Bruno Koch tritt nach 26 Jahren als ABL-Geschäftsleiter ab. In dieser Zeit haben sich nicht nur die Baugenossenschaft, sondern auch die politischen Rahmenbedingungen stark verändert.
Stefan Dähler
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Die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (ABL) boomt. Rund 11 000 Mitglieder zählt sie, sie ist damit klar die grösste Luzerner Genossenschaft. Als Bruno Koch vor 26 Jahren Geschäftsleiter wurde, waren es etwa halb so viele. «Das ist schon ein bisschen verrückt», sagt er dazu. Doch das ist nicht die einzige Veränderung, die der 64-Jährige in den letzten Jahren miterlebt und mitgeprägt hat.
«Wir hatten früher ein verstaubtes Image, standen für alte Leute und billige Mieten», sagt Koch. «Damals wurden Wohnungen nur vereinzelt saniert: hier eine Küche, da ein Bad.» Heute würden Liegenschaften als Ganzes umgebaut und aufgewertet. Dadurch sind auch Mietwohnungen im mittleren und höheren Preissegment entstanden. Eine grosse Dachwohnung in der Überbauung Neuweg/Bleicherstrasse etwa kostet 3500 Franken pro Monat.
Das hat auch für Kritik gesorgt – «vor allem von jungen Linken», sagt Koch, der selbst nie in einer Partei Mitglied war, obwohl die ABL früher der SP sehr nahe stand. Auch bei Neubauten sorgte die Preispolitik für Diskussionen. Für Koch ist dies aber der richtige Weg. «Bei der Eröffnung der Tribschenstadt vor elf Jahren galten 1850 Franken für eine 4,5-Zimmer-Wohnung als teuer. Heute ist das günstig für diese Lage.» Man lege jeweils Wert auf qualitativ hochwertige Bauten, die lange halten. «Dadurch sind die Mieten anfangs höher geworden, dafür steigen sie danach nicht mehr.»
Generell dürfe man gemeinnützige Genossenschaftswohnungen nicht mit Sozialwohnungen verwechseln. «Bei uns wohnen zwar Sozialhilfebezüger, aber auch reiche Leute sind willkommen.» Eine Einkommensobergrenze für Mitglieder sei kein Thema. Koch betont zudem, dass die ABL weiterhin sehr günstige Wohnungen anbiete und die Mieten für Neubauten immer noch unter dem Marktpreis liegen würden.
Stark verändert hat sich nicht nur die Genossenschaft selbst, sondern auch das politische Umfeld. Die 2012 angenommene Initiative für zahlbaren Wohnraum fordert, dass der Anteil gemeinnütziger Wohnungen in der Stadt Luzern bis 2037 auf 16 Prozent steigt. Dazu sind rund 2000 zusätzliche Wohnungen nötig. «Das ist unrealistisch», sagt Koch. «Dafür müssten andere Bauträger ihre Tätigkeit einstellen, was unmöglich ist.» Dennoch begrüsse die ABL die Förderung der Genossenschaften natürlich.
Auf der anderen Seite gibt die Stadt ihre Grundstücke aber praktisch nur noch im Baurecht ab. «Das ist für uns mühsam», sagt Koch. Kauft man Land, muss man zwar mehr Geld auf einmal investieren. «Doch wenn der Baurechtszins vom Landwert abhängt, steigt dieser laufend.» Bei der Tribschenstadt etwa habe man zu Beginn 280 000 Franken jährlich bezahlt, nun seien es 400 000 Franken. «Die Stadt kann das Land später dennoch zu einem hohen Preis verkaufen.»
Gefragt nach der grössten Veränderung in den letzten 26 Jahren, nennt Koch jedoch die Kommunikation. «Früher hat der Vorstand etwas beschlossen, und so war’s. Kommuniziert wurde dies kaum.» Heute seien die Genossenschafter kritischer, würden viel mehr Fragen stellen. «Das ist positiv, bedeutet aber auch mehr Aufwand.» Die ABL investiert pro Jahr rund 180 000 Franken in ihr Mitgliedermagazin, hinzu komme der Aufwand von Mitarbeitern für Anfragen, der sich kaum beziffern lasse.
Wie wird sich die ABL in Zukunft entwickeln? Derzeit investiert sie so viel wie noch nie. Die Siedlung Himmelrich befindet sich im Bau, weitere Projekte sind im Maihof, an der Bernstrasse oder an der Industriestrasse geplant (wir berichteten). Koch rechnet damit, dass die ABL in zehn Jahren rund 2600 Wohnungen anbieten wird – heute sind es 2100. Das reicht aber immer noch nicht für alle 11 000 Mitglieder. «Es gibt teils bis zu 50 Bewerbungen für eine Wohnung. Aber nicht alle Genossenschafter sind akut auf Wohnungssuche.» Viele spekulieren eher langfristig auf eine Wohnung oder sind Mitglied, weil sie auf ihre Einlagen bei den derzeit tiefen Zinsen eine höhere Rendite erhalten als bei den Banken. Die ABL wiederum kann das Geld in die Bauprojekte investieren. Allein im Himmelrich sind es 170 Millionen Franken.
Bruno Koch wird diese Entwicklungen nun nicht mehr als Hauptakteur mitverfolgen. Am 1. Mai hat Martin Buob offiziell die Geschäftsleitung übernommen. Koch, der, um seine Unabhängigkeit zu wahren, übrigens nie in einer ABL-Wohnung gelebt hat, geht zwar noch nicht ganz in Pension. «Ich werde im Hintergrund noch einige Tätigkeiten für die ABL ausführen», sagt er. «Doch ich freue mich, nun mehr Zeit für mein Privatleben zu haben.»