Stadt Luzern übernimmt Kartonsammlung – Jugendvereine erhalten trotzdem Geld

Die Jugendorganisationen der Stadt Luzern dürfen keine Kartonsammlung mehr durchführen. Das Parlament pocht jedoch darauf, dass sie trotzdem finanziell unterstützt werden.

Beatrice Vogel
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Bei der Frage nach der Kartonsammlung herrschte im Luzerner Stadtparlament seltene Einigkeit.

Bei der Frage nach der Kartonsammlung herrschte im Luzerner Stadtparlament seltene Einigkeit.

Bild: Manuela Jans-Koch
(Luzern, 10. September 2020)

Es bleibt dabei: Die Stadtluzerner Jugendvereine werden künftig keinen Karton mehr einsammeln. Diese Aufgabe übernimmt künftig das Strasseninspektorat. Ebenfalls beschlossen ist, dass die Vereine weiterhin finanziell unterstützt werden. Einzig offen ist noch, wie die finanziellen Beiträge getätigt werden – denn es fehlt eine rechtliche Grundlage dafür – und ob die Vereine weiterhin Arbeitseinsätze für die Öffentlichkeit übernehmen. Dafür hat das Luzerner Stadtparlament am Donnerstag gleich drei dringliche Vorstösse, dem Vorschlag des Stadtrats entsprechend, als Postulate ganz oder teilweise überwiesen.

Selten waren sich die Fraktionen des Grossen Stadtrats von links bis rechts so einig. Das gemeinsame Ziel: Die Jugendvereine sollen weiterhin finanziell unterstützt werden, obwohl sie keinen Karton mehr sammeln. Den Jugendorganisationen wie Blauring, Jungwacht und Pfadi entgehen damit wichtige Einnahmen von total rund 200'000 Franken im Jahr.

Neue Rechtsgrundlage und Budgetkredit nötig

Der Stadtrat schreibt in seiner Antwort auf die drei Vorstösse, es gebe keine anderen Arbeiten, die für die Jugendorganisationen Beiträge in so hohem Umfang generieren würden. Deshalb will er finanzielle Beiträge unabhängig von Arbeitseinsätzen ausrichten. Allerdings brauche es dazu noch diverse Abklärungen. Denn: «Ab 2021 werden die Beiträge nicht mehr im Rahmen der bisherigen Spezialfinanzierung Abfallbewirtschaftung ausbezahlt werden können.» Sie benötigen vielmehr eine neue Rechtsgrundlage sowie einen Budgetkredit. Nicht möglich sei es, den Betrag von 200’000 Franken im Rahmen der bestehenden Globalbudgets zu kompensieren.

Unabhängig davon sollen mögliche Arbeitseinsätze für die Jugendvereine geprüft werden. Einige Ideen gibt es bereits: Mitarbeit und Mitorganisation bei Sensibilisierungskampagnen wie «Luzern glänzt», Unterstützung bei Grossanlässen, wo viele freiwillige Helferinnen und Helfer erforderlich sind, wie dem Lucerne Marathon, dem Stadtlauf, oder dem Luzerner Fest sowie freiwillige Einsätze bei der Stadtgärtnerei oder beim Umweltschutz.

Parlamentarier zweifeln an Sicherheitsmängeln

Mehrere Voten fielen dazu, dass der Stadtrat die mangelnde Sicherheit als Hauptgrund dafür nannte, dass den Vereinen die Kartonsammlung entzogen wird. «Es wäre sicher möglich, die Sicherheit der Jugendlichen zu erhöhen», fand etwa Patrick Zibung (SVP):

«In Anbetracht dessen, dass das Stimmrechtsalter 16 wohl bald eingeführt wird, sollte man den Jugendlichen nicht die Kompetenz zum Kartonsammeln entziehen.»

Seine Fraktion hätte es deshalb bevorzugt, wenn die Kartonsammlung weiter von den Jugendlichen durchgeführt würde, so Zibung. Das sah Simon Roth (SP) ähnlich: «Die Jugendlichen übernehmen grosse Verantwortung bei der Organisation von Anlässen und Lagern. Das sollte eine Rolle spielen bei den Erwägungen.»

Christian Hochstrasser (Grüne) betonte derweil, dass immer ein Restrisiko bleibt, «egal, was man macht». Nicht nur für ihn war jedoch das Wichtigste, dass die finanzielle Unterstützung nahtlos gewährleistet ist: «Wir erwarten, dass dieser Beitrag nächstes Jahr im Budget auftaucht.» Derweil betonte Michael Zeier (CVP), dass die Jugendvereine nicht nur Verantwortungsbewusstsein und Integration fördern. Sie seien auch aus einem anderen Grund unterstützenswert:

«Viele hier im Rat waren selbst in so einem Verein und sind deswegen politische Menschen geworden.»

Sozial- und Sicherheitsdirektor Martin Merki (FDP), betonte, dass sich der Stadtrat den Entscheid nicht leichtgemacht habe, sondern schon seit Jahren darüber diskutiere. Dennoch: «Die Sicherheit steht im Vordergrund.» Und Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) ergänzte: «Der Stadtrat hat die Verantwortung, nicht das Parlament. Und wir haben entschieden, dass wir die Situation nicht weiter verantworten können.» Borgula räumte zudem ein, dass die Kommunikation relativ abrupt und nicht optimal gelaufen sei. «Aber wir hatten ein gutes Gespräch mit den Vereinen, die danach keinen Anlass sahen, sich zu wehren.»

Darüber hinaus anerkenne der Stadtrat die Bedeutung der Jugendorganisationen, sagte Merki – selbst ehemaliger Pfader. Man werde mögliche Arbeitseinsätze als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung prüfen:

«Das sollen aber sinnvolle Tätigkeiten sein, nicht einfach Arbeitsbeschaffung.»