STÄNDERAT: Roland Fischer: «Ich bin spontaner geworden»

Der Nationalratssitz von GLP-Exponent Roland Fischer wackelt heftig. Trotz der Turbulenzen will er den Sprung ins Stöckli wagen.

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Strategisches Denken legt Roland Fischer nicht nur beim Backgammon-Spiel in Luzern an den Tag. Für den GLP-Nationalrat brauchts dieses auch in der Politik. (Bild: Nadia Schärli)

Strategisches Denken legt Roland Fischer nicht nur beim Backgammon-Spiel in Luzern an den Tag. Für den GLP-Nationalrat brauchts dieses auch in der Politik. (Bild: Nadia Schärli)

Roland Fischer ritt die Erfolgswelle, welche die Grünliberale Partei vor vier Jahren erfasste, an vorderster Spitze mit. Nicht nur dass die GLP bei den kantonalen Wahlen auf einen Schlag sechs Mitglieder in den Luzerner Kantonsrat brachte, mit Fischer schaffte im Herbst 2011 sogar einer von ihnen den direkten Sprung in den Nationalrat. Heuer ist die Ausgangslage eine andere. Fischer ist kein Überraschungskandidat mehr, und sein Sitz wird sowohl von linker wie von rechter Seite anvisiert. Der Udligenswiler tritt als Nationalrat zur Wiederwahl an, will aber auch in den Ständerat.

Für unser Bild haben sich die Ständeratskandidaten einen Spielgegenstand ausgesucht, den sie mit einer bestimmten Zeit in ihrer Vergangenheit verbinden.

Roland Fischer, Sie haben sich für Backgammon entschieden. Weshalb?

Roland Fischer: Während meiner Studienzeit in Fribourg spielten ich und mein damaliger Mitbewohner das Spiel sehr leidenschaftlich. Der Einsatz konnte alles vom Gang zum Supermarkt bis zum Abwasch sein.

Lernt man bei Backgammon etwas, das einem in der Politik nützlich ist?

Fischer: Absolut. Es schult beispielsweise das strategische Denken – man muss die Züge des Gegners vorhersehen können oder sich auf plötzliche neue Situationen einstellen können. Auch das Einschätzen von Risiken und diese dann eingehen oder nicht gehört sowohl zum Backgammonspiel als auch zur Politik.

Wie voll ist derzeit Ihre Agenda?

Fischer: Sehr voll! (lacht) Sechs von sieben Tagen sind komplett ausgefüllt. Und das sind nicht 8-Stunden-Tage, eher 12-Stünder.

Was kann man denn alles in so einen Tag packen?

Fischer: Diese Woche war natürlich Session in Bern. Dazu kommt der Wahlkampf. Ausserdem bin ich meistens abends noch unterwegs, beispielsweise an Podien. An den Wochenenden werden Standaktionen durchgeführt. Dann gilt es auch noch die sozialen Netzwerke zu bewirtschaften. Und nicht zuletzt arbeite ich zudem rund einen Tag pro Woche an der Hochschule Luzern.

Sie sind also mitten im Wahlkampf-Fieber. Wie versuchen Sie die Menschen zu überzeugen, die Sie bei diesen Gelegenheiten treffen?

Fischer: Wie die GLP selbst stehe ich für nüchterne Sachpolitik. Meine Hauptthemen sind nach wie vor die Energiewende und der Schutz der Umwelt sowie eine liberale Wirtschaftspolitik, ich setze mich für das Ehe- und Adoptionsrecht für alle ein und kämpfe auch weiter für eine weltoffene und tolerante Schweiz.

Dass Sie diese Kämpfe weiterkämpfen können, ist keineswegs garantiert. Immerhin ist es kein Geheimnis, dass man von mehreren Seiten her an Ihrem Nationalratssitz sägt.

Fischer: Tatsache ist aber auch, dass niemand eine hundertprozentige Garantie auf einen Sitz in Bern hat. Wahlen sind von Natur aus nie komplett berechenbar.

