Wegen Auszonung in Vitznau: Strüby-Gruppe droht ein Millionenschaden

Oberhalb des Dorfes Vitznau möchte die Strüby-Gruppe eine Überbauung realisieren. Jetzt droht ein Millionenverlust.

Josias Clavadetscher
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Blick vom «Oberen Semli» (im Vordergrund) in Richtung Dorfzentrum Vitznau.

Blick vom «Oberen Semli» (im Vordergrund) in Richtung Dorfzentrum Vitznau.

Bild: PD

In zwei Wochen stimmt die Gemeinde Vitznau über ihr Siedlungsleitbild 2050 ab. Es ist mit grossem Tempo seit Anfang 2019 erarbeitet worden und soll aufzeigen, wo und wie sich die Gemeinde in den nächsten knapp 30 Jahren baulich entwickeln soll. Das Siedlungsleitbild wird als Planungsinstrument behördenverbindlich sein, wird aber nicht «Grundeigentümer-­verbindlich». Nur heisst das allerdings auch, dass dieses Siedlungsleitbild als Basis für die anschliessend weiterführende Nutzungsplanung dienen wird. Damit hat es doch planerische Auswirkungen.

Wie Gemeindeammann Alex Waldis erklärte, wird das Siedlungsleitbild 2050 dem Bürger «zur Kenntnisnahme» vorgelegt. Er kann diese zustimmend oder ablehnend beantworten, den Bach hinunter­schicken kann er es nicht. Denn eigentlich müsste ein Leitbild gar nicht dem Bürger vorgelegt werden. Stimmt der Bürger jedoch dem Siedlungsleitbild zu, so erhöht dies dessen Legiti­mation.

Viel zu grosse Bauzonen in Vitznau

Ganz freiwillig allerdings hat Vitznau dieses neue Leitbild nicht entwickelt. Es besteht grosser Druck von oben. Das Raumplanungsgesetz des Bundes ist 2014 in Kraft getreten und verlangt die haushälterische Nutzung des Bodens und einen Stopp der Zersiedelung. Die darauf revidierte Richtplanung des Kantons Luzern ist 2015 in Kraft getreten und setzt diese Bundesverpflichtung um. Der Richtplan stellt fest, dass die Bauzonen in Vitznau stark überdimensioniert und Rück­zonungen damit unvermeidbar sind. Für Vitznau hat der Kanton sogar Planungszonen erlassen, welche die kritischen Gebiete bis Mai 2021 unter die Glas­glocke gestellt haben.

Von Rückzonungen betroffen ist nun auch das Gebiet Semli direkt angrenzend ans Dorfzentrum. Eine grosse Bauparzelle ist dort Anfang 2018 von der Strüby Konzept AG erworben worden, um ein gemischtes Projekt zu realisieren. Übrigens zusammen mit der Eigentümerin des Nachbargrundstücks, der ehemaligen Semli-Schreinerei. Nun stellen diese beiden Grundeigentümer plötzlich fest, dass ihr Areal rückgezont werden soll. Es befindet sich zum Teil zwar immer noch innerhalb der neu vorgesehenen «Siedlungsbegrenzungslinie», ist aber für eine Neueinzonung und Überbauung erst «bei Bedarf ab 2035» vorgesehen.

Die Strüby Konzept AG wehrt sich nun gegen dieses Siedlungsleitbild. Bei sämtlichen bisherigen Planungen sei das obere Semli als «zentral gelegene Parzelle» immer im Siedlungsgebiet enthalten gewesen, jetzt plötzlich nicht mehr. «Aus unserer Sicht macht es wirklich keinen Sinn, einerseits zentral gelegenes Bauland wie das obere Semli auszuzonen und gleichzeitig die Kernzone Richtung Norden zu erweitern», erklärt Pius Kneubühler, CEO der Strüby-Unternehmungen. Er verweist auf das sehr locker bebaute Gebiet Huseboden, wo das Luzerner Kantonsgericht den Gestaltungsplan für ein umstrittenes Luxusprojekt bereits aufgehoben hatte. «Sieht so wirklich verdichtetes Bauen aus?», stellt Kneubühler die rhetorische Frage.

Es droht ein Millionenverlust

Die 12500 Quadratmeter grosse Parzelle Semli liege innerhalb der Siedlungslinie, sei erschlossen, alles andere als peripher und lasse eine Entwicklung nach innen zu. Wird diese Parzelle ausgezont, wäre dies faktisch eine kalte Enteignung. Vor zwei Jahren hat die Strüby­-Gruppe dieses Areal für «mehrere Millionen Franken» erworben. Die Rückzonung in Landwirtschaftsland würde damit für sie einen Millionenverlust auslösen. Kommt noch dazu, dass der damalige Kauf rund 1,1 Millionen Franken an Grundstück­gewinn- und Handänderungssteuern für die Gemeinde und den Kanton ausgelöst hat.

Abstimmungswerbung gegen das Siedlungsleitbild

Darum schaltet sich die Strüby­Gruppe nun in die Abstimmung ein. Mit einem Rundschreiben werden alle Haushaltungen in Vitznau aufgefordert, zum Siedlungsleitbild Nein zu stimmen, was gleichzeitig ein «Ja für ein attraktives Zentrum in Vitznau» bedeute. Der Gemeinderat habe anschliessend noch genügend Zeit, um das Siedlungsleitbild «zu korrigieren und anschliessend die Revision der Nutzungsplanung öffentlich aufzulegen», erklärt Pius Kneubühler.