Der Stadtrat argumentiert, er habe das Demogesuch des Aktionsbündnisses sorgfältig geprüft und keinen Grund gesehen, eine Bewilligung zu verweigern. Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sich die Gesuchsteller in der Vergangenheit nicht korrekt verhalten hätten. Ein Restrisiko bleibe immer, sagte Stadtrat Adrian Borgula (Grüne):

«Wir können ja nicht voraussehen, wer alles kommt.»

Für Claudio Soldati ist dies eine naive Sichtweise: Man könne bei einer Demobewilligung nicht einfach nur die Gesuchsteller beurteilen, sondern müsse das gesamte Gefahrenpotenzial im Auge haben. Das tue man durchaus, so Adrian Borgula. Aber:

«Wir können eine Demo nur verbieten, wenn das Risiko von Gewalt sehr hoch ist. Die Schwelle ist dabei extrem hoch.»

Diese grosse Zurückhaltung beim Verbieten von Demos sei auch vom Bundesgericht gestützt, so Borgula. Er selber sei im Nachgang der Demo vom 31. Juli persönlich angezeigt worden: Borgula wurde vorgeworfen, er habe die Gefahr einer Gewalteskalation ignoriert. Die Staatsanwaltschaft sei auf die Anzeige aber nicht eingetreten.

Für Claudio Soldati ist klar: «Wir wollen keine Antidemokraten und keine Nazis auf Luzerns Strassen. Es ist Aufgabe der Stadt, dafür zu sorgen, dass das nicht mehr passiert.» Thomas Gfeller (SVP) entgegnete:

«Da müsste man sofort alle 1.-Mai-Demos absagen. Diese hinterlassen jeweils ebenfalls Tumulte und hohe Kosten.»

Andreas Felder (Mitte) fand: «Es gehört zu unserer Demokratie, dass man verschiedene Meinungen aushalten muss.» Es lasse sich gleichzeitig nicht immer verhindern, dass einzelne Personen Parolen äussern, «die in einer Demokratie nichts verloren haben».

Adrian Borgula äusserte sich auch zu den «Montagsspaziergängen», bei denen Massnahmegegner jeweils unbewilligt in Luzern demonstrieren. Die Stadt reagiere hier systematisch mit Anzeigen an die Staatsanwaltschaft. Bis zum heutigen Zeitpunkt seien 16 dieser «Spaziergänge» entsprechend geahndet worden.