Allerdings machen die Listenpartner der GLP keinen Hehl daraus, dass man sich Chancen auf Ihren Sitz macht.

Fischer: Listenverbindungen sind ein rein mathematisches Instrument, das die Wahlchancen der kleineren Parteien erhöht. Dass innerhalb dieser Verbindungen jeder für sich kämpft, ist verständlich, und ich habe damit auch keine Probleme.

Sie treten sowohl als National- wie auch als Ständeratskandidat an. Aber ehrlich: Verdient es die GLP Luzern überhaupt, in Bern zu sein?

Fischer: Auf jeden Fall! Ohne die GLP wäre ein sehr grosses Spektrum der Wählerschaft in der Mitte nicht abgedeckt.

Inwiefern?

Fischer: Im Kanton Luzern gibt es links das SP/Grüne-Lager und ein rechtskonservatives Lager. Neben der SVP und der FDP muss, gerade im Kanton Luzern, auch die CVP diesem politischen Spektrum zugeteilt werden. In dieser polarisierenden Situation wäre es ein grosser Verlust für den Kanton Luzern, in Bern nicht mehr mit der ökologischen und liberalen Stimme der GLP vertreten zu sein.

Der GLP lastet man ja an, dass sie sich nicht konkret positioniere ...

Fischer: Wir haben mit der GLP ein sehr klares Profil. Das weiss der Wähler auch. Aber natürlich haben einige Kommentatoren immer noch grosse Mühe damit, dass wir uns nicht in ein Links-rechts-Schema reindrücken lassen.

Haben Sie sich selbst deutlich genug positioniert?

Fischer: Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» hat mich vor kurzem zum «wirtschaftsfreundlichsten Parlamentarier» ernannt. Meine Positionen diesbezüglich sind also klar. Aber auch meine Mitwirkung bei unserem Vorstoss «Ehe für alle» zeigt klar auf, wo mein Profil bezüglich liberaler Gesellschaft liegt. Zudem bekam ich in einer Auswertung der Umweltverbände einen Spitzenwert beim Einsatz für die Umwelt und erneuerbare Energie.

Was hoffen Sie im Ständerat zu erreichen, das Sie im Nationalrat nicht können?

Fischer: Im Ständerat haben Fragen des Föderalismus, des Finanzausgleichs und der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen eine viel grössere Bedeutung. Ich kann deshalb meine langjährige Erfahrung und Fachkompetenz in diesem Bereich noch viel stärker einbringen.

Folgendes Szenario: Sie schaffen weder die Wahl in den Ständerat noch die Wiederwahl in den Nationalrat. Gibt es einen Plan B?

Fischer: Ich arbeite heute zu einem kleinen Pensum an der Hochschule Luzern. Ich könnte mir vorstellen, mein Pensum dort in der Zukunft zu erhöhen.

Sie haben sich also tatsächlich schon konkrete Gedanken zum Thema Nichtwahl gemacht?

Fischer: Nein, aber ich wurde vor vier Jahren mit 46 in den Nationalrat gewählt. Da kann man nicht davon ausgehen, dass man bis zur Pension in Bern bleibt. Deshalb ist es mir wichtig, neben dem Parlamentsmandat auch noch eine andere Tätigkeit auszuüben.

Inwiefern haben Sie die letzten vier Jahre in Bern verändert?

Fischer: Ich bin auf jeden Fall spontaner geworden. Meine frühere Position bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung war von einem strukturierten Arbeitstag geprägt. Das ist in der Politik anders. Es gibt zwar klare Regeln, aber jeder Tag kann neue oder veränderte Herausforderungen mit sich bringen, auf die man reagieren muss.

Politik ist also eigentlich genau wie eine Partie Backgammon.

Fischer: Genau! (lacht)



Die Reihenfolge der Ständerat-Interviews zu den Luzerner Ständeratskandidaten wurde ausgelost.

Interview Ismail Osman