Nach dem Ausschluss aus der Partei und der Fraktion der SVP erhebt Stadtratskandidat Silvio Bonzanigo schwere Vorwürfe gegen den Parteipräsidenten. Dieser kontert umgehend.
Den Entscheid hat SVP-Stadtratskandidat Silvio Bonzanigo am Sonntag um 13.58 Uhr erhalten, per Mail: Ausschluss aus der Fraktion und der Partei. Die Medien wurden kurz darauf informiert. «Sowohl für die Parteileitung wie auch die Fraktion ist es nicht akzeptierbar und ein klarer Verstoss gegen die Interessen der Partei, wenn sich ein Partei- und Fraktionsmitglied entgegen den Beschlüssen der Parteigremien von einer anderen Partei/Organisation portieren lässt und an einem Wahlgang teilnimmt» schrieb die SVP Stadt Luzern.
Gemeint ist damit natürlich die Portierung Bonzanigos als Stadtratskandidat für den zweiten Wahlgang am 28. Juni durch die Liste Chance Littau-Reussbühl, welcher Bonzanigo selber angehört. Seine Partei hatte von diesem Wahlvorschlag bis am letzten Mittwoch nichts gewusst (wir berichteten). Am Samstag trafen sich die Parteileitung und die Fraktion deshalb zu einer ausserordentlichen Sitzung. Bonzanigo war auch dazu eingeladen, sagte jedoch ab. «Die Sitzungsteilnehmer nehmen die fehlende Gesprächsbereitschaft mit Bedauern zur Kenntnis», heisst es in der Mitteilung. Zumal es seitens SVP einige Fragen zu klären gegeben hätte: Etwa, warum Bonzanigo bereits am 31. März eine Kandidatur auf einer Drittliste eingereicht und weshalb er dies seiner Partei bis am 16. April nicht kommuniziert hatte.
Parteipräsident Dieter Haller sagt, der Ausschluss-Entscheid sei einstimmig gefallen. Dass man Bonzanigo lediglich per Mail informiert habe, sei bewusst geschehen:
«Es gibt nichts mehr zu diskutieren.»
Die Nomination von Bonzanigo als SVP-Stadtratskandidat, zuvor ein langjähriges CVP-Mitglied, hatte in der Partei von Anfang an für Diskussionen gesorgt und bei einer Mitgliederversammlung im Januar beinahe zum Eklat geführt. Auf die Frage, ob die Probleme nicht absehbar gewesen seien, antwortet Haller: «Die Mehrheit der Mitglieder hat ihn nominiert.» Müsste der Vorstand – gerade auch mit Blick auf die Sitzverluste bei den Parlamentswahlen Ende März – nicht die Konsequenzen ziehen? «Ich habe die Vertrauensfrage in der Parteileitung nach den Wahlen gestellt.» Das Gleiche werde er auch bei der nächsten Mitgliederversammlung machen.
Silvio Bonzanigo erhebt derweil Vorwürfe gegen die Parteileitung und vor allem gegen Haller: «Aber ich bin mich diesen Stil gewöhnt.» So habe die Parteileitung in Bezug auf den zweiten Wahlgang wie eine «Geheimloge» agiert: «Obwohl ich der Kandidat war, wurde mir die Teilnahme an der Parteileitungssitzung verwehrt und ich habe ich das entsprechende Sitzungsprotokoll trotz Zusicherung nie erhalten.» Das Vertrauen sei so massiv gestört gewesen, dass er an der Sitzung vom Samstag bewusst nicht teilgenommen habe: «Es hätte kein faires Gespräch stattgefunden.» Zudem habe die Parteileitung die Offenlegung der Liste Chance Littau-Reussbühl gefordert: «Dazu bin ich nicht verpflichtet», sagt Bonzanigo.
Den Hauptgrund für seinen Rauswurf ortet er ohnehin woanders:
«Es geht nicht so sehr um die Liste Littau-Reussbühl, sondern darum, dass Dieter Haller 2024 Ambitionen auf den Stadtrat hat – und diese würden sich mit einer Wiederwahl von Manuela Jost (GLP) erhöhen, mit einer Wahl von Judith Dörflinger (SP) jedoch vermindern.»
Dazu muss man wissen: Jost ist seit 2012 im Amt und es ist gut möglich, dass sie 2024 nicht mehr antreten wird, Dörflinger hingegen ist noch gar nicht im Stadtrat und würde kaum 2024 nicht mehr antreten. «Darum will Haller jegliche Aktionen unterbinden, welche Manuela Jost Stimmen kosten», so Bonzanigo. Tatsächlich empfiehlt die SVP im zweiten Wahlgang Jost und Franziska Bitzi-Staub (CVP) zur Wiederwahl.
Haller muss über Bonzanigos These lachen: «Jetzt sind ihm sämtliche Sicherungen durchgebrannt.» Er sei Unternehmer, habe vor eineinhalb Jahren ein eigenes Geschäft gegründet, «bestimmt habe ich keine Ambitionen, Stadtrat zu werden.» Die Wahlempfehlung von Jost und Bitzi sei bewusst: «Es ist aus bürgerlicher Sicht und mit Blick auf die Alternativen die beste Option, um die schwierigen politischen Herausforderungen zu meistern.» Und die Transparenz-Vorwürfe weist Haller zurück: «Herr Bonzanigo lobte mehrfach die transparente Kommunikation, was wir auch schriftlich haben, wir pflegten stets regen Kontakt». Auch habe man ihm die Sitzungsteilnahme nicht verwehrt, sondern das Fernbleiben wegen Corona empfohlen – Bonzanigo ist 68. Was das nicht ausgehändigt Protokoll betrifft, sagt er: «Herr Bonzanigo ist nicht Parteileitungsmitglied!»