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Luzern
Flugshows haben schon immer ein grosses Publikum fasziniert. 1931 endeten waghalsige Akrobatikstücke allerdings in einer Katastrophe. Drei Kinder wurden getötet, als auf der Allmend ein Flugzeug in die Menge stürzte.
«Es gehört zu den schwersten Pflichten des Berichterstatters über einen Anlass zu schreiben, der vorzeitig ein solch grausames Ende fand.» Mit diesen Worten begann die Luzerner Zeitung «Vaterland» am 28. September 1931 ihre Berichterstattung über das gross angekündigte und langersehnte Flugmeeting, das am Tag zuvor in einer Katastrophe geendet hatte.
Drei Tote und dreissig Verletzte hatte an jenem Sonntag ein Flugzeugabsturz auf der Luzerner Allmend gefordert. Die ganze Stadt stand unter Schock. Die Zeitungen überschlugen sich mit dramatischen Schilderungen des Unfallhergangs.
Übereinstimmend berichteten sie, dass das Flugzeug um 15 Uhr gestartet war und der Pilot nach einigen Schleifen über dem Flugfeld zur Vorführung waghalsiger Loopings übergegangen war. «In halsbrecherischen Evolutionen überwälzte sich der Aeroplan, liess seine schimmernden Flächen im Spiel der Sonne glitzern zum masslosen Staunen des Publikums», schrieb das «Luzerner Tagblatt», die Faszination des Publikums anschaulich wiedergebend. Nach einigen Minuten sei dieser «Virtuose der Lüfte» zu einer Fallspirale übergegangen. «Senkrecht der Erde zugeneigt, zielte er – sich in einem fort um die eigene Achse drehend – abwärts», fuhr der Tagblatt-Journalist in seinem Bericht fort. An Gefahr habe zunächst niemand gedacht, man sei sich ja völlig bewusst gewesen, dass hohes Risiko zum Kunstflug gehöre. «Aber die Fallspirale mochte nicht mehr enden!»
Das Flugzeug prallte mit grosser Wucht in den Rand der Menge von mehr als 16 000 Menschen, die dem Flugmeeting beigewohnt hatten. Das Bild, das sich den Zuschauern nach dem ersten Schock bot, war grauenhaft. Unter dem total zertrümmerten Flugzeug lagen in wirrem Durcheinander ohnmächtige und reglose Menschen. Der Pilot hing bewusstlos eingeklemmt in seiner Kabine. Ein vierjähriger Junge wurde bei dem Absturz grauenhaft verstümmelt. Er war sofort tot. Es handelte sich um einen Bub, der «wenige Sekunden vorher mit der ganzen unbeschwerten Freude der sorglosen Jugend die sich seinem Auge bietenden Wunder bestaunt hatte», wie das Arbeiterblatt schrieb. Zwei weitere Knaben im Alter von 12 und 15 Jahren starben ebenfalls noch an der Unfallstelle – dreissig weitere Zuschauer wurden zum Teil schwer verletzt.
Trotz der grossen Trauer mutmassten die Journalisten sogleich über die Ursachen des Unglücks. Während das «Luzerner Tagblatt» einen Leitungsbruch vermutete, war für das Arbeiterblatt klar: Die Verstorbenen wurden zu «Opfern des Schweizerischen Militarismus und nichts anderes». Dies wüssten auch die Herren Offiziere vom Organisationskomitee, die nach dem Unglück ebenso bleich und verantwortungsbewusst herumgestanden hätten, wie selbstbewusst und stolz davon. Der Vorfall habe gezeigt, «wohin uns die militärische Spielerei führt», geisselte die Zeitung.
Dem offiziellen Rapport ist zu entnehmen, dass der Pilot des Sportflugzeuges CH 278 vor dem Flug explizit die Weisung erhielt, Akrobatik und Tiefenflüge unterbleiben zu lassen – woran sich der junge Mann, der erst zwei Jahre zuvor das Akrobatik-Brevet gemacht hatte, verhängnisvollerweise nicht hielt. Der Wagemut war in Grössenwahn umgeschlagen, was den damals 28-Jährigen beinahe das Leben gekostet hätte. Er überlebte den Schädelbasisbruch nur knapp, den er sich beim Absturz zuzog.
Dass er den Tod dreier Menschen verursacht hatte, tat seiner Karriere aber keinen Abbruch. Zwei Jahre nach dem Unfall wurde er zum Hauptmann befördert. Er nahm weiter an Flugveranstaltungen teil und gewann mehrfach Preise. Seine spätere Ehefrau war die dritte Schweizerin, die mit dem Sportfliegerbrevet ausgezeichnet wurde. Zusammen mit ihrem Kind wurden sie zu einem beliebten Sujet der Fotografen und machten ironischerweise ausgerechnet als «Die fliegende Familie» Schlagzeilen. Für die Angehörigen der drei getöteten Kinder muss das ein Schlag ins Gesicht gewesen sein.
Die tragischen Vorkommnisse im Jahr 1931 hatten auch nicht den vom Arbeiterblatt erhofften Effekt, dass Luzern für einige Jahre die «Lust an der Förderung des Flugsports» verging. Die Faszination blieb bestehen. Woche für Woche pilgerten Aviatik-Begeisterte auf die Allmend, wo die Segelflugtruppe Aero-Club an Sonntagen ihre Trainings abhielt.
Da die Flugzone nicht abgesperrt wurde, war das alles andere als ungefährlich. Die Sportflieger nahmen keine Rücksicht auf Spaziergänger auf der Allmend. Immer wieder kam es zudem zu Unfällen. So etwa in den Jahren 1935 und 1938, wie aus Akten hervor geht, die im Stadtarchiv Luzern liegen. Im Jahr 1946 kam es zudem zweimal zu Störungen in der Energieversorgung, weil die Schleppseile der Segelgruppe auf eine Freileitung fielen. Trotz Sicherheitsproblemen und Lärmbeschwerden von Bewohnern der umliegenden Wohnquartiere nutzte das Militär den Flugplatz auf der Luzerner Allmend noch bis ins Jahr 1955.
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