Sie ist die jüngste Regierungsratskandidatin in der Geschichte des Kantons Luzern. Irina Studhalters Alter ist ihr grösstes Handicap – aber auch ihr grösster Trumpf.
Matthias Stadler
Zwei Ziffern reichen Kritikern, um Irina Studhalters bescheidene Chancen im Wahlkampf um einen Sitz im Regierungsrat zu beschreiben: 21. So alt ist die Kandidatin der Jungen Grünen. Noch nie kandidierte jemand Jüngeres für den Regierungsrat. Es ist ein Alter, in dem man wilde Nächte im Ausgang hat, in dem auch einmal über die Stränge geschlagen wird. Definitiv kein Alter, um zu Regierungsratswahlen anzutreten, so möchte man meinen. Irina Studhalter kümmert dies nicht. Die Malterserin tritt an, egal ob sie andere als frech oder respektlos betiteln. «Ich bin der Gegenpol zu der jetzigen Regierung und zu den anderen Kandidaten», sagt sie. Sie wolle als Vertreterin der Jungen und Frauen eine andere Perspektive in den Wahlkampf bringen. Und wenn ihre Kandidatur als frech abgestempelt werde, dann «soll es halt so sein», sagt sie.
Die Politikwissenschaftsstudentin legt den Fokus ihres politischen Programms auf die soziale Gerechtigkeit. «Ich habe schon immer ein starkes Gerechtigkeitsempfinden gehabt», sagt sie. Deswegen seien ihr Fragen zur Gleichstellung von Mann und Frau wichtig. «Ich will keine frauenfeindlichen Witze mehr hören müssen, bei denen die Männer trollig grinsen und die Frauen zu Boden schauen», schrieb die Junge Grüne in einem Blogeintrag. Und wenn man die Gleichberechtigung konsequent zu Ende denkt, sagt sie, sei es beispielsweise nicht gerechtfertigt, dass nur Männer Militär- oder Zivildienst leisten müssen. Aber grundsätzlich finde sie die Idee einer Dienstpflicht falsch.
Politisiert wurde sie durch ihren Vater Christof Studhalter, welcher Mitglied bei den Grünen und der Interessengemeinschaft Malters ist. Die Tochter begleitete den Vater schon als Jugendliche zu Versammlungen. Politik sei oft Tischgespräch in der Familie gewesen und sei es auch heute noch. «Die Politik wurde mir in die Wiege gelegt», erklärt die Vegetarierin. Auch ihr jüngerer Bruder Jona Studhalter ist bei den Jungen Grünen politisch aktiv. Vater und Bruder kandidieren für den Kantonsrat, und auch Irina Studhalter tritt als Kantonsratskandidatin an.
Dass die Junge Grüne sowohl für den Regierungsrat als auch für den Kantonsrat kandidiert, wird von politischen Gegnern kritisiert. Maurus Zeier, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz und Kantonsratskandidat der FDP Stadt Luzern, wirft Irina Studhalter mit ihrer Kandidatur für den Regierungsrat fehlenden Respekt vor dem Amt vor. Sie nutze es als Wahlkampftaktik, um in den Kantonsrat gewählt zu werden. Chancen, Regierungsrätin zu werden, gibt er ihr keine. Studhalter weist den Vorwurf des fehlenden Respekts zurück. «Das Gegenteil ist der Fall: Ich nehme meine Kandidatur todernst», sagt sie. «Ich habe grossen Respekt vor dem Gremium. Wenn ich diesen Respekt nicht hätte, würde ich nicht antreten.» Sie denke aber durchaus auch realistisch und wisse um ihre geringen Chancen.
Oft wird ihr auch fehlende Erfahrung vorgeworfen. Studhalter kontert, dass sie in der Bürgerrechtskommission von Malters sitze und schon lange bei den Jungen Grünen im Vorstand ist. Ihr sei wichtig, dass sie den Wählern eine Alternative bieten könne. «Denn der Kanton Luzern besteht nicht nur aus 50-jährigen Männern mit Krawatte.» Sie würde ein anderes Luzern repräsentieren, sagt Studhalter.
Rolf Sidler arbeitet mit Irina Studhalter zusammen in der Bürgerrechtskommission von Malters. Der SVP-Mann lobt die Arbeitsweise von Studhalter. Diese sei sehr angenehm und ruhig. Zum Vorwurf der fehlenden Erfahrung sagt er: «Sie hat trotz ihres jungen Alters schon politische Erfahrung und ist kein Greenhorn», sagt er.
Wohin sie ihre politische Karriere dereinst führen wird, wisse sie nicht, sagt Irina Studhalter. Politik sei überraschend und unberechenbar. So viel steht fest: Als jüngste Regierungsratskandidatin in der Geschichte des Kantons Luzern ist die Kandidatur von Irina Studhalter nicht nur überraschend, sondern auch frech.
Hand aufs Herz: Sie werden keine Chance haben, gewählt zu werden. Warum tun Sie sich die Kandidatur überhaupt an?
Irina Studhalter: Wir von den Jungen Grünen wollen der Stimmbevölkerung eine Auswahl bieten. Die Leute sollen eine Chance haben für einen Wandel.
Besteht nicht die Gefahr, dass Sie dem grünen Regierungsratskandidaten Michael Töngi wichtige Stimmen wegnehmen und mit Ihrer Kandidatur den Grünen schaden?
Studhalter: Es hat fünf Linien für Namen auf dem Wahlzettel. Ich glaube, dass Michael Töngi und ich uns gegenseitig sogar pushen und zu weiteren Stimmen verhelfen können.
Welches Departement würden Sie übernehmen, wenn Sie freie Wahl hätten?
Studhalter: Das Bildungs- und Kulturdepartement, da es mich als Studentin am meisten betrifft, ich mich schon intensiv damit auseinandergesetzt habe und es deswegen auch gut kenne.
Ist Ihre Regierungsratskandidatur nicht einfach Wahlkampf für den Kantonsrat, für welchen Sie auch kandidieren?
Studhalter: Politik ist immer auch Taktik. Meine Kandidatur war eine Entscheidung der Jungen Grünen des Kantons Luzern. Aber ich gebe zu, hinter dem Entscheid meiner Kandidatur stehen auch wahlkampftaktische Überlegungen.
Was würden Sie als Regierungsrätin ändern?
Studhalter: Ich möchte ein anderes Bild der Politik vermitteln. Ich würde mich als Regierungsrätin für die Anliegen von Jungen und Frauen einbringen.