Stadt Luzern
Die «Familie Eichwäldli» verlässt die Soldatenstube – Gebäude wird noch im Sommer abgerissen

Die Bewohnerinnen und Bewohner der alten Soldatenstube geben auf: Sie verlassen das Gebäude am Murmattweg 2. Die Stadt will den Abbruch nun «unverzüglich» vorbereiten.

Simon Mathis
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Die Wagenburg, wo ein Teil der Eichwäldlibewohner nun leben wird.



Bild: Eveline Beerkircher (Luzern, 21. Juni 2021)

Montagnachmittag. Zwei Personen stehen vor dem Eingang der alten Soldatenstube am Murmattweg 2. Sie schrauben das weisse, runde Adressschild von der Holzfassade und packen es ein. Es wirkt wie eine letzte, stumme Abschiedsgeste – von einem Gebäude, das die Stadt Luzern als Eigentümerin abreissen will.

Über mehrere Jahre haben sich die Bewohnerinnen und Bewohner gegen diesen Abriss gewehrt. Sie wollten darin weiterleben und haben alle Register gezogen, blieben gegen den Willen der Stadt im Gebäude, gingen rechtlich gegen das Ausweisungsgesuch der Stadt vor. Nun geht der Kampf der selbsternannten «Familie Eichwäldli» zu Ende. Am Sonntagabend verkündete die Gruppe auf dem Nachrichtendienst Instagram, das Haus zu verlassen. «Schief ist schön — wir gehen», heisst es da.

Auszug schon seit Wochen im Gang

«Die letzten Wochen haben wir Unmengen von Material aus dem Haus getragen», schreiben die Bewohnerinnen und Bewohner. Sie hätten «viel verschenkt, viel geweint, viel geschrien». Weiter schreiben sie:

«Wir haben keine Lust, uns länger blockieren zu lassen, keine Lust auf bornierte Stürmereien, langweilige behördliche Sturheit, all die ‹das ist leider Unmöglichs› dieser Welt können uns gestohlen bleiben.»

Begleitet wird der Text von einem Bild, das ein Lagerfeuer vor der Soldatenstube zeigt — offenbar eine Abschiedsfeier.

Was die «Familie» schreibt, stimmt. Am Montagmorgen hatten die Bewohnerinnen und Bewohner alle Hände voll zu tun mit dem Auszug. Einige von ihnen zogen in die benachbarte Wagenburg, einige haben laut eigenen Angaben anderswo eine Wohnung gefunden.

Zimmer sind leer geräumt

Um 15.30 Uhr ist es bereits still beim Eichwäldli. Eine Handvoll Leute geht ums Gebäude, die letzten Sachen werden mitgenommen. Die Schlüsselübergabe mit der Stadt habe bereits stattgefunden, sagt eine Person auf Anfrage. Sie riegelt einen Teil des Gitters ums Eichwäldli ab. Wer will, kann das Grundstück und das Haus aber noch immer betreten.

Die Zimmer des Wohnhauses sind leer geräumt, Sperrmüll stapelt sich in einer Mulde vor dem Haus.

Die verlassene Soldatenstube am Murmattweg 2.

Die verlassene Soldatenstube am Murmattweg 2.

Bild: Eveline Beerkircher (Luzern, 21. Juni 2021)

Der Gemeinschaftsraum – die eigentliche Soldatenstube – ist mit einer Holzwand abgesperrt. Ein Briefkasten vor dem Gitter erinnert noch an die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner. Es ist das leise Ende einer lauten politischen Kontroverse.

Vorbereitung für Abbruch startet «unverzüglich»

Laut Luzerner Stadtrat hat die «Familie» im Verlauf des Montags das Gebäude verlassen und die Schlüssel der Stadt Luzern übergeben. «Die Vorbereitungsarbeiten für den Abbruch starten unverzüglich», heisst es in einer Mitteilung. Je nach Bauverlauf und Wetter soll der Rückbau noch diesen Sommer abgeschlossen werden.

Gleichzeitig will der Stadtrat den partizipativen Prozess zur Nachnutzung des Areals fortsetzen – mit dem Quartierverein Obergrund, dem Verein Brache Eichwäldli (KuBra) und Vertretungen der «Familie Eichwäldli». Auf die Frage, weshalb sich die Stadt weiterhin mit der «Familie» austauscht, sagt Stadträtin und Baudirektorin Manuela Jost (GLP): «Den partizipativen Prozess haben wir bereits vor längerem angestossen, wir sehen keinen Grund, einzelne Interessenten auszuschliessen.»

Laut Jost haben nämlich auch Mitglieder der «Familie Eichwäldli» Interesse bekundet, sich an der künftigen Gestaltung des Geländes zu beteiligen – allerdings ohne Erhalt der Soldatenstube, wie Jost betont. Die Schlüsselübergabe sei reibungslos verlaufen, berichtet sie.

«Das Haus ist geräumt und sauber.»

Zu Bussen sei es nicht gekommen, sagt Jost. Das strafrechtliche Verfahren wegen Hausfriedensbruch laufe noch. «In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen wird der Stadtrat die Situation neu beurteilen.» Zur Erinnerung: Es war der Stadtrat, der Mitte Februar Strafanzeige erstattet hat. Die Bewohnerinnen und Bewohner hingegen haben stets bestritten, Hausbesetzer zu sein.

Im zivilrechtlichen Verfahren hat das Kantonsgericht am 7. Juni entschieden, dass die «Familie Eichwäldli» die Liegenschaft am Murmattweg 2 zu räumen und zu verlassen habe. Das Kantonsgericht bestätigte den vorinstanzlichen Entscheid des Bezirksgerichts.

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