Seit gestern steht das Entlebuch wieder im Bann des Amts- und Wyberschiessets. Die Frauen schiessen nicht nur mit, sie sind auch für den Gabentempel besorgt.
Stephan Santschi
«Das ist eine Tradition, die wir erhalten sollten. Ohne das Wyberschiesset ginge ein Stück Heimatgefühl verloren.» Conny Wicki (40) aus Entlebuch verlässt strahlend die Schiessanlage in Werthenstein. Gekleidet in eine Entlebucher Sonntagstracht, hat sie soeben zwei Schüsse auf eine der 300 Meter entfernten Scheiben abgegeben. 80 und 84 sind ihre Ergebnisse in der Kategorie Wyberstich. «Gemein, beim Probeschuss schaffte ich 98», erzählt sie und lacht.
Seit gestern wird am Entlebucher Amts- und Wyberschiesset wieder scharf geschossen. Neben dem Kampf um den Titel der Schützenkönigin und des Schützenkönigs stehen Tradition und Geselligkeit im Mittelpunkt. Höhepunkt ist der übernächste Sonntag, wenn in Entlebuch der Festtag mit dem Umzug auf dem Programm steht. Dann werden 400 Teilnehmer und mindestens 2000 Zaungäste erwartet.
Rund 70 Prozent der insgesamt rund 1000 Schützinnen und Schützen sind Laien. So wie Conny Wicki. «Ich nehme alle drei Jahre ein Gewehr in die Hand», erzählt sie. Also jeweils nur dann, wenn das Amts- und Wyberschiesset stattfindet. Seit dem Jahr 1900 wird es alle drei Jahre abwechselnd in den Kreisen Escholzmatt, Schüpfheim und Entlebuch ausgetragen. Heuer ist die Feldschützengesellschaft Entlebuch mit der Austragung beauftragt, 2018 ist wieder Schüpfheim an der Reihe.
Der Ursprung des Volksanlasses führt bis ins Jahr 1579 zurück. Später spendeten die gnädigen Herren aus Luzern Gaben für das Schützenfest, um die ländliche Bevölkerung zufriedenzustellen. Nach dem Abdanken der Vögte übernahmen die Wyber das Sammeln der Preise. «Seit über 100 Jahren schiessen die Frauen nun auch mit», erzählt Schützenmeister Josef Felder. Wyber dürfe man sie dabei noch immer nennen, «allerdings nur, solange der Anlass dauert», ergänzt er schmunzelnd.
Mittlerweile sind die Wyber sogar die wichtigsten Protagonisten. «Vor drei Jahren hatten wir erstmals mehr weibliche als männliche Teilnehmer», berichtet Felder. Den beachtlichen Gabentempel im Wert von rund 120 000 Franken bestellen die Frauen weiterhin.
Zu einem richtigen Familienevent avanciert das Schiessen für die Rööslis aus Entlebuch. Mutter Elsbeth (54) und ihre Töchter Barbara (29), Sandra (23) und Ramona (19) fanden sich gestern alle in Edelweisshemden gekleidet in Werthenstein ein. «Ich bin die Drahtzieherin, ich habe dafür gesorgt, dass wir alle mitmachen. Das ist einfach ein schöner Anlass», erzählt Barbara. Ihr Flair für das Schiessen erklärt die zweifache Mutter so: «Man kann nicht betrügen und das Resultat nicht mehr verändern. Ich war auch schon so nervös, dass ich die falsche Scheibe getroffen habe.» Dafür müsse man sich nicht schämen, sagt Schützenmeister Felder und gesteht: «Das ist mir auch schon passiert.»
Geschossen werden kann noch bis Montag. Zugelassen ist jeder ab einem Alter von zehn Jahren mit Entlebucher Bürgerrecht oder mit Wohnsitz im Amt Entlebuch seit mindestens drei Jahren.
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