In einem fiktiven Fallbeispiel zeigt Kontakt Uri, wie die Fachstelle für Jugend-, Eltern- und Suchtfragen Jugendlichen unter die Arme greift.
Die Schulsozialarbeiterin einer Urner Schule meldet sich telefonisch bei Kontakt Uri. Paul kommt fast immer zu spät, hat fast nie seine Hausaufgaben gemacht und sein Schulmaterial oft nicht beisammen. Er ist 14-jährig und in der Oberstufe. Im Zeugnis stehen viele negative Einträge im Bereich der Selbst- und Sozialkompetenz. Dies erschwert einen erfolgreichen Schulabschluss und die bald anstehende Lehrstellensuche. Zusätzlich ist er oft ungepflegt und riecht. Die Schule macht sich grosse Sorgen um Paul. Paul hat der Schulsozialarbeiterin erlaubt, mit Kontakt Uri zu sprechen, und ist bereit, zu einem Erstgespräch auf die Fachstelle vorbeizukommen. Paul und die Schulsozialarbeiterin erscheinen gemeinsamen zum ersten Termin.
Im ersten Gespräch erzählt Paul, dass der Vater nicht mehr bei der Familie ist. Die Mutter arbeitet im Pflegebereich und ist unregelmässig zu Hause. Wenn Paul am Morgen aufstehen müsste, ist sie meist schon weg. Wenn der Wecker abgeht, schaltet Paul ihn wieder aus. Wenn er dann endlich auf ist, verbringt er noch lange Zeit am Handy. Die Zeit wird dann so knapp, dass er weder isst, sich wäscht und sein Material auch nicht ordnet. Auf die Frage, wie denn seine Tagesstruktur ausserhalb der Schulzeiten aussieht, erzählt Paul, dass er entweder mit seinen Freunden draussen ist oder dann online seine Zeit verbringt. Die Hausaufgaben macht er nicht gerne. In der Nacht schläft er meistens erst um zwei Uhr und bis dahin «gamet» er. Deshalb ist er auch am Morgen so müde.
Nach dem ersten Gespräch wird vereinbart, dass Paul aktuell einmal wöchentlich ins Kontakt Uri zur Beratung geht. Thematisch geht es darum, seinen Tag zu strukturieren und die Eigenverantwortung zu erhöhen.
Im Verlauf der Beratungen wird schnell klar, dass Paul noch weitere Unterstützung braucht. Der Fachberater im Kontakt Uri schlägt ihm vor, eine sozialpädagogische Familienbegleitung zu installieren, und bietet an, dies auch für sie zu organisieren. Paul macht zwar durch die Beratung Fortschritte und verbessert sich in der Strukturierung seines Tages. Er wünscht sich eine Lehrstelle als Schreiner und möchte dereinst eine eigene Schreinerei betreiben. Um das kurzfristige Ziel des erfolgreichen Schulabschlusses und der Lehrstellenfindung zu erreichen, braucht es jedoch noch engere Begleitung.
Die sozialpädagogische Familienbegleitung geht in die Familien rein und unterstützt und begleitet sie in Alltagsfragen. Bei Paul bedeutet das konkret, dass er morgens und abends Unterstützung erhält, um zu lernen, rechtzeitig, gepflegt und geordnet in die Schule zu gelangen und am Abend seine Hausaufgaben zu machen. Paul ist mit der Idee einverstanden und gibt Kontakt Uri die Erlaubnis, dies auch mit seiner Mutter zu besprechen. Pauls Mutter anerkennt den Nutzen dieser Unterstützung und ist bereit dazu. Der Fachberater von Kontakt Uri organisiert diese Unterstützung nach dem Einverständnis der Familie.
Seitdem Kontakt Uri die sozialpädagogische Familienbegleitung installiert hat und durch die regelmässigen Beratungstermine von Paul auf der Fachstelle, hat sich die Situation verbessert. Paul hat weniger Einträge im Notenheft und die Schule erkennt die positive Entwicklung. Es ist noch ein weiter Weg zu gehen, doch Paul hat es geschafft, eine Lehrstelle im handwerklichen Bereich zu finden und absolviert aktuell eine EBA-Lehre im handwerklichen Bereich. Sein Ziel, eine Lehre als Schreiner zu machen, ist wieder näher gerückt. Nach Abschluss der EBA-Lehre möchte er die EFZ-Lehre anhängen und dann die Ausbildung zum Schreiner starten.
Die erfreuliche Entwicklung bei Paul ist vor allem dank seinem Einsatz, dem Einsatz seiner Mutter und durch die punktuelle Unterstützung von Kontakt Uri gelungen. Die Fachstelle berät Paul in Fragen, die ihn im Alltag vor Herausforderungen stellen und organisiert die zusätzliche Hilfe, wo diese angezeigt ist. (nke)
Kontakt Uri ist die kantonale Fachstelle für Jugend-, Eltern- und Suchtfragen. Nebst der Einzelfallberatung ist sie zudem in der Früherkennung, Frühintervention und Prävention tätig. Die Leistungen der Fachstelle werden über einen Leistungsauftrag mit dem Kanton Uri finanziert und sind für die Urnerinnen und Urner somit kostenlos. Wer die Unterstützung durch Kontakt Uri wünscht, findet detaillierte Infos unter www.kontakt-uri.ch. Beratungen finden im Rahmen der Schweigepflicht statt und Anmeldungen werden unbürokratisch und zeitnah entgegengenommen. Die Unterstützungsangebote von Kontakt Uri sind freiwillig für die Klienten. Ob und wie lange eine Begleitung durch Kontakt Uri stattfindet, entscheidet die Klientel. Der geschilderte Fall ist fiktiv, kommt aber so oder ähnlich in der Praxis vor.