Landschaftsschützer wehren sich gegen die geplante Gondelbahn von Weggis nach Rigi Kaltbad und zeigen den Rigibahnen Alternativen auf. Diese wollen den Vorschlag prüfen – nicht ganz uneigennützig.
Eine Gondelbahn soll es sein. Sie soll die bestehende Pendelbahn Weggis – Rigi Kaltbad ersetzen. Darauf haben sich die Rigibahnen im Dezember festgelegt und sich damit in eine schwierige Situation manövriert.
Neben der Grundsatzdiskussion über die Besucherzahlen auf dem Berg ist vor allem der Eingriff in die Landschaft umstritten. Eine Gondelbahn hängt tiefer als die heutige Pendelbahn und braucht deutlich mehr Masten. Sind es heute drei, wären künftig 14 Stützen nötig.
Nun scheint sich eine neue Lösung abzuzeichnen. Wie die Rigibahnen kürzlich an einer Infoveranstaltung erklärten, prüfen sie eine neue Variante für den Ersatz der 51-jährigen Luftseilbahn. Die Rede ist von einer Weltneuheit, welche die Vorteile einer Pendelbahn mit jenen einer Gondelbahn kombiniert. «3S light» wird diese Variante von den Rigibahnen genannt. Konkret würde sie so funktionieren: Wie bei einer normalen Umlaufbahn fahren mehrere Gondeln im Kreis. Sie hängen aber nicht an einem Seil, sondern an drei – deshalb der Name 3S. Es handelt sich um zwei Tragseile und ein Zugseil. So werden weniger Stützen benötigt, und der Bodenabstand ist grösser. Das Landschaftsbild wird weniger stark beeinträchtigt.
Solche Umlaufbahnen gibt es schon einige, allerdings nur dort, wo grosse Kapazitäten benötigt werden. Beispielsweise in der chinesischen Stadt Jiujiang. 3S-Seilbahnen können pro Stunde 2500 Personen und mehr befördern. Viel zu viel für die Weggiser Seilbahn. Nun wird eine Variante mit kleineren Kabinen geprüft – deshalb der Zusatz «light». Die heutige Bahn transportiert pro Stunde rund 650 Passagiere, für die Zukunft planen die Rigibahnen mit 800 Passagieren.
«3S light»: Damit liesse sich also eine Gondelbahn realisieren, die gleich viele Stützen hat wie die heutige Luftseilbahn. Zumindest in der Theorie. Die Rigibahnen haben nun den Seilbahnbauer Garaventa damit beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen laut Jörg Lustenberger, Leiter Betrieb, Technik und Infrastruktur der Rigibahnen, Ende Monat vorliegen. Dann sollten auch konkretere Angaben zur Grösse der Station, zur Anzahl der Stützen und zu den Kosten möglich sein.
Die Rigibahnen prüfen diese neuste Variante ziemlich spät. Die Planung für den Ersatz der bestehenden Pendelbahn hat vor zehn Jahren begonnen und ist weit fortgeschritten. Inzwischen haben die Rigibahnen erste Schritte für die Realisierung eingeleitet. Im Sommer sollen die Ergebnisse der Vorprüfung des Umweltverträglichkeitsberichts vorliegen, und der Architekturwettbewerb für den Bau der Berg- und Talstation soll starten.
Weshalb also macht das Unternehmen nun nochmals einen Schritt zurück und prüft eine Variante, die in dieser Form weltweit noch gar nicht existiert? Der Vorschlag für den Bau einer «3S-light»-Seilbahn kam von der Vereinigung Pro Rigi, welche sich für eine nachhaltige Entwicklung des Rigigebiets und den Schutz des Landschaftsbilds einsetzt. «Die vorgeschlagene Variante gibt es als fertiges Produkt nicht. Deshalb hatten wir sie nicht auf dem Radar», sagt Jörg Lustenberger.
Die Rigi gehört zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler. Pro Rigi will diese Landschaft schützen und ist deshalb gegen eine Gondelbahn mit bis zu 14 Masten. Eine «3S-light»-Seilbahn hingegen sollte sich in gleichem Rahmen ins Landschaftsbild einfügen wie die alte. Vorbehalte gegenüber einer Einseil-Gondelbahn auch der Landschaftsschutzverband Vierwaldstättersee – ebenfalls wegen der vielen Stützen. Präsident Urs Steiger bezeichnet die neue Variante als «möglichen Mittelweg». Er fordert aber auch eine Grundsatzdiskussion über die Anzahl Ausflügler auf dem Berg und damit über die Aufenthalts- und Erholungsqualität.
Jörg Lustenberger von den Rigibahnen ist sich der Nachteile einer normalen Gondelbahn bewusst. Mit dem nun eingeschlagenen Weg hofft er, eine breit abgestützte Lösung zu finden. «Wir müssen verschiedene Varianten aufzeigen können.» Das helfe auch bei allfälligen Einsprachen gegen die neue Seilbahn, sagt Lustenberger:
«Wir hätten einen schweren Stand, wenn wir nicht alle denkbaren Varianten prüfen würden.»
Dass dies bisher nicht geschehen ist, kritisiert Urs Steiger vom Landschaftsschutzverband: «Das gehört zu einer seriösen Planung dazu.» Immerhin dürften bald «saubere Entscheidungsgrundlagen vorliegen». Dabei gehe es nicht nur um die Zahl der Masten, sondern auch etwa um deren Höhe und Gestaltung, die betroffenen Lebensräume, sowie die Breite der Schneise im Wald.
Der Schritt zurück könnte also helfen, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die Rigibahnen investieren einen grösseren Betrag in die Machbarkeitsstudie der Garaventa, wollen die Höhe der Summe aber nicht nennen. Jörg Lustenberger betont: «Wir prüfen die neue Variante nicht zum Spass. Es handelt sich um eine valable Option.»
Im Frühling nächsten Jahres wollen die Rigibahnen den definitiven Entscheid für die neue Luftseilbahn Weggis – Rigi Kaltbad fällen. Bau und Inbetriebnahme ist von Herbst 2021 bis Sommer 2022 vorgesehen.
Allerdings gibt es noch Unsicherheiten: Sollte die neue Variante realisierbar sein und sich die Rigibahnen tatsächlich für diese entscheiden, könnte dies Einfluss auf den Zeitplan haben. «Das grösste Verzögerungsrisiko besteht darin, dass eine solche Seilbahn noch nicht existiert und zuerst entwickelt und zugelassen werden müsste», sagt Jörg Lustenberger, Leiter Betrieb, Technik und Infrastruktur.