Maria Isenegger geriet an einen depressiven, drogensüchtigen und gewalttätigen Mann. Sie kämpfte für diese Beziehung, musste aber am Ende ihr Leben und das ihrer Tochter retten. Die traumatischen Erlebnisse prägen sie bis heute.
Spenden red. Heute ist unserer Zeitung der Einzahlungsschein für die LZ-Weihnachtsaktion beigelegt.
Eigentlich wusste sie von Anfang an, dass mit ihrem Partner etwas nicht stimmte. Doch er hatte eben zwei Gesichter. Und sie glaubte an das Gute in ihm. Als eine Tochter auf die Welt kam, war das ein Grund mehr, um die Beziehung zu kämpfen. Bis es einfach nicht mehr ging. Dann folgte seine letzte Gewalttat.
Die Frau mir gegenüber wirkt gefasst. Doch was Maria Isenegger (alle Namen der Redaktion bekannt) offen und sachlich erzählt, lässt erahnen, was sie durchgemacht hat. Vor acht Jahren lernte die heute 46-Jährige, die in einem Vorort von Luzern lebt, einen Mann kennen. Am Arbeitsplatz, klassisch halt. Genauer gesagt, an ihrem Arbeitsplatz. Denn er, wie sie bald erfuhr, war nicht berufstätig. War es nie gewesen.
Hans S., zehn Jahre jünger als sie, stammte aus einer wohlhabenden Familie. Doch er litt unter massiven Depressionen und steckte schon damals tief in der Drogenszene. Aber da war diese andere Seite, eine charmante, warmherzige. Maria Isenegger verliebte sich in ihn. «Und er sah in mir wohl einen Rettungsanker, eine Chance, aus seinem bisherigen Leben herauszukommen.»
Es klappte nicht. «Zwar versuchte er, den Eindruck einer normalen Beziehung zu erwecken, weil ihm diese Ehrbarkeit wichtig war. Dennoch blieb er in seinem Kollegenkreis.» Wo sie unerwünscht war. Und wo weiterhin massiv Drogen und Alkohol konsumiert wurden.
Dieses Doppelleben machte nicht nur ihr zu schaffen. Auch er litt unter seiner Zerrissenheit zwischen zwei Welten. Und reagierte mit Gewalt, mit massiven Misshandlungen. «Vielleicht war ich da naiv, weil ich keinen Schlussstrich zog.» Maria Isenegger wurde schwanger. Und eine gewisse Zeit schien die erhoffte Wendung zum Guten möglich. «Er nahm sich zusammen. Aber nicht für lange.»
Erneut wurde er gewalttätig. Und als die Tochter da war, machte er auch vor ihr nicht Halt. Es konnte nicht mehr weitergehen. «Zuerst blieb ich aus Rücksicht auf das Kind mit ihm zusammen. Doch letztlich musste ich mich, um das Kind zu schützen, von ihm trennen.»
Der Albtraum ging da erst richtig los. Er drohte, sie und die Tochter zu töten, die Polizei musste ihn aus der Wohnung entfernen, er tauchte wieder auf, schrie seine Drohungen nachts vor der ganzen Nachbarschaft hinaus. Und dann musste sie Hals über Kopf fliehen. «Hätte ich es nicht getan, würden wir nicht mehr leben.» Sie schaffte es spätabends mit ihrer kleinen Tochter gerade noch in ein nahe gelegenes Fast-Food-Restaurant, wo sie zusammenbrach.
Bis jetzt hat Maria Isenegger sehr gefasst berichtet. Doch nun weint sie unvermittelt. Es scheint sie selber zu überraschen, sie entschuldigt sich sogar. «Ich dachte eigentlich, ich hätte es überwunden.» Doch die traumatischen Erlebnisse wirken weiterhin nach.
Immerhin war die Flucht auch der Schlussstrich. Nach Hause traute sie sich nicht mehr: «Ich war sicher, dass er mir dort auflauerte.» Sie fand Unterschlupf bei ihrer Mutter. Zwei Wochen später kam die Nachricht, dass Hans S. sich mit Tabletten das Leben genommen hatte. «Er hatte früher schon immer wieder damit gedroht, auch Versuche gemacht und es wohl jeweils darauf angelegt, noch rechtzeitig gefunden zu werden.» Diesmal kam die Hilfe zu spät. Falls es nochmals als eine massive Drohgebärde und emotionale Erpressung gemeint gewesen wäre, ging es total schief.
