Die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen musste in den vergangenen Jahren viel Kritik einstecken. Eine erste Auswertung zeigt nun: Es bedarf weniger Korrekturen.
Seit der Übernahme des Asylwesens durch den Kanton kam es immer mal wieder zu negativen Schlagzeilen. Rückblick: Ende 2017 monierten Mitarbeiter, es habe zu wenig Personal und Ressourcen und es gebe zu viele Stellenwechsel. Anfang 2018 kam es zu Zwischenfällen im Grosshof in Kriens, dem Zentrum für unbegleitete, minderjährige Asylsuchende. Die Luzerner Polizei musste damals zweimal in Folge einschreiten und Streitfälle schlichten. Im gleichen Jahr, im Sommer, wurde der Abteilungsleiter Zentren Adrian Portmann per sofort freigestellt. Dieser wiederum liess das nicht auf sich sitzen und reichte eine Beschwerde ein. Der Kläger betonte damals, er ziehe in einem weiteren Schritt den Gang vor das Kantonsgericht in Betracht (siehe Kasten unten am Text).
Neulich erreichte diverse Redaktionen ein Schreiben mit weiteren internen Informationen aus der Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF). Der Verfasser dieser Zeilen betont, er wolle die Gewährung der Anonymität. In seiner mehrseitigen Mail übt er insbesondere Kritik an der Dienststellenleiterin Silvia Bolliger. Sie ist seit Anfang 2017 in diesem Amt. Ihre Dienststelle zählt heute 190 Mitarbeitende. 2016 hat der Kanton Luzern das Asylwesen von der Hilfsorganisation Caritas übernommen.
Das Schreiben – der Verfasser ist unserer Redaktion bekannt, will aber anonym bleiben – beinhaltet diverse Anschuldigungen. So wird Bolliger vorgeworfen, sie hätte Familienmitglieder in ihre Dienststelle geholt, was nicht erlaubt sei. Fakt ist: «Eine verwandte Person sowie zwei Personen aus dem familiären Umfeld der Dienststellenleiterin arbeiten für den Kanton im Asylwesen. Eingestellt wurden sie jedoch nicht von Bolliger», belegt Sozialdirektor Guido Graf in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Bei Anstellungen von Familienmitgliedern sei «höchste Vorsicht geboten». Darum habe er bei der Übernahme des Asylwesens eine Weisung für Anstellungen von Familienmitgliedern erlassen.
So sind etwa keine direkten Unterstellungen zulässig und bei allfälligen personalrechtlichen Massnahmen gilt das Ausstandsprinzip. Letztlich sei die Qualität eines Bewerbers höher zu gewichten, als eine allfällige Bekanntschaft. Der CVP-Politiker sagt:
«Wir stellen niemanden ein, weil wir ihn kennen. Mittels sorgfältiger Rekrutierung und allenfalls einem Assessment wird entschieden, welcher Kandidat der beste ist für den jeweilig vakanten Posten.»
Bei den erwähnten Anstellungen und der Führung der Personen sei alles rechtens abgelaufen, betont Graf. Er weist zudem darauf hin, dass zwei Personen aus Silvia Bolligers familiären Umfeld vor ihrem Amtseintritt eingestellt worden seien.
Diese und weitere Informationen, die den Medien zugespielt werden, scheinen nur ein Ziel zu verfolgen: Die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen – insbesondere aber Silvia Bolliger – in Misskredit zu bringen. Solche Anfeindungen gehen an Silvia Bolliger nicht spurlos vorüber. «Es ist sicher nicht immer einfach, mit direkten Angriffen umzugehen», sagt Bolliger.
Die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen erfülle Aufgaben in einem schwierigen politischen Umfeld und sei darum häufiger als andere kantonale Dienststellen öffentlicher Kritik ausgesetzt. Dass nun einzelne externe Exponenten oder ehemalige Mitarbeitende der DAF immer wieder eine schlechte Führung oder hohe Mitarbeiterunzufriedenheit zu unterstellen versuchen, werde von den meisten Mitarbeitern als unfair empfunden, sagt die Dienststellenleiterin. Und sie fügt an:
«Dadurch fühlen sie sich und ihre guten Leistungen, auf die sie wirklich stolz sein dürfen, desavouiert.»
Dass die Situation in der Dienststelle nicht so schlecht ist, wie im Schreiben behauptet wird, zeigt auch folgende Tatsache: Unserer Zeitung liegt die Auswertung der ersten Mitarbeiterbefragung der DAF vor. Die Dienststelle Personal führte diese Ende 2018 durch. Regierungsrat Guido Graf: «Wir haben die DAF etwas vorgezogen, weil diese Dienststelle neu konsolidiert werden musste.»
