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Um überfüllte Strassen künftig zu verhindern, sollen in Beromünster, Hochdorf, Eschenbach, Ballwil und Emmen Umfahrungen gebaut werden. Auch Tunnellösungen werden geprüft. Eine Herkulesaufgabe.
Stau. Und das fast jeden Tag. Wer zu Pendlerzeiten mit dem Auto durchs Luzerner Seetal fährt, der bekommt das steigende Verkehrsaufkommen zu spüren. Auch für Fussgänger, Velofahrer und Anwohner ist die Situation in Eschenbach, Ballwil, Hochdorf und Emmen Dorf unbefriedigend. Dasselbe Bild in Beromünster, wo sich der Verkehr nur mühsam durch den historischen Ortskern schlängelt.
Nun werden die Probleme angegangen. Der Kanton plant derzeit in enger Zusammenarbeit mit den Gemeinden und der Bevölkerung fünf grosse Strassenprojekte, wie auf dieser Karte zu sehen ist:
Am weitesten fortgeschritten ist die Umfahrung Beromünsters. Hier ist die Streckenführung bereits bekannt. Unter anderem soll eine Brücke über die Wyna gebaut werden. Das Hauptziel ist, den «Flecken» vom Schwer- und Durchgangsverkehr zu entlasten, wie folgende Grafik zeigt:
Das 60-Millionen-Projekt soll voraussichtlich im zweiten Quartal öffentlich aufgelegt werden – gleichzeitig mit der Einzonung für den geplanten Neubau des Pflegeheims Bärgmättli. Denn dort, wo das Heim heute liegt, wird künftig die Umfahrung durchführen.
Somit ist die neue Strasse direkt abhängig vom Neubauprojekt des Bärgmättli, das noch nicht in trockenen Tüchern ist. Gefährdet sei die Streckenführung dadurch aber nicht, wie Judith Setz, stellvertretende Leiterin Kommunikation beim zuständigen Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement, sagt. «Der Korridor für die Umfahrung Beromünster ist durch Baulinien rechtlich gesichert.»
Wegen der Abhängigkeit würden die weiteren Projektschritte der Umfahrung allerdings eng mit der Gemeinde koordiniert, welche für die Umzonung des Bärgmättli zuständig ist. Läuft alles nach Plan, wird das Projekt in ungefähr einem Jahr vom Regierungsrat bewilligt. Das letzte Wort hat jedoch das Volk: Weil die Baukosten höher als 25 Millionen sind, muss der Kredit an die Urne. Die kantonale Abstimmung ist Ende 2022 vorgesehen. Anfang 2024 soll der Baustart erfolgen.
So weit in der Planung sind die anderen vier Strassenprojekte noch nicht. In Emmen, Eschenbach, Hochdorf und Ballwil muss erst klar werden, ob eine Umfahrung überhaupt Sinn macht und wo diese allenfalls durchführen soll. Dafür werden aktuell sogenannte Zweckmässigkeitsbeurteilungen (ZMB) oder eine Machbarkeitsstudie durchgeführt.
Dabei wird auch die Bevölkerung eingebunden. Zwischen 20 und 40 Bürger suchen gemeinsam mit den Verkehrsplanern nach Lösungen. Die Sitzungen können gemäss Judith Setz trotz Pandemie durchgeführt werden. Im Sommer und im Herbst fanden diese mit Maske und genügend Abstand statt, aktuell mittels Videokonferenzen.
Diskutiert wird über alle möglichen Varianten. In Eschenbach beispielsweise stehen von ursprünglich 13 Korridoren noch fünf zur Debatte: zwei östliche und westliche Umfahrungen (jeweils gross- und kleinräumig) sowie eine zentrumsnahe.
Dabei wird auch geprüft, ob ein oder mehrere Tunnels gebaut werden könnten. Ebenso die Variante «Null+» ist denkbar, also dass lediglich die Ortsdurchfahrt verbessert wird. Über den aktuellen Stand werden die Eschenbacher am Samstag, 23. Januar, informiert. Die angesagte ausserordentliche Gemeindeversammlung wurde am Freitag zwar abgesagt, die Orientierung über die Projekte findet trotzdem via Livestream statt.
Ähnliche Überlegungen wie in Eschenbach werden auch in den anderen Seetaler Dörfern und Emmen gemacht. In der Agglogemeinde ist man am weitesten: Hier soll bereits im Herbst die definitive Variante vorliegen. Möglich ist auch hier eine Tunnellösung – im geplanten Damm entlang der Reuss, welcher für den Hochwasserschutz erstellt wird.
In Hochdorf sind zwei der grössten Herausforderungen die mitten durchs Dorf fahrende Seetalbahn und die vier Kantonsstrassen, welche allesamt ins Seetaler Zentrum führen. Zudem kommt beim Braui-Kreisel der gesamte Verkehr zusammen. Eine Umfahrung soll hier Abhilfe verschaffen.
Ist das Projekt in Hochdorf festgelegt, kann auch jenes in Ballwil darauf abgestimmt werden. Auch hier stellt der Kreisel beim Bahnübergang Sternen die grösste Knacknuss dar. Die Kreuzung ist nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Velofahrer und Fussgänger schwierig zu queren. Statt einer Umfahrung ist für Ballwil eine Verbesserung der Ortsdurchfahrt geplant.
Die grösste Herausforderung bei den Projekten ist gemäss Judith Setz, eine konsensfähige Bestvariante zu finden, die diverse Aspekte berücksichtigt: Verkehr, Umwelt, Denkmalpflege, Bevölkerung, Landwirtschaft und Finanzen. Eine Herkulesaufgabe.
Insbesondere das allenfalls benötigte Land dürfte zu heissen Diskussionen führen. Setz betont, dass auch Landwirte in den jeweiligen Begleitgruppen sitzen und in die Planungsarbeiten einbezogen seien. «Auf einzelne Landbesitzer wird erst nach Abschluss der ZMB zugegangen, wenn eine Bestvariante evaluiert und vom Regierungsrat bestätigt ist», sagt Setz. «Erst dann ist im Grundsatz klar, welche Eigentümer stark von der Lösung betroffen sind.» Der genaue Landbedarf werde bei der späteren Ausarbeitung des Projekts ermittelt.
Doch macht es überhaupt Sinn, neue Strassen zu bauen, wenn sich der Regierungsrat die Senkung des CO2-Ausstosses und die Förderung des ÖV auf die Fahne geschrieben hat? Setz sagt: «Bei einer ZMB wird auch untersucht, ob die Aufgabe mit einer reinen ÖV-Variante gelöst werden kann.» Bei den anderen Varianten werde der Ausbau des öffentlichen Verkehrs als Begleitmassnahme geprüft.
So oder so: Dass etwas getan werden muss, ist augenfällig. Und auch die Statistiken sprechen eine eindeutige Sprache. Alleine in Emmen Dorf werden in den nächsten zehn Jahren 3000 neue Arbeitsplätze und zusätzliche 2800 Einwohner erwartet. Das entspricht einer Zunahme von gut 50 Prozent gegenüber 2010 – «mit weitreichenden Konsequenzen, auch für den Verkehr», so der Kanton.