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An diesem Wochenende findet in Weggis das Rosenfest statt. Die Wurzeln des Festes, bei dem jeweils eine Rosenkönigin gekürt wird, reichen bis in die Goldenen 1920-Jahre zurück. Zu den Gründervätern gehörte auch eine besonders schillernde Figur.
Sieben junge Männer mit einem Überschuss an Tatendrang sitzen morgens um 3 Uhr in einer Kneipe. Was könnte da schon schiefgehen? Sie umgibt ein reichlich verschlafenes Kurörtchen am Fusse der Rigi namens Weggis. Doch diese jungen Herren denken nicht ans Schlafen – im Gegenteil! Das ganze Dorf soll jetzt aufwachen und endlich zu Höherem aspirieren, als bloss eine Ansammlung von Hotels und Parkbänken mit Seesicht zu sein. Ein Fest soll her – ein richtiges Volksfest soll es sein.
Ideen, die zu solch fortgeschrittener Stunde geboren werden, gehen entweder im Dröhnen des darauffolgenden Katermorgens unter – oder werden zur von Mythen und Legenden umwobenen Erfolgsgeschichte. Die Geschichte des Weggiser Rosenfestes gehört zur Letzteren.
Es ist der 14. November des Jahres 1925. Die eingangs erwähnte Szene spielt sich in dieser Nacht im «Holländerstübli» des Hotels Post ab. Die Ziele der Männerrunde sind klar: Weggis soll mehr «Persönlichkeit» entwickeln, die Saisongäste sollen auch kulturell angesprochen werden. Und die Musik. Ja, die Musik muss unbedingt besser – oder zumindest schneller und lauter werden.
Als grosse Hürde wird die «alte Garde» empfunden, welche jede Veränderung im Dorf als Gefahr und mit Feindseligkeit betrachten würde. Um dem entgegenzuwirken, wählt man einen möglichst entwaffnenden Namen, unter dem man seine Pläne umzusetzen versucht. Und so wird, hinter sorgfältig verhängten Fenstern, im Schein einiger wenigen brennenden Kerzen, in dieser Nacht der «Klub der Harmlosen» gegründet. Der Rest ist, wie man heute zu sagen pflegt, Geschichte. Aber was für eine.
In den noch vorhandenen Unterlagen der heutigen Organisatoren des Rosenfestes finden sich mehrere Dokumente und Hinweise auf die Anfänge und die Entwicklung des Anlasses. Eine der schillerndsten Figuren dieser Zeit ist zweifelsohne Fred Dolder (1898– 1988). Er war einer der Wortführer beim Klub der Harmlosen. Dolder machte sich zeitlebens sowohl als Hotelier einen Namen wie auch als Pionier der Ballonfahrt im hochalpinen Raum. Bekannt wurde er zudem für seine Ballonpost: Mit dem Verkauf von Postkarten, die er per Ballon ins benachbarte Ausland transportierte, sammelte er Geld für die Pestalozzi-Kinderdörfer.
1958 verfasste er einen aufschlussreichen Bericht über die Entstehung des Rosenfestes. Dass Dolder und seine sechs Mitstreiter das geplante Volksfest ins Zeichen der Rose stellten, ist vorab einem Besuch Dolders in Montreux geschuldet. Dort fand zwischen 1897 und 1957 jeweils ein «Narzissen-Fest» statt. In Weggis sollte dann die Rose aufblühen.
Und was wäre ein solches Rosenfest ohne eine Rosenkönigin? So weit, so gut. Nun noch zur Musik. Dolder erinnerte sich, dass er und seine Mitstreiter das Gefühl hatten, man selbst könnte bessere Tanzmusik machen als das, was bis anhin in Weggis zu hören war: «In einem Anfall hemmungsloser Euphorie beschlossen wir, die erste schweizerische Amateur-Jazzband zu starten», schreibt Dolder, der als Geiger fungierte. «Zwar spielten wir nicht besonders schön, aber dafür umso lauter.» Der Name dieser Jazz-Band: The Harmless-Band. Logisch.
Was als rauschende Party im kleinen Kreis begann, entwickelte sich schnell zu einem immer grösseren Fest. Eines, das seit 92 Jahren jeweils im Sommer für ein Wochenende im Juli aufblüht – ganz im Sinne der Gründerväter.