Die Stadtangestellten dürfen während der Arbeitszeit keine Sportübertragungen schauen. Weil sie es trotzdem tun, greift die Stadt nun durch.
Es passierte am 21. und 22. Januar: Während der beiden Viertelfinals mit Schweizer Beteiligung bei den Australian Open kam das Informatiksystem der Stadt an seine Grenzen. Dies, weil viele Stadtangestellte die Matches von Stanislas Wawrinka am Dienstag- und von Roger Federer am Mittwochmorgen Schweizer Zeit an ihrem Computer via Live-Streaming verfolgten. «Es gab zeitlich beschränkte Störungen auf dem Internetanschluss bezüglich der Geschwindigkeit», bestätigt Christoph Gerdes, Leiter der städtischen Informatikabteilung, auf Anfrage unserer Zeitung. Wie viele und welche Angestellten die Matches live verfolgt hätten, habe man aus technischen Gründen nachträglich nicht eindeutig feststellen können.
Die Störungen waren offensichtlich so gravierend, dass die Dienstabteilung Prozesse und Informatik sofort reagieren musste: Nach Beginn des zweiten Viertelfinals mit Schweizer Beteiligung wurde laut Gerdes das komplette Live-Streaming technisch unterbunden. Zudem habe man alle Angestellten für die Problematik sensibilisiert. Diese Information sei in einem E-Mail an alle Dienstchefs und im Intranet erfolgt.
Darüber hinaus hat die Stadt laut Gerdes technische Massnahmen getroffen, die es der Informatikabteilung erlauben, im Wiederholungsfall eine Störung zu verhindern und Sanktionen zu treffen. Auf die Frage, welcher Art diese Sanktionen sein könnten, sagt Beat Däppeler, Personalchef der Stadt: «Dies ist eine Führungsaufgabe. Der Grad der Massnahme ist abhängig von der Schwere des Vergehens.» Im Personalreglement der Stadt steht dazu: «Bestehen Anhaltspunkte, dass Dienstpflichten verletzt worden sind, kann die zuständige Behörde zur Klärung des Sachverhalts eine Administrativuntersuchung einleiten.» Weitere Sanktionen, die aufgelistet werden, sind die Kürzung oder der Entzug des Lohns.
Das Androhen von Sanktionen scheint Wirkung gezeigt zu haben: Während der Olympischen Spiele in Sotschi hat es laut Gerdes bisher keine Probleme gegeben. Das Live-Streaming, das inzwischen wieder möglich sei, habe nicht unterbunden werden müssen.
Nichtsdestotrotz geht man bei der Stadt nun über die Bücher. «Momentan», so Däppeler, «erarbeitet die Dienstabteilung Personal in Zusammenarbeit mit der Informatikabteilung eine Anpassung der zu sperrenden Inhaltskategorien im Internet.» Bereits gesperrt sind Seiten zu Themen wie kriminelle Aktivitäten, Extremismus, sexuelle Angebote, Spiele und Waffen.
Wie aber kommen Stadtangestellte überhaupt dazu, während ihrer Arbeitszeit Sportübertragungen zu schauen? Ein Leser, der unsere Zeitung darauf aufmerksam gemacht hat, schreibt: «Ich frage mich, hat es zu viele Beamte auf unseren Ämtern, sind sie nicht ausgelastet, dass so etwas möglich und erlaubt ist?»
Die private Nutzung von Live-Streams ist in der Stadtverwaltung grundsätzlich nicht verboten. Die Nutzung ist aber auf ein Minimum zu beschränken und muss ausserhalb der Arbeitszeit erfolgen. Jeder Angestellte unterschreibt bei seinem Eintritt in die Stadtverwaltung die sogenannten «Verhaltensregeln für Informatikanwendende». Darin ist festgelegt: «Die private Nutzung ausserhalb der Arbeitszeit ist erlaubt (...). Die private Nutzung beschränke ich auf das Minimum.» Und im Personalreglement der Stadt heisst es: «Die Mitarbeitenden haben die gesamte Arbeitszeit für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zu verwenden.»
Genau das ist nun aber – zumindest während der Australian Open – nicht passiert. Stellt sich die Frage, was man bei der Stadt dazu sagt. Däppeler beantwortet diese Frage so: «Es gibt Dienststellen wie etwa die Abteilung Stadtraum und Veranstaltungen oder die Stelle für Kommunikation, die das Live-Streaming zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen. Das Schauen von Sportveranstaltungen gehört nicht dazu.»