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Die beliebten Stadtrundgänge durchs Stadtluzerner Untergrund-Quartier führen neuerdings auf die Spuren von Bären und Elefanten. Und sie zeigen, wie das Kreuz an den Kreuzstutz zurück kam.
Beginnen wir mit dem Elefanten. Ältere Personen mögen sich erinnern, dass während vielen Jahren an der Fassade eines Hauses beim Kreuzstutz ein grosser Heliomalt-Elefant gemalt war. Er war auch vom Zug aus gut sichtbar, und die Kinder wussten bei seinem Anblick, dass sie das Ziel Luzern nun bald erreichen würden:
Die Heliomalt-Werbung, gestaltet von Celestino Piatti, gehörte zum Stadtbild. Aber plötzlich war der Elefant weg. Warum? Und wann war das eigentlich? Auf diese Fragen gibt es auf dem neuen «UntergRundgang» schon bei der ersten Station eine Antwort: Beim Kreisel Kreuzstutz. «An dieser ersten Station haben wir drei Wegmarken ausgewählt, die man vom Bus-Unterstand her sieht», sagt Urs Häner, der die beliebten Rundgänge durchs Untergrund-Quartier 1995 mit initiiert hatte.
Neben dem verschwundenen Wandbild des Elefanten – heute prangt hier eine weisse Fläche – werden das Steinkreuz beim Kreuzstutz sowie die Figur von «Heinz», dem Strassenarbeiter auf dem Kreisel, thematisiert. Häner hat recherchiert, dass am Kreuzstutz schon im späten Mittelalter ein Kreuz und eine Kapelle standen.
«Das Kreuz markierte das Ende des Bannbezirks. Mit dem aufkommenden Verkehr verschwanden dann die Kapelle und das Kreuz.» In den frühen 1950er Jahren brachte Alois Meienberg – damaliger Maschinensetzer für das «Vaterland» – die Idee eines Kreuzes am Kreuzstutz wieder auf und sammelte Geld. Bildhauer Josef Zurkirchen konzipierte das Kreuz, und es wurde im Oktober 1954 eingesegnet.
Getreu dem Motto «Grabe, wo du stehst» wurde im Herzen des Untergrund-Quartiers eine weitere Trouvaille aus der Versenkung geholt. 1962 bestellte der Wirt des damaligen Restaurants Untergrund beim Basler Zoo eine tote Bärin. Das Tier wurde im tiefgefrorenen Zustand angeliefert und zunächst vor dem Restaurant wie ein Wirtshausschild aufgehängt, bevor es mit einem Hebekran abgehängt, verladen und in den Schlachthof beim Kasernenplatz befördert wurde. Dort wurde die Bärin zu Fleisch verarbeitet, das anschliessend im Restaurant Untergrund serviert wurde:
Der neue und siebte «UntergRundgang» ist unter dem Titel «Zeitensprünge und Grenzgänge» mit rund einem Dutzend Stationen konzipiert worden. Er entstand im Zusammenhang mit dem Kulturprojekt «Die andere Zeit» der Albert Koechlin Stiftung. Seit dem ersten Rundgang 1995 hat das Team immer wieder Wege gefunden, mit seinen sozialhistorischen Spaziergängen durch das Quartier zwischen Kasernenplatz und Kreuzstutz interessante historische Begebenheiten und denkwürdige Anekdoten aufzudecken. «Diesmal haben wir den Radius des UntergRundganges Richtung Norden ausgeweitet. Nach einigen Stationen im Untergrund besuchen wir die Reussinsel und verschieben uns bis in die Fluhmühle», sagt Urs Häner. Das Gebiet Fluhmühle, Lindenstrasse, Reussinsel ist eine «Zwischenzone», die viel interessanter ist, als sie auf den ersten Blick erscheint. Weder richtig Littau, noch Luzern, Emmenbrücke, Reussbühl oder Udelboden zugehörig, wird dieses periphere Grenzgebiet oft übersehen. «Hier verdichtet sich fast alles, was eine moderne Stadt an infrastrukturellen Lebensadern vorzuweisen hat in maximaler Ausprägung auf minimaler Fläche», wird dazu in der aktuellen Publikation des UntergRundgangs festgehalten.
Eine markante Station ist die Reussinsel, die vielen Luzernern ein Begriff ist, obwohl viele gar nicht wissen, wo sie genau gelegen ist. Eine Insel? Das Gelände an der Reuss, wo heute das Firmengebäude von Obrist und eine moderne Wohnüberbauung stehen, war im 19. Jahrhundert von einem Kanal für die Nutzung der Wasserkraft durchzogen. Die «Insellage» wird auf einer frühen Zeichnung anschaulich dargestellt. Auf dem schmalen Streifen zwischen Reuss und Eisenbahn nahmen die grossen Industriefirmen Von Moos Stahlwerke (1842) und Schindler AG (1874) ihre Anfänge. Mit dem Erfolg dieser Firmen, die bald neue Standorte suchen mussten, wurde die Reussinsel auch für andere Betriebe interessant. «Unter anderem war hier auch die grösste Diamantschleiferei der Schweiz für Uhrenwerke angesiedelt», sagt Hans Jurt vom Team UntergRundgang. «Und die Firma Roman Scherer stellte hier Holztypen-Modelle für Schriften und Plakatdrucke her, die bis nach St. Petersburg und New York geliefert wurden.» Und im Atelierhaus Bildzwang, das seit 30 Jahren Kunstschaffenden Räume zum Arbeiten bietet, war früher eine Darmfabrik und Kuttlerei untergebracht.
Die Rundgänge werden noch bis Ende Mai angeboten. www.untergrundgang.ch