In zehn Stunden fahren 39 Teams auf einer Wiese um den Sieg. Gewonnen haben bei diesen Strapazen aber eigentlich alle.
Roger Rüegger
Das Prozedere vor dem Start wird reichlich ausgeschmückt. Die 39 Töffli stehen in einer Reihe entlang der Rennstrecke. Die ersten Fahrer der 39 Teams warten auf der gegenüberliegenden Seite der Start-Ziel-Geraden. Am 10-Stunden-Mofarennen, das in Winikon zum fünften Mal durchgeführt wird, wird traditionell der Le-Mans-Start zelebriert. Beim Startschuss rennen die Fahrer zu ihren Maschinen, werfen die Motoren an und los gehts.
Punkt 9.30 Uhr am Samstagmorgen wird es so weit sein. Bis dahin erkundigt sich Platzspeaker Reto Steiger von dem organisierenden Club Moto Riders Triengen bei den Teams über die Befindlichkeiten. Der «Bande of Brothers» aus dem Hinterland, dabei handelt es sich um sechs Burschen einer Familie Hügli, fühlt er speziell auf den Zahn. «Man hat euch um vier Uhr morgens noch im Festzelt gesehen. Ist das das Rezept für ein erfolgreiches Rennen?», fragt er Startfahrer Ueli (41). Dieser meint, dass an seinem Helm in der Nacht zwar ein Horn abgebrochen sei, sonst hätten er und seine Mitstreiter sich aber top vorbereitet, ohne weiteren Schaden anzurichten.
Für die Hüglis ist es heuer die vierte Teilnahme. «Wir verbinden das Rennen immer mit einem Cousin-Treffen. Da gilt es auch zu feiern», sagt Cousin Stefan (39), kurz bevor das Rennen mit einem Startschuss eröffnet wird. Ueli «metzget» sich gut und fährt in den ersten Runden vorne mit. Wobei erwähnt werden muss, dass einige Teams auf den sportlichen Erfolg setzen, während bei anderen die Geselligkeit Vorrang hat. Entsprechend zügig legen sich die einen auf der Piste ins Zeug beziehungsweise in die Kurven – andere wieder eher an der Bar oder im Festzelt.
Das Team Fazzoletti etwa hat klar das Ziel zu gewinnen. Am Pistenrand fiebert eine ganze Familie mit. «Hopp Flavio, choooommm», schreit Diana Fries, die Mutter eines der Fazzoletti-Fahrer aus Triengen. Auch Vater Viktor, Schwester Ladina und Nachbarin Miriam drücken dem 21-Jährigen, der das Rennen für das Team eröffnet, die Daumen. Der junge Kerl hat das Töffli im Griff. Die Töffli, die maximal 49,9 Kubikzentimeter Hubraum aufweisen dürfen, schiessen teilweise mit abenteuerlicher Geschwindigkeit über die 770 Meter lange Strecke, die auf einer Wiese in der Erlimatt ausgesteckt ist. Nach einer Stunde wird zum ersten Mal abgerechnet. Das Team Lötscher 63 führt die Tabelle mit 45 Runden an. Die Hügli-Buben haben zu dieser Zeit sieben Runden Rückstand. Das Team, das nach zehn Stunden die meisten Runden gefahren ist, gewinnt.
Anders als an früheren Rennen ist am Samstag nur eine Frau am Start. Sie heisst Andrea Lüthi und fährt für das Team Pony Theiler. «Unser Teamchef Vönu hat mir vorgestern gesagt, dass sie noch einen Fahrer brauchen und dass ich die Richtige sei», sagt die 47-jährige Triengerin, die vor 30 Jahren zuletzt auf einem Töffli sass. Sie behauptet, dass man sie ins Team genommen habe, weil sie die Schwächste sei. «So haben die anderen Teams auch eine Chance auf den Sieg», sagt die Frau und grinst. Dabei kann sie nicht verheimlichen, dass sie vor ihrem Start etwas nervös ist.
Beim Töfflitreffen, das in Winikon am Samstag zum zweiten Mal stattfand, tröpfeln junge und junggebliebene Töfflibuben gegen Mittag ein. Lukas Keller (50) und Erwin Fleischmann (69) aus Sachseln haben mehrere Stunden Reisezeit auf sich genommen. Sofort werden sie von einem Quartett Töfflibuebe aus der Region umlagert. Die älteren Burschen erzählen, dass sie schon mal nach Chur fahren, um eine Glace zu essen. Die jungen Männer Simon, Linus, Beat und Mike aus Knutwil und Schlierbach machen grosse Augen und träumen von ihrer nächsten Reise. «Gestern waren wir in Deutschland, um Teile für den Motor zu kaufen. Dann waren wir in einer Beiz, wo es super Fleisch gab. Dort fahren wir nächstens wieder hin. Aber mit den Töffli», sagt Simon.
Nach zehn Stunden haben es 35 Teams ins Ziel geschafft. Völlig fertig die einen, mit Energiereserven die anderen. Gewonnen hat das Team Lötscher 63 aus Muri, das 433 Runden zurücklegte. Gefolgt von Güggehü Racing aus Kölliken mit gleich viel Runden, aber einem Rückstand von 24 Sekunden. Hell on Wheels aus Winikon wurde Dritte. Die Hüglis belegten den 7. Rang, womit die Jungs sehr zufrieden sind, wie Stefan am Samstagabend erzählt. «Wir haben es durchgezogen. Unser Ziel waren die Top Ten.» Pony Theiler und die Cousins platzierten sich auf dem 24. Rang. Fazzoletti musste vorzeitig aufgeben. Wie sich unsere Helden an der After-Race-Party geschlagen haben, wollen wir vermutlich gar nicht wissen. Aber Gewinner sind dort vermutlich alle – oder die meisten.