Ende Oktober reichten Gegner des Windenergie-Projekts von CVP-Nationalrätin Priska Wismer-Felder eine Initiative ein, die den Bau der Anlage auf dem Stierenberg verhindern soll. Unklar ist, ob das Begehren überhaupt gültig ist. Sicher ist: Die Abstimmung findet erst im Herbst statt.
Der Stierenberg ist ein beliebtes Naherholungsgebiet im Norden des Kantons Luzern an der Grenze zum Aargau. Dort will die Luzerner CVP-Nationalrätin Priska Wismer-Felder eine Windkraftanlage realisieren. Während Wismer darin ein Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 sieht, empfinden Anwohner aus dem Rickenbacher Weiler Mullwil die drei geplanten Windräder als inakzeptable Beeinträchtigung ihrer unmittelbaren Umgebung.
Ende Oktober 2020 haben sie darum eine Initiative eingereicht, welche die Gemeinde dazu zwingen würde, die Ortsplanung so anzupassen, dass auf dem Stierenberg keine Windräder aufgestellt werden könnten. 549 Rickenbacherinnen und Rickenbacher haben das Anliegen unterzeichnet – ungefähr ein Viertel der Bevölkerung.
Innerhalb eines Jahres muss über die Initiative abgestimmt werden. Jetzt ist klar: An der nächsten ordentlichen Gemeindeversammlung vom 1. Juni wird das Geschäft nicht traktandiert, wie Gemeindepräsident Adrian Häfeli sagt. Wegen der Pandemie sei unklar, ob wegen der Hygienevorschriften alle interessierten Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung teilnehmen könnten. Die geplante Anlage polarisiert, es wäre mit grossem Andrang zu rechnen.
Laut Häfeli findet die Abstimmung darum erst im Herbst statt. «Es ist noch unklar, ob wir eine ausserordentliche Gemeindeversammlung einberufen oder eine Urnenabstimmung durchführen werden», sagt er. Auch das hänge von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Priska Wismer-Felder würde eine Gemeindeversammlung bevorzugen. «Dort kann man sich besser austauschen», sagt sie.
Unklar bleibt, ob die Initiative überhaupt umgesetzt werden könnte. Denn laut einem Rechtsgutachten aus dem Jahr 2019 müsste sie mit «grosser Wahrscheinlichkeit als ungültig erklärt werden, da sie nicht bundesrechtskonform ist», schreiben die Projektinitianten um Wismer auf ihrer Website. Dies, weil eine Schutzzone, wie sie die Initiative fordert, der in der Energiestrategie 2050 verankerten verstärkten Nutzung von Windenergie widerspreche.
Trotzdem hat der Gemeinderat die Initiative für gültig erklärt. Adrian Häfeli: «Es ist keine Schwarz-Weiss-Entscheidung.» Der Gemeinderat habe die Wahl gehabt, die Initiative im vornherein für ungültig zu erklären, oder aber zu Gunsten der Volksrechte zu entscheiden. «Wir haben uns für Zweiteres entschieden», sagt Häfeli, der betont: «Es gibt keine klare Rechtsprechung.»
Priska Wismer kann die Haltung der Gemeinde nachvollziehen: «Wenn so viele Leute eine Initiative unterschreiben, ist es schwierig für den Gemeinderat zu entscheiden, dass die Bevölkerung nicht darüber abstimmen darf.» Nichtsdestotrotz macht die Nationalrätin keinen Hehl daraus, dass sie die Initiative für unnötig hält: «Sie ist überflüssig, weil die Bevölkerung sowieso über das Projekt abstimmen kann.» Nämlich dann, wenn über die für den Bau der Windräder erforderliche Zonenplanänderung auf dem Stierenberg zur Abstimmung kommt.
Das sagt auch Adrian Häfeli: «Das Gebiet für die Windräder müsste für das Windparkprojekt vorgängig eingezont werden. Mit der Abstimmung über die Initiative können die Stimmberechtigen somit zweimal Ja oder Nein sagen zum Projekt.» Sollte die Initiative angenommen werden, müsste die Gemeinde allerdings zwei Teilrevisionen der Ortsplanung vorantreiben: eine mit Schutzzone und eine mit Einzonung. Häfeli spricht auch von einer «unglücklichen Situation. Eigentlich würde ein Prozess reichen». Immerhin: «Die Initiative hat aufgezeigt, dass es kritische Stimmen gibt.»
Der Gemeinderat hat sich bisher noch nicht zu den Windenergieplänen positioniert. «Bisher haben wir uns neutral verhalten», sagt Häfeli. «Wir sehen unsere Rolle in der Sicherstellung des demokratischen Prozesses.»
Priska Wismer sagt: «Ich hoffe, dass der Gemeinderat hinter dem Projekt steht.» Die hohe Zahl der Unterschriften für Initiative erklärt sie sich damit, dass «viele Leute nicht genau über das Projekt informiert sind». Auch hätten die Gegner mit «falschen Fakten» für Unterschriften geworben. Als Beispiele nennt sie etwa die aus ihrer Sicht vermeintliche Gefahr für das Grundwasser und die «unberechtigte Sorge vor Wertverlusten bei Immobilien».
So oder so ist für die Nationalrätin klar: «Wir planen auf alle Fälle weiter. Wir haben sehr gute Windwerte auf dem Stierenberg, das Projekt entspricht genau der Energiestrategie des Bundes.» Auch der Kanton habe signalisiert, dass er Windenergieprojekte in Luzern unterstützen wolle. Wismer: «Jetzt braucht es Überzeugungsarbeit.»