Knapp 73 Prozent der Mitarbeiter haben an der Umfrage teilgenommen. Die Ergebnisse wurden dann mit den anderen Dienststellen des Kantons Luzern verglichen. Dabei fällt auf: Die DAF liegt bezüglich Leistungsbereitschaft, Zusammenarbeit, Kommunikation und Arbeitsplatzgestaltung im Normbereich, also einem «gut», wie Graf sagt. Auch beim Kriterium Führung wurde dem DAF-Führungskader eine gute Bewertung erteilt. Überdurchschnittlich gut abgeschnitten im Bereich der direkten Führungsverantwortung hat die Dienststellenleiterin Silvia Bolliger, wie den Bewertungsergebnissen zu entnehmen ist.
Schlechter abgeschnitten als andere Dienststellen hat die DAF bei Weiterbildung und Arbeitszufriedenheit. Das erklärt der Sozialdirektor so: «Der budgetlose Zustand 2017 hallt noch etwas nach. Damals mussten wir die Weiterbildungsangebote zurückfahren.» Heute sei die Situation eine andere und Weiterbildungsangebote würden wieder mitfinanziert. Graf weist jedoch auch darauf hin, dass es im Asylbereich bisher relativ wenig zugängliche Weiterbildungsangebote gäbe.
Gut, aber etwas unter dem Durchschnitt der anderen Dienststellen, beurteilten die DAF-Mitarbeiter die Arbeitszufriedenheit. «Weil der Asylbereich relativ volatil ist, ist eine Anstellung nie zu hundert Prozent sicher», sagt Guido Graf dazu. «Wenn wir aufgrund eines Rücklaufs an Asylsuchenden Zentren schliessen müssen, ist das bedauerlich. Die Arbeitsunsicherheit in diesem Bereich führt zu Unzufriedenheit.» Ein weiterer Grund für die Unzufriedenheit ist sicher auch die Arbeitszeiterhöhung, die sämtliche Dienststellen betrifft. Seit Juli 2017 müssen Verwaltungsangestellte 43,25 Stunden pro Woche arbeiten, vorher waren es 42. Das wurde mit dem Sparpaket «Konsolidierungsprogramm 2017» so beschlossen.
Guido Graf ist «zufrieden» mit dem Resultat der Mitarbeiterbefragung. «Wir sind auf dem richtigen Weg», hält er fest. Noch gäbe es Verbesserungspotenzial. Dieses ortet Graf insbesondere im Sozialdienst. Prozesse sollen optimiert und Strukturen angepasst werden, wie er sagt. Zudem will der Regierungsrat im Sozialdienst die Arbeitsbelastung überprüfen. Ferner wolle man die Weiterbildungsangebote überdenken und womöglich ausbauen. Geplant sind auch sogenannte Seitenwechsel innerhalb der Dienststelle. Graf: «Das fördert das gegenseitige Verständnis.»
Der Fall entlassenen Abteilungsleiter Zentren, Adrian Portmann (44), geht wohl demnächst vors Kantonsgericht. Der Mann war rund ein Jahr bei der Dienststelle beschäftigt, bevor es im Juni 2018 zum Eklat gekommen ist. Portmann geht davon aus, dass seine Freistellung nicht rechtens war und hat damals eine Beschwerde eingereicht.
Der ehemalige Abteilungsleiter Zentren steht gemäss Recherchen unserer Zeitung nicht das erste Mal vor Gericht. Im Jahr 2000 reichte er beim Justizdepartement des Kantons Luzern ein Gesuch für eine «Namensänderung» ein. Portmann trug damals noch den Namen seines Vaters Vonarburg. Er wollte mit dem Gesuch die Schreibweise «von Arburg» erlangen. Die Beschwerde wurde abgelehnt. Portmann zog sie weiter vors damalige Obergericht und letztlich vors Bundesgericht. Beide Instanzen wiesen die Beschwerde ab.
Im Jahr 2014 klagte Portmann, ursprünglich Historiker, vor Gericht gegen das Bewerbungsverfahren zum Leiter des tschechischen Instituts zum Studium totalitärer Regime. Portmann, der mehrere Jahre in Tschechien lebte, war bei der Auswahl gescheitert. Wegen angeblicher Verfahrensfehler reichte er beim Amtsgericht im dritten Prager Stadtbezirk eine Klage ein. Der Geschichtswissenschaftler wirft vor allem Mitgliedern des Institutsrats vor, sie hätten im Auswahlverfahren ihre Amtsmacht missbraucht, wie tschechischen Newsportalen zu entnehmen ist. Die Klage wurde abgewiesen. (kuy)