Die meisten Bewohner der Region Luzern sind zufrieden mit dem ÖV-Angebot in der Agglomeration. Weniger rosig sehen sie die Situation für Autofahrer. Eine aktuelle Umfrage zeigt spannende Erkenntnisse über das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung.
Robert Knobel
robert.knobel@luzernerzeitung.ch
Wie denkt die Luzerner Öffentlichkeit zum Thema Verkehr? Das wollte die IG Stadtverkehr und Wirtschaft, vertreten durch FDP-Kantonsrat Herbert Widmer und den früheren CVP-Grossstadtrat Peter Bucher, wissen. Mitte August veröffentlichte unsere Zeitung die Resultate einer Umfrage unter Luzerner Gewerbetreibenden. Nun liegt Teil zwei der Umfrage vor. Dabei wurde die Bevölkerung befragt. Das Meinungsforschungsinstitut Demoscope führte dazu 1022 Interviews mit Personen aus der Stadt und der Agglomeration Luzern durch. Die Resultate der Bevölkerungsumfrage zeigen wie schon die Gewerbeumfrage, dass das Auto für die Arbeitstätigkeit eine zentrale Rolle spielt – insbesondere für Bewohner der Agglomerationsgemeinden. 42 Prozent von ihnen geben an, dass sie normalerweise mit dem Auto zur Arbeit fahren (siehe Grafik). Städter hingegen benutzen für ihren Arbeitsweg lieber den ÖV (36 Prozent).
Überraschend: In ihrer Freizeit legen die Luzerner ein anderes Mobilitätsverhalten an den Tag. Wer zum Shopping oder zu einem kulturellen Anlass in die Innenstadt fährt, nimmt meist den Bus oder den Zug – Frauen häufiger als Männer. Das Auto spielt bei der Fahrt in die Innenstadt in der Freizeit nur eine untergeordnete Rolle. Doch wie oft gehen Agglo-Bewohner in ihrer Freizeit überhaupt in die Stadt? Auch dazu gibt die Umfrage eine Antwort. Fast die Hälfte gibt an, im Schnitt einmal pro Woche in die Stadt zu fahren. Jede fünfte Frau meidet die Stadt weitgehend. Äusserst stadtorientiert sind hingegen die unter 30-jährigen Agglo-Bewohner. 37 Prozent von ihnen sind fünf oder mehr Tage pro Woche in der Stadt anzutreffen.
So viel zum persönlichen Mobilitätsverhalten der Luzerner. Die Umfrageteilnehmer wurden aber auch zu ihrer Meinung rund ums Thema Stadtverkehr befragt. 50 Prozent sind «eher zufrieden» mit dem öffentlichen Verkehr in der Stadt Luzern. 19 Prozent sind sogar «sehr zufrieden». Die wichtigsten Anliegen in Sachen ÖV sind das zuverlässige Erreichen von Anschlüssen sowie Direktverbindungen zum Bahnhof. Letzteres steht allerdings im Widerspruch zu den Bestrebungen der Politik, Buslinien in Zukunft vermehrt an der Innenstadt vorbei zu führen.
Deutlich weniger positiv wird die Situation für den Autoverkehr beurteilt. Lediglich 39 Prozent finden die Situation zufriedenstellend. Ebenso viele sind «eher unzufrieden», weitere 15 Prozent sogar «sehr unzufrieden», wobei die Unzufriedenheit im rechten politischen Spektrum grösser ist als im links-grünen. Etwas überraschend decken sich diese Resultate nicht mit denen zur Frage «Erreichbarkeit der Stadt mit dem Auto». Hier finden nämlich drei Viertel der Befragten, dass die Stadt von der Agglo her gut per Auto erreichbar ist. Gut die Hälfte der Befragten findet, dass es generell zu viele Autos in der Stadt gibt. Jeder Fünfte findet, die Stadt sei zu wenig velogerecht. Gleichzeitig beurteilen 44 Prozent die Verkehrssituation für Velos als positiv.
Und das Dauerthema Parkplätze? Hier ist die Hälfte der Befragten zufrieden mit der jetzigen Situation und findet, das Parkplatzangebot in der Innenstadt sei genau richtig. 35 Prozent wollen die Parkplatzzahl vergrössern, 11 Prozent wollen sie verkleinern. Von denjenigen, die für mehr Parkplätze sind, geben rund 80 Prozent an, dass ein Parkhaus Musegg ein geeignetes Mittel für dieses Ziel sei. Eine interessante Aussage kann zum Thema Carparkplätze gemacht werden. Eine klare Mehrheit ist dafür, dass die Cars vom Schwanenplatz verschwinden. Bei Personen, die sich als links-grün bezeichnen, ist diese Haltung besonders ausgeprägt. Die Parkplätze am Löwenplatz hingegen sollen beibehalten werden, da sind sich alle politischen Lager einig.
Erstmals gibt es auch Aussagen darüber, wie die Luzerner zu den grossen Strassenprojekten Bypass und Spange Nord stehen. Hier zeigt sich ein grosses Informationsdefizit. Eine deutliche Mehrheit der Befragten hat nur wenig Kenntnisse über die beiden Grossprojekte. Dennoch stösst zumindest die Spange Nord mehrheitlich auf Zustimmung. Auch dies im Gegensatz zur offiziellen Haltung der Stadt Luzern, welche die Spange Nord in der geplanten Form ablehnt. Der Stadtrat fordert bekanntlich, den neuen Autobahnzubringer vom Schlossberg zur Fluhmühle möglichst unterirdisch zu bauen. 40 Prozent der Befragten würden diese Variante ebenfalls bevorzugen, während nur jeder Fünfte das Projekt Spange Nord in der aktuellen Form befürwortet. Hier gibt es übrigens auch wenig parteipolitische Unterschiede. Die Variante «Tunnel lang» stösst von links bis rechts auf grosse Sympathien.
Doch wer soll in Sachen Verkehr in der Stadt Luzern denn eigentlich die Richtung vorgeben? Diese Frage wurde bereits im ersten Teil der Untersuchung den Gewerbetreibenden gestellt. Diese zeigten ein grosses Misstrauen gegenüber der städtischen Verkehrspolitik und würden das Verkehrsdossier lieber einem Expertengremium oder Privaten anvertrauen. Bei der Bevölkerung sieht es anders aus. Gut die Hälfte findet, dass die Politik den Lead in Sachen Verkehr haben soll.
Von bürgerlicher Seite wird häufig kritisiert, Stadtrat und Parlament würden eine links-grüne Verkehrspolitik verfolgen. Bei der Umfrage zeigt sich nun aber, dass die Mitte-Personen das grösste Vertrauen in die Politik haben. 52 Prozent von ihnen finden, dass sie beim Verkehr den Lead haben soll. Das ist sogar mehr als bei den links-grünen Befragten (49 Prozent). Und selbst die Befragten des rechten Spektrums zeigen mit 44 Prozent noch ein relativ grosses Vertrauen in die Politik.
Hinweis: Die detaillierten Ergebnisse der Bevölkerungsumfrage »