Umweltschutz
Zentralschweizer Kantone wollen mehr Zeit für die Sanierung ihrer Altlasten

Der Bundesrat will die Sanierung der mit Schadstoffen belasteten Standorte vorantreiben. Mehrere Zentralschweizer Kantone bitten den Bund jedoch um längere Fristen – am weitesten geht Luzern.

Lukas Nussbaumer Jetzt kommentieren
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Ehemalige Deponien, frühere Industriebetriebe und Schiessanlagen hinterlassen ihre Spuren – in Form von Schadstoffen, die in den Böden lagern. Dass diese Standorte untersucht und saniert werden müssen, ist in Fachkreisen genauso unbestritten wie beim Bund und bei den Kantonen. Unterschiedlicher Ansicht sind die Behörden jedoch über das Tempo. Das zeigen die Stellungnahmen der Zentralschweizer Regierungen zu den geplanten Änderungen des eidgenössischen Umweltschutzgesetzes.

Die grössten Vorbehalte bringt Luzern an, wie das von Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor Fabian Peter unterzeichnete Schreiben nach Bern zeigt. Die Absicht des Bundes, Voruntersuchungen nur noch bis 2028 und Sanierungen bis 2040 abzugelten, stösst nämlich auf Ablehnung. Diese Fristen seien für Luzern «nicht erreichbar», heisst es in der umfangreichen Stellungnahme. So müsste Luzern bis 2028 rund 1000 Voruntersuchungen abschliessen und in den bisher rund 900 Areale umfassenden Kataster der belasteten Standorte aufnehmen. Die Frist für Voruntersuchungen sei bis 2035 und jene für Sanierungen bis 2060 zu verlängern, fordert Peter deshalb. Das gelte auch für die Abgeltungen. Als «oftmals nicht dringlich» einzustufen seien Sanierungen von Schiessanlagen, heisst es im Schreiben weiter. Deshalb sei diese Frist ebenfalls bis 2060 auszudehnen.

Sanierung von Kinderspielplätzen ist für Luzern «nicht prioritär»

Eine klare Haltung vertritt der grösste Zentralschweizer Kanton auch in Bezug auf die vom Bund geplante und verbindlich vorgeschriebene Sanierung von öffentlichen Kinderspielplätzen und Grünflächen. Diese Areale können laut den Vernehmlassungsunterlagen durch die einst gebräuchliche Düngung mit Aschen aus Kohle- und Holzfeuerungen sowie durch frühere Verschmutzungen aus der Luft, etwa aus Kehrichtverbrennungsanlagen, belastet sein. Das Thema, hält der seit 2019 amtierende FDP-Regierungsrat fest, sei «aus altlastenrechtlicher Sicht nicht prioritär». Zudem würden Ressourcen gebunden für die Voruntersuchungen der anderen Standorte.

Der entsprechende Passus im Umweltschutzgesetz sei zu überarbeiten und der Vollzug zu vereinfachen. Auch sei eine Ungleichbehandlung von öffentlichen und privaten Flächen – die Sanierung von Letzteren soll freiwillig bleiben, aber vom Bund ebenfalls finanziell unterstützt werden – zu vermeiden.

Nidwalden will fünf Jahre länger Zeit

Neben Luzern äussern sich in der Vernehmlassung auch die Nidwaldner und Zuger Regierungen ausführlich. In Nidwalden kommt die Befristung der Voruntersuchungen und Sanierungen zwar grundsätzlich gut an. Es sei jedoch fraglich, ob die gesetzten Termine realistisch seien. Zudem könnten die ambitioniert festgelegten Daten den Zeitdruck auf die Gutachtenden erhöhen und sich somit negativ auf die Qualität der Untersuchungs- und Sanierungsberichte auswirken, befürchtet Frau Landammann Karin Kayser-Frutschi. Die Mitte-Politikerin beantragt eine Fristverlängerung von je fünf Jahren auf 2033 bei den Voruntersuchungen und auf 2045 bei den Sanierungen.

Gleicher Meinung wie Fabian Peter ist Karin Kayser-Frutschi bei den Kinderspielplätzen: Eine Unterscheidung von Massnahmen bei Plätzen im öffentlichen und privaten Eigentum sei «unglücklich und ungerechtfertigt. Das suggeriert, dass Bodenbelastungen auf privaten Flächen weniger gefährlich und deshalb Massnahmen weniger dringlich sind», hält die seit 2014 amtierende Regierungsrätin fest. Sie beantragt, den Vollzug für private und öffentliche Flächen zu harmonisieren.

Auch für Zug und Schwyz sind Fristen des Bundes zu kurz

«Ob ein Kinderspielplatz oder eine Grünfläche im öffentlichen oder privaten Besitz ist, sollte keine Rolle spielen», findet auch der Zuger Landammann Martin Pfister. Weniger weit als Luzern und Nidwalden geht Zug bei den Fristen zur Altlastensanierung. Ohne ein neues Datum zu nennen, schreibt der seit knapp sechs Jahren als Regierungsrat wirkende Mitte-Politiker Pfister lediglich, die Frist von 2028 für Voruntersuchungen sei «zu kurz».

Gleicher Meinung sind die Behörden im Kanton Schwyz. Für die 2012 in die Regierung gewählte FDP-Politikerin Petra Steimen-Rickenbacher ist 2028 ein «zu ehrgeiziges Ziel», das ohne zusätzliche personelle Ressourcen in der Verwaltung und bei den Altlasten-Fachbüros nicht eingehalten werden könne. Die Frist sei «um mindestens fünf Jahre» zu verlängern, verlangt die derzeit als Frau Landammann agierende Steimen-Rickenbacher in ihrer kurzen Stellungnahme.

In Uri und Obwalden sind die Fristen kein Thema

Ähnlich knapp wie Schwyz lassen sich die Regierungen der Kantone Uri und Obwalden vernehmen. Und beide haben keine Bedenken, die Fristen bei der Sanierung von Altlasten nicht einhalten zu können. Der 2016 in die Urner Regierung gewählte derzeitige Landesstatthalter Urs Janett (FDP) stellt aber Fragen zum Vollzug der Sanierung von Kinderspielplätzen – ähnliche, wie sie in Luzern, Nidwalden und Zug formuliert wurden.

Der Obwaldner Landammann Daniel Wyler hingegen äussert sich nicht zur Altlastensanierung. Wie seine Amtskolleginnen und -kollegen bringt er jedoch Bemerkungen zu den vorgeschlagenen Änderungen beim Lärmschutz an. So lehnt der 2018 gewählte SVP-Politiker die Möglichkeit, bei Änderungen von Nutzungsplänen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum in stark lärmbelasteten Bauzonen auch Freiräume ausserhalb der Bauzone anrechnen zu lassen, ab. Das könnte seiner Meinung nach «faktisch zu einer Stärkung des Bauens an weniger zentralen Lagen führen». Bei zentral gelegenen Bauzonen besteht diese Auslagerungsmöglichkeit nicht, was eine unerwünschte Besserstellung von Zonen am Siedlungsrand zur Folge habe. So würden die Bestrebungen für eine Siedlungsentwicklung nach innen unterlaufen. Der Zuger Landammann Martin Pfister bläst ins gleiche Horn und beantragt, diesen Passus ersatzlos zu streichen.

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