Evelinn Trouble oder Salsaparty? Eigentlich kam man in die Luzerner Schüür, um das starke neue Album der Zürcherin live zu hören.
«Sisters are doin’ it for themselves», sangen Annie Lennox und Aretha Franklin. «Wir Schwestern kommen auch alleine klar.» Das war 1985. Evelinn Trouble ist ihre eigene Meisterin. Sie schreibt und produziert ihre Songs selber, spielt Keyboard und Gitarre.
Für die Albumtour hat die 33-jährige Zürcherin, mit bürgerlichem Namen Linnéa Racine, eine reine Frauenband zusammengestellt.
Ganz im Sinne von «Helvetiarockt». Um Frauen in der Musikbranche zu angemessener Sichtbarkeit und Anerkennung zu verhelfen. Zur Band gehört die Gitarristin Anisa Djojoatmodjo. Sie hat man, auch in der Schüür-Bar, als Teil des grandiosen Indie-Pop-Duos Ikan Hyu erlebt. Ähnlich auch der optische Auftritt der Trouble-Band ganz in Weiss, einfach ein bisschen klassischer, gesetzter.
So klingt auch Evelinn Troubles neue Musik. «I’ve been blessed with longing fever/I see life in everything» – das sehnsüchtige Fieber nach der Welt und nach dem Leben verpackt sie in sehnsüchtige Balladen, in schmerzhaft-melancholische und verspielte Indie-Popsongs. Verdammt cool ist das. Zwischen die ersten vier Titel der aktuellen Platte «Longing Fever» schiebt sie «Hope Music» ab der gleichnamigen EP aus dem Jahr 2018: «No, i don’t wanna feel dead anymore». Dem, was in den Songzeilen noch in der Zukunft lag – «Hope Music is gonna save my soul/Hope Music is gonna make me whole» –, ist die Wahlbaslerin inzwischen wohl ein ganzes Stück näher gekommen.
Ihr Gesang ist jazzig, geht manchmal fast in Richtung R’n’B, und es gibt den vertrauten Sprechgesang. Auf ihrem letzten Album «Arrowhead» (2015) war das noch anders. Mehr Indie-Pop-Rock, gab Evelinn Trouble auch stimmlich oftmals Gas. Gegenüber der WOZ sagte sie – ganz Tochter einer Jazzsängerin (Marianne Racine):
«Ich hatte irgendwann keine Lust mehr, mein Publikum anzuschreien.»
Pauline Jung am Schlagzeug wirft einen Blick zu Hannah Wiese am Bass. Sie lächelt. Die Chemie der neuen Band ist ganz und gar harmonisch, leise euphorisch. Wäre da nicht die Salsaparty im oberen Stock. Dann versagt auch noch der eine Verstärker und verlangt nach einer «technischen Formation».
Ob das immer so sei in der Schüür, dass man zwei für eins bekomme, fragt Evelinn Trouble ins Publikum. Und meint:
«Das Konzept geht nicht wirklich auf.»
Und dann schiebt die Musikerin nach: «But it’s not for me to say. Ech be nome Gascht do.» Ein Gast, der arbeitet, wohlgemerkt. Enfant terrible der Schweizer Musikszene? Nein, das ist Evelinn Trouble längst nicht mehr. Eine Sophie Hunger hat da auch schon brüsker reagiert. Damals war es umgekehrt: Konzert oben, Salsaparty unten.
Das Publikum verlangt erst recht nach einer Zugabe. Die gibt’s nicht. Das ist unter diesen Umständen auch verständlich. Evelinn Trouble wird den Auftritt in der Schüür wohl nicht in bester Erinnerung behalten. An ihr und der Band lag’s mit Sicherheit nicht.
Salsa-Rhythmen dringen ins Ohr. Nichts wie weg hier.
Die Kritik, dass zwei gleichzeitige Veranstaltungen unter den gegebenen Umständen nicht optimal sind, ist laut Schüür-Geschäftsleiter Marco Liemd «berechtigt». So sei die Verbindungstüre zum Beispiel eine provisorische Holztüre. Und genau diese Situation sei ein Grund für den Umbau, der bald abgeschlossen sein wird. Die Problematik mit zwei gleichzeitigen Veranstaltungen sollte dann der Vergangenheit angehören. Und Liemd fügt hinzu: «Wir haben übrigens reagiert und die Salsas abgesagt oder zeitlich angepasst bis Ende des Baus.»