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Vier Umweltverbände haben Einsprachen gegen das Hochwasserschutzprojekt des Kantons Luzern an der Reuss eingereicht. Sie kritisieren fehlende Datengrundlagen sowie falsche Annahmen – und fürchten um Fische und Frösche.
(ems/sda) Für 195 Millionen Franken – 80 Prozent davon trägt der Bund – will der Kanton Luzern die Reuss von Emmen bis zur Kantonsgrenze verbreitern und mit Schutzbauten versehen. Nach 2016 legte er im Oktober das umstrittene Projekt für den 13 Kilometer langen Flussabschnitt zwischen Emmen und Honau erneut auf. Doch das leicht überarbeitete Vorhaben fällt bei den Umweltverbänden durch. Bezüglich Ökologie habe sich nichts verbessert, teilten sie am Mittwoch zum Ablauf der Einsprachefrist mit. WWF und Aqua Viva sowie Bird Life und Pro Natura reichten je eine Einsprache ein.
WWF und Aqua Viva bemängelten in ihrer Einsprache, dass die Gewässerraumausscheidung gesetzeswidrig sei und die geplante Kiesentnahme Lebensräume geschützter Arten gefährde. Die Kiesentnahme sei nicht nur unnötig für den Hochwasserschutz, sondern auch schädlich für den Lebensraum von Äschen, Seeforellen und gar Lachs, der hier wieder einen Lebensraum finden könnte. Zudem basiere die Planung auf falschen Annahmen. Ein vom WWF in Auftrag gegebenes Gutachten habe gezeigt, dass der Kanton etwa den Gewässerraum viel zu eng ausgelegt habe. Kurt Eichenberger, Geschäftsleiter des WWF Luzern, sagt:
«Der Kanton traut sich offenbar nicht an eine grundsätzliche Überarbeitung des Projekts.»
Damit nutze er den rechtlichen Spielraum nicht und vergebe eine Jahrhundertchance für mehr Hochwasserschutz und gleichzeitig mehr Natur, so Eichenberger weiter.
Bird Life und Pro Natura kritisieren, es fehlten Daten zu Artengruppen, die vom Projekt möglicherweise tangiert werden. Das verhindere eine seriöse Planung und eine Wirkungskontrolle. Auch sie fordern eine grundlegende Überarbeitung des Projekts. Ansonsten könnten keine Auenlebensräume wie Fluss- oder Kiesinseln geschaffen werden, die etwa für Flussregenpfeifer, Flussuferläufer, Eisvogel und Laubfrosch wichtig seien.
«Der Zugang zu geplanten Naturzonen im ganzen Projekt sollte umfassend geplant und geregelt werden, damit Freiräume für die Tiere, aber auch Schwerpunkte für die Erholungsnutzung vorhanden seien», sagt Christa Glauser, stellvertretende Leiterin von Bird Life. Sie zeigt sich enttäuscht darüber, dass der Kanton auf die wesentlichen Punkte der damaligen Einsprache der Umweltverbände nicht eingegangen sei: «Ich war erstaunt, dass unsere Vorschläge trotz den vielen Sitzungen und Diskussionen zwischen Kanton und Umweltverbänden im Projekt wenig Platz gefunden haben», sagt Glauser. Die zweite Version des Hochwasser-Projekts sei deshalb zu wenig ausgearbeitet und stringent sowie widersprüchlich zu anderen Aussagen im Umweltverträglichkeitsbericht.
Umstritten ist das Projekt sei jeher auch seitens der Landwirtschaft. Die Ausweitung des Flusses verbraucht rund 31 Hektar Fruchtfolgeflächen. Laut der Regierung unterstütze der Bund das Projekt vorbehaltlos. Nun folgen Einspracheverhandlungen. Für einen Kredit über 25 Millionen Franken ist eine Volksabstimmung nötig. Diese findet voraussichtlich 2022 statt.