Pandemie
Kanton Luzern bietet Zivilschützer für Spitäler auf, Ethikkommission bereitet Triage vor

Schon ab Montag werden Zivilschützer im Luzerner Kantonsspital in der Pflege aushelfen, um das Personal zu entlasten. Zudem versucht die Regierung, Betten frei zu kriegen – und sie verschärft die Massnahmen.

Christian Glaus
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Die neuen Massnahmen im Kanton Luzern im Überblick

  • Schule: Ab Montag gilt die Maskenpflicht ab der 1. Klasse. Ab Januar gibt es auch in der Primarschule Reihentests.
  • 3G+: In Spitälern, Alters- und Pflegeheimen und weiteren Betreuungseinrichtungen gilt Zertifikats- und Maskenpflicht. In besonderen Situationen kann auf das Zertifikat verzichtet werden, etwa wenn Angehörige im Sterben liegen oder bei einer Geburt.
  • Pflegepersonal: 3G+ gilt auch für Mitarbeitende in den Betreuungseinrichtungen.
So wie im Kantonsspital Genf kommt der Zivilschutz auch im Luzerner Kantonsspital zum Einsatz.

So wie im Kantonsspital Genf kommt der Zivilschutz auch im Luzerner Kantonsspital zum Einsatz.

Bild: Laurent Gilliéron / Keystone (6. April 2020

Mehr und mehr Covid-Patienten werden eingeliefert. Das führt dazu, dass die Spitäler nun im Kanton Luzern an den Anschlag gelangt sind. Per Montag kommen deshalb im Luzerner Kantonsspital Zivilschützer zum Einsatz, wie das Gesundheits- und Sozialdepartement mitteilt. Sie sollen das Personal in der Pflege unterstützen und für Entlastung sorgen. Gegenüber unserer Zeitung sagt Regierungsrat Guido Graf (Die Mitte): «Die Spitäler sind voll, die Mitarbeitenden unter grossem Druck. Sie brauchen jetzt Unterstützung.»

Wie viele Zivilschützer genau aufgeboten werden, ist noch nicht bekannt. Es handelt sich um ein laufendes Gesuch, das über den kantonalen Krisenstab abgewickelt wird. Klar ist hingegen, dass es sich um Zivilschützer handelt, die im vergangenen Jahr im provisorisch eingerichteten Notspital ausgebildet wurden.

Situation in Spitälern «noch dramatischer» als 2020

Graf sagt, die Situation in den Spitälern sei verglichen mit der zweiten Welle «noch dramatischer». Insgesamt werden in den Intensiv- und Isolierstationen des Luzerner Kantonsspitals (Luks) 58 Covid-Patienten behandelt. Davon sind 55 nicht geimpft. Auf der Intensivstation liegen laut Graf zwar insgesamt weniger Covid-Patienten als vor einem Jahr. Der Aufwand für die Pflege sei aber enorm: «Sie binden etwa gleich viele Ressourcen wie etwa zehn Herzpatienten.» Wegen der hohen Belastung müssen auch am Luks wieder nicht dringliche Operationen verschoben werden.

Ethikkommission bereitet sich auf Triage vor

Ob dies reichen wird, um all die Coronapatienten auf der Intensivstation zu versorgen? Offensichtlich hat man selbst beim Luks Zweifel. Graf sagt: «Eine Ethikkommission bereitet sich am Kantonsspital nun auf ihre Arbeit vor – so wie in anderen Spitälern auch. Wenn die Kapazitäten nicht mehr ausreichen, wird diese entscheiden müssen, wer behandelt werden kann.» Das Spital orientiere sich dabei an den Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW). Noch sei keine Triage erfolgt. Der Gesundheits- und Sozialdirektor schliesst aber nicht aus, dass eine solche bald nötig sein wird.

Weil die Spitäler voll sind, arbeitet der Kanton aktuell an verschiedenen Szenarien, um zusätzliche Betten bereitzustellen. Man sei im Gespräch mit verschiedenen Institutionen, sagt Guido Graf. Ein Szenario sei auch, dass im Paraplegiker-Zentrum (SPZ) in Nottwil eine Bettenstation errichtet wird. Entsprechende Abklärungen laufen und die Gespräche werden nächste Woche fortgeführt.

Maskenpflicht gilt neu ab der 1. Klasse

Ab der 1. Primarklasse gilt neu Maskenpflicht.

Ab der 1. Primarklasse gilt neu Maskenpflicht.

Symbolbild: Matthias Balk

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen, hat der Luzerner Regierungsrat verschiedene Schutzmassnahmen beschlossen. Diese gelten zusätzlich zu jenen, die der Bundesrat verkündet hat. Zusätzlich zur 3G+-Regel, die Graf vor über einer Woche angekündigt hatte und auf die nun auch der Bundesrat setzt, gelten neue Regeln an den Schulen. Ab nächstem Montag müssen Kinder bereits ab der 1. Klasse in den Innenräumen der Schule eine Maske tragen. Bisher galt die Maskenpflicht ab der 5. Klasse. Ausgenommen ist die Basisstufe. «Mit dieser Massnahme sollen die Infektionsketten durchbrochen werden und Quarantäneanordnungen für ganze Klassen vermieden werden», heisst es in der Mitteilung des Kantons.

Reihentests für 33'000 weitere Schulkinder

Eher überraschend werden per 3. Januar 2022 auch die Reihentests auf die Primarschule ausgeweitet. Bisher fanden repetitive Tests ab der Oberstufe statt. Dass nicht auch Primarschüler getestet werden, begründete der Kanton mit dem grossen Aufwand. Die Zahl der Kinder, die an den freiwilligen Tests teilnehmen können, verdreifacht sich von 16’000 auf 48’000.

Auch gegenüber dem Bundesrat äusserte sich der Regierungsrat diese Woche zurückhaltend zur Ausweitung der Reihentests. Nun führt er sie also doch ein. Allerdings wird eine Vorlaufzeit von rund vier Wochen benötigt, um die Testkapazitäten auszubauen, wie unsere Zeitung diese Woche berichtete.

Corona-Spucktests in Meggen.

Corona-Spucktests in Meggen.

Bild: Eveline Beerkircher

Grund für die neuen Massnahmen an den Schulen ist, dass die Fallzahlen rapide steigen. Inzwischen sind 39 Klassen im Fernunterricht, 500 Schülerinnen und Schüler in Isolation und 1100 in Quarantäne. Zum Vergleich: Vor einer Woche waren 38 Klassen im Fernunterricht, 440 Kinder in Isolation und 940 in Quarantäne.

«Wir haben im Moment extreme Ausbrüche und müssen subito handeln», sagt Regierungsrat Graf. Die Maskenpflicht sei eine Massnahme, die sich rasch umsetzen lasse. Dass diese nicht bei allen gut ankommt, ist er sich bewusst. «Kinder- und Jugendpsychiater in der kantonalen Taskforce bestätigen aber, dass eine Maskenpflicht weniger schlimm ist, als wenn die Kinder gar nicht mehr zur Schule gehen können.»