Für die Rente von Stadträtin Ursula Stämmer muss die Stadt Luzern nächstes Jahr 1,1 Millionen Franken hinblättern. Ihre Amtskollegen hingegen werden deutlich weniger erhalten.
Beatrice Vogel
Stadträtin Ursula Stämmer (SP) hat per Ende Legislatur ihren Rücktritt angekündigt. Sie ist seit dem Jahr 2000 im Stadtrat und damit mit Abstand das amtsälteste Mitglied der Stadtregierung. Dieser Umstand wird sich für Ursula Stämmer bei ihrem Rücktritt auch finanziell auszahlen. Sie ist nämlich die letzte Stadträtin, die noch von einem alten Rentensystem profitiert.
Und dieses hat es in sich: Alt Stadträte, die vor 2004 im Amt waren, erhalten eine lebenslängliche Rente, die monatlich direkt aus der Stadtkasse bezahlt wird. Damit soll unter anderem der Umstand kompensiert werden, dass sie während ihrer Amtszeit keine Pensionskassengelder einzahlten. Bei den Rentenbezügern handelt es sich nicht nur um ehemalige Stadträte, sondern auch um Luzerner Bürgerräte und Littauer Gemeinderäte. Insgesamt 22 ehemalige Amtsträger oder deren Witwen profitieren heute noch davon. Unter ihnen ist auch die ehemalige Stadträtin Irene Hartmann, welche im Jahr 2000 nach nur vier Jahren im Amt abgewählt wurde. Die damals 47-Jährige erhält seither eine Rente von jährlich 118 000 Franken. Im letzten Jahr gab die Stadt insgesamt 1,65 Millionen Franken für die 22 Renten aus.
Die lebenslängliche Rente beträgt 50 bis 60 Prozent des Lohnes, den die Person während der Amtszeit erhielt. Da Ursula Stämmer Stadträtin wurde, als diese Regelung noch galt, kommt nun auch sie in Genuss dieser Leistungen. Allerdings gilt für die Stadträte, die zum Zeitpunkt der Rentenreform im Amt waren, eine Übergangsregelung. Sie erhalten nicht eine lebenslange Rente aus der Stadtkasse, sondern eine Extraeinlage in die Pensionskasse: Ursula Stämmers Pensionskasse wird 2016 mit einer einmaligen Zahlung von 1,1 Millionen Franken aus der Stadtkasse aufgestockt. Zusammen mit den bereits angesparten PK-Beträgen erhöht sich so Stämmers Pensionskassenguthaben auf insgesamt 2,64 Millionen Franken. Das ist genug, um ihr eine PK-Rente zu garantieren, die ungefähr so hoch ist wie bei ihren Vorgängern. Konkret werden dies 11 400 Franken pro Monat sein. «Die Stadt bezahlt der Pensionskasse einmalig den Betrag von rund 1,1 Millionen Franken. Diese zahlt dann die monatliche Rente aus», erklärt Christoph Nick, Stabschef Finanzdirektion. Bei der Berechnung von Stämmers Rente wurde ihr Lohn von 2004 als Basis genommen – das waren rund 228 000 Franken. Zum Vergleich: Ab 2016 verdienen die Stadträte noch 200 000 Franken pro Jahr.
Das alte Rentenreglement stammte aus dem Jahr 1972 und war wie erwähnt bis 2004 in Kraft. Auch für die übrigen Stadträte, die zur Zeit der Reglementänderung im Amt waren, kam das Modell Stämmer zum Tragen: Ex-Stadtpräsident Urs W. Studer sowie Ruedi Meier, Franz Müller und Kurt Bieder erhielten bei ihrem Rücktritt eine Extraeinlage in die Pensionskasse.
Ganz anders die amtsjüngeren Stadträte, die heute im Amt sind: Deren Rentenleistungen werden deutlich bescheidener ausfallen. «Heutige Stadträte werden eine 13 bis 16 Prozent tiefere Rente haben als jene vor 2004», sagt Christoph Nick. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern zahlen die Stadträte heute ganz normal PK-Gelder von ihrem Lohn ein. Davon können sie ab dem Pensionsalter profitieren. Wer vorher aus dem Stadtrat ausscheidet, erhält von der Stadt eine Überbrückungsrente bis zum 62. Altersjahr. Haben Ex-Stadträte nach ihrem Ausscheiden eine neue Einkommensquelle, fällt die Überbrückungsrente schon vorher weg.
Die Überbrückungsrente ist zudem an weitere Bedingungen geknüpft: Will ein Stadtrat davon profitieren, muss er beim Rücktritt älter als 55-jährig und 12 Jahre im Amt sein. Oder älter als 60-jährig und 8 Jahre im Amt. In diesem Fall erhält er 56 Prozent seines letzen Lohnes. Bei einem Stadtratslohn von 200 000 Franken wären dies demnach 112 000 Franken pro Jahr; für den Stadtpräsidenten 123 000 Franken. Ein Beispiel: Würde Adrian Borgula 2020 zurücktreten, wäre er dann acht Jahre im Amt und 61 Jahre alt. Somit hätte er die Bedingungen erfüllt und erhielte noch während eines Jahres die 112 000 Franken Überbrückungsrente (siehe Tabelle). Tritt Borgula erst 2024 zurück, ist er über 62 und somit nicht mehr berechtigt, Sonderleistungen zu beziehen. Gerade umgekehrt ist es bei Manuela Jost: Tritt sie 2020 zurück, ist sie zwar älter als 55, aber erst acht Jahre im Amt. Sie erhält also nichts. Tritt sie 2024 zurück, ist sie 61 und erhält noch eine Jahresrente.
Viel mehr erhalten die Stadträte im Falle einer Abwahl bei den nächsten Wahlen 2016. Bei einer Abwahl erhalten Stadträte Geld, sofern sie über 50 oder mindestens acht Jahre im Amt sind. Dann haben sie Anspruch auf jährlich 40 bis 56 Prozent ihres letzten Lohnes. Der Anspruch ist umso höher, je länger ein Stadtrat im Amt war. Und auch diese Leistung gibt es bis zum 62. Altersjahr. Manuela Jost als jüngstes Stadtratsmitglied würde in diesem Fall am längsten profitieren und insgesamt 864 000 Franken erhalten. Der älteste, Adrian Borgula, würde die Rente vier Jahre weniger lang beziehen und käme noch auf 480 000 Franken.