Sandra* (29) versucht ihren Alltag in Luzern zu meistern: meistens mit, selten ohne Drogen. Sie träumt von einer Ausbildung als Konditorin.
Gerade komme ich aus dem Drop-in, wo ich Heroin bezogen habe. Seit zwei Monaten bin ich im Programm drin und kann zweimal am Tag vorbeigehen. Ich bin stolz darauf, dass ich momentan daneben nichts konsumiere. Ich war auch schon im Methadonprogramm angemeldet, da fehlte mir aber der Kick, der nur die Spritze gibt. Eine Heroinspritze reicht für acht bis zehn Stunden.
Aufgewacht bin ich heute um 7 Uhr ganz automatisch. Mein Körper verlangt dann nach der nächsten Spritze. Nachdem ich geduscht hatte, ging ich direkt zum Drop-in. Ich darf keine Sekunde zu früh oder zu spät erscheinen, sonst gibt es Sanktionen, was bedeutet, dass ich beim nächsten Mal erst eine Dreiviertelstunde später meine Ration beziehen darf. Diese Strenge ist schon nervig.
Um 9 Uhr gehe ich ins Ambulatorium, dort treffe ich mich mit meinen Freunden zum Kaffee. Wir haben uns immer etwas zu erzählen. Nach einer Weile setzen wir uns vor den Coop beim Kasernenplatz, weil das Bier aus dem Direktverkauf billiger ist. Irgendwie zieht es mich immer an die frische Luft. Drinnen in meinen vier Wänden fühle ich mich unwohl.
Unsinn palavern
Ab und zu kommt ein Mitarbeiter vom Coop und beschwert sich, weil wir zu laut sind. Zwei- oder dreimal war auch die Polizei da. Ich weiss schon, dass wir manchmal unsinniges Zeugs palavern. Ich wünschte mir aber trotzdem etwas mehr Respekt von den anderen Leuten. Die Gesellschaft hat zu viele Vorurteile. Nicht alle Junkies sind faul und dreckig.
* Name von der Redaktion geändert.
Aufzeichnung Regula Müller
Den Ablauf des ganzen Tages von Sandra lesen Sie am Montag im der Neuen Luzerner Zeitung und ihren Regionalausgaben beigelegten «Montag», dem jungen Magazin der Zentralschweiz.