Zwei Tage später erhielt Maria Isenegger einen Brief, den er an seinem Todestag abgeschickt hatte. Er enthielt wüste Beschimpfungen, Drohungen und Schuldzuweisungen. Offenbar hatte er einen ähnlichen Brief auch am Ort seines Todes hinterlassen, diesen bekam sie nie zu Gesicht. Seine Eltern, die ihr und dem Kind schon vorher ablehnend gegenüberstanden, machten sie nicht zuletzt wegen dieses Briefes für den Tod des Sohnes verantwortlich.
Dabei hatte sie lange um die Beziehung gekämpft, vermutlich zu lange. Vielleicht ist dies ein Grund, warum sie ihre Geschichte nun erzählt. «Ich möchte auch andere Menschen, Frauen und Männer ermutigen, sich in solchen Situationen Hilfe zu suchen, früher schon, als ich es gemacht habe. Wir haben in der Schweiz viele solche Angebote, für die ich heute extrem dankbar bin. Man muss so etwas nicht alleine durchstehen.»
Natürlich ist diese Geschichte für Maria Isenegger nicht zu Ende. Sie wird es wohl nie ganz sein. Auch weil ihre heute fünfjährige Tochter immer präzisere Fragen zu ihrem Papa stellen wird. «Heute weiss sie nur, dass er krank war und jetzt im Himmel ist. Irgendwann werde ich ihr auch Fotos zeigen von ihm und ihr. Und ich werde ihr die Wahrheit sagen, nicht in allen Details, aber ich werde ihr auch keine heile Welt vormachen.» Selber hat sie sich mit dem Verstorbenen versöhnt. «Ich denke, der Tod war für ihn eine Erlösung.»
Sie selber steht mitten im Leben und muss weiterhin kämpfen. Es ist ja kein Kindsvater da, der mithilft. Zudem ist sie wegen Rückenproblemen und Arthrose nicht voll arbeitsfähig. Letztes Jahr verlor sie ihren Teilzeitjob im Verkauf, weil sie als Mutter zeitlich zu wenig flexibel war. Seither sucht sie erfolglos etwas Neues. «Ich arbeite gerne, mag es, Leute um mich haben. Und ich möchte finanziell bald wieder auf eigenen Füssen stehen.»
Nun wünscht sie sich ein Notebook für ihre Bewerbungen. Und ein erstes Velo für ihre Tochter. Mit dem schmalen Familienbudget liegt solches nicht drin. Dank der LZ-Weihnachtsaktion könnte der Wunsch trotzdem in Erfüllung gehen.
Alleinerziehend? Da stellt man sich gemeinhin eine Mutter vor, die nicht mehr mit dem Vater ihrer Kinder zusammen ist und von diesem auch keine regelmässige Unterstützung in der Betreuung erhält.
Doch heute finden sich auch immer mehr Väter in dieser Lage. Dies zeigen die Hilfsgesuche der Weihnachtsaktion. Und da es heute immer noch eher eine Ausnahmesituation braucht, damit die Kinder beim Vater leben, steckt oft eine Notlage dahinter. So gibt es nicht nur Männer, sondern auch Frauen, die sich der Verantwortung entziehen, aus der Kinderbetreuung ausklinken oder sich womöglich gar ins Ausland absetzen.
Häufig aber ist die Mutter der Kinder nicht mehr in der Lage, sich an der Familienarbeit zu beteiligen, etwa weil sie schwer erkrankt ist oder beispielsweise unter einer Drogensucht leidet. Solches ist für den Partner eine zusätzliche Belastung. Und manchmal ist es auch der Tod der Mutter, der einen Mann zum Alleinerziehenden macht.
Diese Väter geraten dann oft auch in materielle Not, etwa weil sie neben der Betreuung der Kinder nicht mehr voll arbeiten können. Die LZ-Weihnachtsaktion hilft auch dieses Jahr vielen alleinerziehenden Vätern und Müttern sowie deren Kindern.
Die LZ-Weihnachtsaktion hat allein dieses Jahr schon über 1,67 Millionen Franken gesammelt. Und das Geld hilft sofort. Bereits hat unser ehrenamtlicher Beirat rund 1500 Gesuche für Not leidende Einzelpersonen und Familien bewilligt und rund 1,4 Million Franken ausgerichtet. Und in diesem Tempo geht es weiter, damit jede Ihrer Spenden so rasch wie möglich ihre positive Wirkung entfalten kann.
Damit wir noch mehr Notsituationen lindern können, brauchen wir Ihre Hilfe. Unser Spendenkonto lautet: 60-33377-5. Online spenden können Sie auf . Unser Ziel ist, noch vor den Weihnachtstagen möglichst vielen Menschen zu helfen.